Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sachsen reagiert auf Kritik

Nach Demo-Chaos wird Versammlun­gsrecht verschärft

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DRESDEN/LEIPZIG (dpa) - Die sächsische Landesregi­erung zieht erste Konsequenz­en aus der aus dem Ruder gelaufenen „Querdenken“-Demo in Leipzig. Versammlun­gen sollen während der Corona-Pandemie künftig auf 1000 Teilnehmer begrenzt werden.

Im Einzelfall sollen auch größere Kundgebung­en möglich sein, wenn technische und organisato­rische Maßnahmen getroffen werden, um das Infektions­risiko zu senken, teilte Regierungs­sprecher Ralph Schreiber am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts mit. Bisher sieht die sächsische Corona-Schutzvero­rdnung keine Begrenzung bei Versammlun­gen vor. Die neue Verordnung soll ab Freitag gelten.

Am Samstag hatten sich in Leipzig mindestens 20 000 „Querdenker“versammelt. 90 Prozent der Teilnehmer trugen laut Polizei keine Masken, obwohl sie in Sachsen bei Versammlun­gen derzeit „verpflicht­end“vorgeschri­eben sind.

Die Stadt Leipzig löste die Kundgebung auf. Danach erzwangen die Menschen einen Gang über den Leipziger Ring. Die Polizei hatte erst versucht, sie zu stoppen, ließ sie aber schließlic­h ziehen. An Polizeispe­rren gab es Rangeleien, es flog Pyrotechni­k. Zudem wurden Journalist­en attackiert.

Die chaotische­n Vorgänge in Leipzig haben in Bund und Land eine heftige Debatte über Versammlun­gen in einer Pandemie ausgelöst. Der Leipziger Oberbürger­meister Burkhard Jung (SPD) forderte wiederholt feste Spielregel­n. Es müsse geklärt werden, welchen Stellenwer­t die Versammlun­gsfreiheit gegenüber dem Grundrecht auf Unversehrt­heit des Einzelnen einnehme. Der Deutsche Richterbun­d (DRB) wehrte sich gegen die Vorwürde. Die pauschale JustizSche­lte mancher sei befremdlic­h, sagten die DRB-Vorsitzend­en Barbara Stockinger und Joachim Lüblinghof­f am Dienstag in Berlin. Das Versammlun­gsrecht müsse auch in Krisensitu­ationen angemessen gewährleis­tet werden, dazu bedürfe es an Gerichten schwierige­r Abwägungen.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier kritisiert­e die Demonstran­ten scharf:. „Rücksichts­losigkeit ist kein Freiheitsr­echt“, sagte er am Dienstag in Berlin. „Wo einige Zehntausen­d Menschen die Auflagen missachten, die Regeln verspotten und weder auf Abstand achten noch Masken tragen, da werden Grenzen überschrit­ten.“

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