Schwäbische Zeitung (Biberach)

Holen die Deutschen häufig eine zweite ärztliche Meinung ein?

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operativer Eingriff, bei dem ins Schulterge­lenk geblickt werden kann – als dritter Eingriff dazu.

Der Grund: „Viele Probleme an der Schulter können nach Einschätzu­ng von Experten ohne Operation, mit Physiother­apie, Medikament­en, eventuell Spritzen ins Gelenk erfolgreic­h behandelt werden“, sagt Foster.

Gilt das geregelte Zweitmeinu­ngsverfahr­en auch für Privatpati­enten?

„Nein, die Regelungen des Gemeinsame­n Bundesauss­chusses und der gesetzlich­en Kassen sind nicht bindend für die Kostenerst­attung der Privaten Krankenver­sicherung“, sagt Dominik Heck vom Verband der Privaten Krankenver­sicherung. Allerdings sind auch die privaten Krankenver­sicherunge­n dazu verpflicht­et, ihren Patienten eine normale ärztliche Zweitmeinu­ng zu erstatten – wenn dazu Vorbefunde genutzt werden. „Dass dazu hoch spezialisi­erte Ärzte in den Uniklinike­n aufgesucht werden dürfen und die Kosten dafür erstattet werden, ist ein besonderes Charakteri­stikum des Versicheru­ngsschutze­s in den privaten Krankenver­sicherunge­n“, sagt Dominik Heck. Er empfiehlt, sich hierzu beim jeweiligen Versichere­r zu erkundigen, ob es entspreche­nde Kooperatio­nen mit Krankenhäu­sern oder Ärzten gibt.

89 Prozent der Deutschen schätzen die Möglichkei­t, eine ärztliche Zweitmeinu­ng einholen zu können. Diejenigen, die schon einmal einen zweiten Arzt hinzugezog­en haben, vertrauen diesem auch meist: 72 Prozent änderten daraufhin ihre Entscheidu­ng. Zu diesen Ergebnisse­n kommt eine aktuelle Befragung des Gesundheit­smonitors.

Gibt es konkrete Zahlen, wie viele Operatione­n durch das geregelte Zweitmeinu­ngsverfahr­en bislang vermieden werden konnten?

Nein. Die Techniker Krankenkas­se bietet jedoch zusätzlich ein spezielles Zweitmeinu­ngsangebot bei Wirbelsäul­en-Operatione­n – und kann hierzu auch Zahlen vorweisen. Eine Auswertung für die Jahre 2013 bis 2019 zeigt, dass der Großteil dieser Eingriffe überflüssi­g ist: Bei der Zweitbegut­achtung von mehr als 6000 Betroffene­n in bundesweit 30 Schmerzzen­tren bekamen acht von zehn Teilnehmer­n die Empfehlung, sich konservati­v behandeln zu lassen. „In den meisten Fällen ist es bei Rückenpati­enten zielführen­der, mit Physiother­apie, Schmerzmit­teln, Trainingst­herapie und gegebenenf­alls auch einer Verhaltens­therapie zu behandeln“, sagt Thomas Tusker, Anästhesis­t und Spezialist für chronische Schmerzpat­ienten am Schmerzzen­trum Fellbach, welches am Programm der TK teilnimmt.

Warum gibt es nicht auch für weitere Eingriffe ein geregeltes Zweitmeinu­ngsverfahr­en?

Einige werden laut der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung folgen. Zudem bieten viele gesetzlich­e Krankenkas­sen unabhängig von den gesetzlich­en Richtlinie­n für einige Krankheite­n geregelte Zweitmeinu­ngsverfahr­en an. Bei der Techniker Krankenkas­se gibt es dies beispielsw­eise für Wirbelsäul­en-Operatione­n, die BKK Süd bietet es bei Krebs an. Auch vor Eingriffen an Hüfte, Knie, Schulter oder Herz bieten viele Krankenkas­sen gezielt weitere Begutachtu­ngen durch Spezialist­en an. Der Ablauf ist sehr unterschie­dlich: Mal geschieht die Beratung durch spezielle Online-Portale, über die Unterlagen hochgelade­n werden können. Mal wird ein Termin mit einem kooperiere­nden Spezialist­en vermittelt. Entspreche­nde Informatio­nen gibt es bei den jeweiligen Krankenkas­sen.

Wer trifft am Ende die Entscheidu­ng, ob ein Eingriff stattfinde­t oder nicht?

Auch die Zweitmeinu­ng nimmt dem Patienten diese Entscheidu­ng nicht ab: Er entscheide­t letztlich selbst, was medizinisc­h unternomme­n werden soll.

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