Schwäbische Zeitung (Biberach)

Warten auf Bond

Die Fans werden immer ungeduldig­er und die Kinobetrei­ber pessimisti­scher

- Von Philip Dethlefs

LONDON (dpa) - Fans und Kinobetrei­ber reagierten empört, als der Kinostart des neuen James-Bond-Films „No Time to Die“(Keine Zeit zu sterben) zum vierten Mal verschoben wurde. Kinos sind wegen des Lockdowns geschlosse­n. Ungeduldig­e Fans haben eine kuriose Aktion gestartet, um den Film trotzdem zu sehen. Eine Gruppe namens Team Bond lancierte im Internet eine Crowdfundi­ng-Kampagne. Ihr ambitionie­rtes Ziel: 607 Millionen Pfund (rund 670 Millionen Euro) an Spenden zu generieren, um die Rechte an dem Actionthri­ller mit Daniel Craig zu erwerben und den Film noch vor Weihnachte­n ins Fernsehen zu bringen. „Bond rettet Weihnachte­n“lautet das Motto der Initiatore­n.

Die Summe basiert auf Medienberi­chten. Demnach habe das Studio MGM den Streamingm­arkt sondiert und angeblich 600 Millionen Dollar – nicht Pfund, wie von Team Bond irrtümlich avisiert – für den Film verlangt. Doch dieser Betrag scheint unrealisti­sch, denn der bislang letzte James-Bond-Film „Spectre“aus dem Jahr 2015 spielte weltweit 880 Millionen Dollar (751 Millionen Euro) ein – und lag damit sogar noch unter den Erwartunge­n.

„Der Film steht nicht zum Verkauf“, stellte jetzt auch ein MGMSpreche­r im Magazin „Variety“klar. Schließlic­h habe man den Filmstart verschoben, „um das Filmerlebn­is für ein weltweites Kinopublik­um zu ermögliche­n“. Die Produzente­n Barbara Broccoli und Michael G. Wilson sollen sich ebenfalls klar gegen die Streaming-Variante ausgesproc­hen haben.

Immerhin ein kleiner Hoffnungss­chimmer für die Kinobetrei­ber weltweit. Mit 007 hatten viele die Hoffnung verbunden, dass sich die von der Corona-Krise gebeutelte Branche wieder ein wenig erholt. Die anfänglich­e Empörung darüber, dass „No Time to Die“dann doch nicht wie zwischenze­itlich geplant am 12. November starten sollte, ist mittlerwei­le dem blanken Entsetzen darüber gewichen, dass ihre Filmtheate­r komplett geschlosse­n bleiben müssen. Womit sich die BondProduz­enten in ihrer Entscheidu­ng, den Start erneut zu verlegen, bestätigt sehen.

Broccoli und Wilson werden es sich nicht leicht gemacht haben. Die PR-Kampagne für den 25. JamesBond-Film war gerade zum zweiten Mal angelaufen – mit neuem Trailer, Plakaten, Podcasts und dem Musikvideo von Popstar Billie Eilish, die den Titelsong singt. Dazu die üblichen

Dass die britische Schauspiel­erin Lashana Lynch in „No Time to Die“offenbar als 007 im Einsatz sein wird, hat für Aufsehen gesorgt. Als Geheimagen­tin Nomi wird sie die Dienstnumm­er allerdings nur vorübergeh­end tragen, weil sich James Bond (Daniel Craig) zu Beginn des Films im Ruhestand befindet. Offiziell bestätigt wurde das bisher nicht. Aber in einem Interview mit dem Magazin „Harper’s Bazaar“deutete Lynch an, dass Nomi die Codenummer 007 bekommt. „Ich bin sehr dankbar, dass ich die Erzählung etwas aufmischen darf“, sagte die 32-Jährige, und betonte, sie habe in „No Time to Die“keine klischeeha­fte Figur spielen wollen. „Das wäre gegen alles, wofür ich stehe. Mit dem, was Nomi repräsenti­ert, wollte ich keine Chance verschwend­en. Ich wollte zumindest einen Moment im Drehbuch haben, wo schwarze Zuschauer mit dem Kopf nicken, genervt von der Realität, aber froh darüber, dass ihr wirkliches Leben repräsenti­ert wird.“

Sponsoring-Deals – Unternehme­n wie Nokia, Omega und DHL hatten große Kampagnen mit 007-Bezug lanciert. Doch die Corona-Lage führte schließlic­h zum Umdenken. Und vielleicht trug auch das enttäusche­nde Einspieler­gebnis von Christophe­r Nolans Blockbuste­r „Tenet“im Sommer dazu bei.

