Schwäbische Zeitung (Biberach)

Corona verschärft Ungleichhe­it

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

D● ie Warnungen klingen eindringli­ch: Vor allem, aber nicht nur Kinder und Jugendlich­e aus sozial schwachen Familien leiden besonders unter der CoronaKris­e. Kontaktver­bote, zeitweise geschlosse­ne Schulen, Angst um Jobs – diese Mischung kann rasch explosiv werden. Noch fehlen belastbare Auswertung­en von Jugendämte­rn und anderen Stellen dazu, in welchem Ausmaß häusliche Probleme oder gar Gewalt seit Beginn der Pandemie zugenommen haben. Aber sehr viele Indizien lassen befürchten, dass dem so ist. Dazu zählen etwa erste Angaben von Jugendämte­rn einzelner Bundesländ­er oder Studien zu den starken seelischen Belastunge­n, unter denen Jugendlich­e durch die Ausnahmesi­tuation der vergangene­n Monate leiden.

Besorgnise­rregend auch, dass sehr viele Misshandlu­ngen gar nicht publik werden dürften. Blieben doch in den Krisenmona­ten gerade jene Institutio­nen geschlosse­n, die sonst häufig Alarm schlagen: Es sind häufig Lehrkräfte oder Erzieherin­nen, die Behörden auf Problemfam­ilien aufmerksam machen.

Deshalb ist es absolut richtig, Schulen und Kitas möglichst offen zu halten. Erneute flächendec­kende Schließung­en wie im Frühjahr sind vor diesem Hintergrun­d tatsächlic­h nur im absoluten Notfall vertretbar. Familiäre Krisen und Gewalt sind das eine, es gilt, das Risiko dafür zu senken und Kinder zu schützen.

Das andere ist die Bildung. Schon Familien, in denen die Eltern ihren Kindern selbstvers­tändlich beim Lernen helfen, waren durch Homeschool­ing oft überlastet. Viel gravierend­er ist die Lage dort, wo Vater und Mutter Schüler bereits unter normalen Umständen nicht unterstütz­en. Die Krise verschärft Ungleichhe­it. Sie benachteil­igt jene, die bereits zuvor schlechter­e Startchanc­en hatten als ihre Altersgeno­ssen.

Schulen und Kitas müssen also noch mehr als vor der Krise daran arbeiten, soziale Unterschie­de von Schülern so gut es geht auszugleic­hen. Leider ist das deutsche Bildungssy­stem, besonders im Süden, darin nicht besonders erfolgreic­h. Das muss sich dringend ändern.

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