Schwäbische Zeitung (Biberach)
Rechtsextremisten auf dem Ulmer Münsterplatz
Polizei soll Pfefferspray eingesetzt haben
ULM (rau) - Ulm ist eine Hochburg von „Querdenkern“und anderen, die sich nicht mit den von der Politik verordneten Anti-Corona-Maßnahmen anfreunden möchten. Ihren Unmut zeigten sie in den vergangenen Tagen bei Kundgebungen in Ulm. Auch Rechtsextreme mischten sich augenscheinlich unter die Protestierenden. Dies geht hervor aus Material, das das Recherchekollektiv „Rechte Umtriebe Ulm“zusammengetragen hat.
Am Samstag und Montag haben in Ulm kurzfristig angekündigte Kundgebungen und eine Laufdemonstration von „Querdenken 731“stattgefunden. „Rechte Umtriebe Ulm“beobachtete die Versammlungen und dokumentiert das Ergebnis auf rechteumtriebeulm.blackblogs.org. Zu sehen sind dort auch Fotos, die die Teilnehmer der Demos zeigen sollen.
Etwa 70 Personen sollen am Samstag auf dem Münsterplatz demonstriert haben. Die Redebeiträge seien kaum verständlich gewesen, da die Tonanlage nicht zu funktionieren schien und nur ein Megafon im Einsatz war. Am Rande der Kundgebung tummelten sich mehrere junge Menschen, die mit einem Transparent („Werde aktiv, Heimat erleben – Heimat bewahren“) auffielen und Flyer verteilten. Mitglieder oder Sympathisanten der Identitären Bewegung Schwaben, so das Recherchekollektiv „Rechte Umtriebe Ulm“. Besonders gut sei das Werbematerial nicht angekommen. Die wenigen verteilten Flyer seien kaum angenommen, teils zerknüllt weggeworfen worden.
Nicht nur das Recherchekollektiv hat die Identitäre Bewegung auf dem Schirm, sondern auch der Verfassungsschutz. Er darf sie nachrichtendienstlich überwachen. Die Positionen
der Gruppe seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, die Gruppe gilt als rechtsextrem.
Auch die Polizei zeigte Präsenz auf dem Münsterplatz. Und auch die Ordner von „Querdenken 731“. Diese sollen die Rechten angesprochen haben; kurze Zeit später hätten die Rechten die Kundgebung verlassen. Das Ganze lief offenbar nicht reibungslos ab. Laut Recherchekollektiv habe jemand versucht, den Sympathisanten der Identitären Bewegung ihr Transparent zu entreißen. Es sei zu einem Tumult gekommen, woraufhin die Polizei Pfefferspray eingesetzt habe. Im Anschluss seien die Personalien der rechten Aktivisten aufgenommen und wohl Platzverweise erteilt worden.
Auch am Montag veranstaltete „Querdenken 731“in Ulm eine Kundgebung. Es hätten ungefähr 80 Personen teilgenommen. Einer der Redner habe sich, so „Rechte Umtriebe Ulm“, besonders mit verschwörungsideologischen Inhalten hervorgetan: Marc Götz. Nach den Beiträgen am Münsterplatz habe sich eine Laufdemonstration in Gang gesetzt. Bei der Schlusskundgebung sei auch Daniel Langhans zu Wort gekommen. Auf den Fotos ist zu sehen, wie ein Mann, bei dem es sich um Langhans handeln soll, ein Schild um den Hals trägt mit der Aufschrift „Willkommen im 4. Reich“.
Das Recherchekollektiv warnt vor „Querdenken 731“. Die Gefahr bestehe darin, dass in Teilen „begründete und nachvollziehbare Kritik“an CoronaMaßnahmen geäußert werde und so Menschen mit ihren Ängsten angesprochen werden sollen. Unterhalb dieser Oberfläche wimmele es aber vor Verschwörungserzählungen, die Nährboden für Radikalisierung seien.