„Diese Sache ist einfach größer als

Schon im Sommer 2019 wurde berichtet, dass Lynch in „No Time to Die“zumindest für kurze Zeit als Agentin 007 unterwegs sein könnte. Die „Daily Mail“zitierte damals einen Insider: „Es gibt eine zentrale Szene zu Beginn des Films, in der (Geheimdien­st-Chef) M sagt: ,Kommen Sie rein, 007’, und dann kommt Lashana herein.“Craigs Nachfolger­in soll Lynch nicht werden, schließlic­h kehrt Bond aus dem AgentenRuh­estand zurück.

Dass Bond eines Tages von einer Frau gespielt wird, hat Produzenti­n Barbara Broccoli immer wieder ausgeschlo­ssen.

Lynch hatte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zudem versichert, es werde keine „#MeTooVersi­on“von James Bond geben. „Ich glaube, das gibt es nicht“, sagte die gebürtige Londonerin. „Er kann genau derselbe bleiben. Aber er reagiert zwangsläuf­ig anders, weil die Frauen, mit denen er zu tun hat, ihn geistig und körperlich herausford­ern.“ wir alle“, erklärte Hauptdarst­eller Daniel Craig (52) in der „Tonight Show“von US-Moderator Jimmy Fallon. „Wir wollen, dass die Leute den Film auf die richtige Art und auf sichere Weise sehen können. Auf der ganzen Welt sind gerade Kinos geschlosse­n. Aber wir wollen den Film weltweit zur selben Zeit veröffentl­ichen. Und jetzt ist nicht die richtige Zeit.“

Als längster amtierende­r James Bond hält Craig schon jetzt den Agentenrek­ord. Seit mittlerwei­le 15 Jahren hat der Schauspiel­er, für den es der letzte Einsatz als englischer Spion sein wird, die Rolle inne – und damit länger als seine Vorgänger Sean Connery, Roger Moore und Co. „Ich will jede mögliche Sekunde rausholen“, scherzte Craig, der nun mindestens bis April 2021 James Bond bleibt, bei Fallon.

Dass es bei dem neuen Starttermi­n im Frühjahr bleibt, ist angesichts der Unvorherse­hbarkeit der Corona-Lage nicht sicher. Als der Film erstmals unter dem Arbeitstit­el „Bond 25“angekündig­t wurde, sollte er im Oktober 2019 starten. Dann wechselte der Regisseur, der US-Amerikaner Cary Fukunaga ersetzte den Briten Danny Boyle, und der Start wurde auf Februar 2020 verlegt. Wegen Änderungen am Drehbuch wurde der Termin um zwei weitere Monate korrigiert. Als „No Time to Die“endlich fertig war, brach die Coronaviru­s-Pandemie aus.

„Kommen Sie, Bond! Wo zum Teufel stecken Sie?“, fragt M, der Chef des britischen Geheimdien­stes, im Trailer zu „No Time to Die“und spricht vielen 007-Begeistert­en aus der Seele. Die Hoffnung einiger Fans, den Film noch vor Weihnachte­n bei Streamingd­iensten wie Netflix, Apple+ und Co. zu sehen, wird sich aber aller Voraussich­t nach nicht erfüllen.

Die Zeitung „Telegraph“begrüßte das. „Daniel Craigs Abschied als 007 gehört nicht auf dieselbe Plattform wie ,Emily in Paris’“kommentier­te das Blatt in Anspielung auf die kitschige Netflix-Comedy-Seifenopfe­r. Und vielleicht wartet die Mehrheit der James-Bond-Fans doch lieber darauf, „No Time to Die“wie gewohnt auf der großen Leinwand zu erleben. Team Bond hatte nach einer Woche übrigens auch erst rund 800 Pfund an Spenden gesammelt.

 ?? FOTO: IAN WEST/DPA ?? Im kommenden Bond-Film spielt die Britin Lashana Lynch die coole Agentin Nomi, die 007 Konkurrenz macht.
FOTO: IAN WEST/DPA Im kommenden Bond-Film spielt die Britin Lashana Lynch die coole Agentin Nomi, die 007 Konkurrenz macht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany