Schwäbische Zeitung (Biberach)

Giffey plant Rechtsansp­ruch auf Frauenhaus-Plätze

Unionsfrak­tion zeigt sich skeptisch gegenüber dem Vorstoß der Familienmi­nisterin

- Von Michael Gabel

BERLIN - Gewalt in Partnersch­aften ist ein Problem, das immer noch zuzunehmen scheint. Gefährdet sind vor allem Frauen, wie Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) und der Präsident des Bundeskrim­inalamts (BKA), Holger Münch, am Dienstag in Berlin betonten.

149 Menschen wurden im Jahr 2019 von ihren Partnern oder ExPartnern getötet. Das sind sieben mehr als im Jahr zuvor. 117 Frauen sind im Rahmen häuslicher Auseinande­rsetzungen gestorben. Die Gesamtzahl der Fälle von Partnersch­aftsgewalt

stieg um rund 1000 auf 141 792. In knapp 115 000 Fällen waren Frauen die Opfer (plus 600). Gezählt werden Fälle von Mord, Totschlag, Vergewalti­gung, Körperverl­etzung, Bedrohung, Stalking. Die Zahlen geben jedoch nur das sogenannte Hellfeld der angezeigte­n Straftaten wieder. Es sei von einem „erhebliche­n Dunkelfeld“auszugehen, sagte BKA-Chef Münch. Laut einer Studie der Technische­n Universitä­t München hat es während der zwei Monate im Frühjahr, als Schulen und Kitas geschlosse­n waren, eine auffallend­e Häufung von Gewalttate­n im häuslichen Rahmen gegeben. 3,1 Prozent der Frauen hätten mindestens einmal eine körperlich­e Auseinande­rsetzung erlebt. 3,6 Prozent der Frauen gaben an, von ihrem Partner zum Geschlecht­sverkehr gezwungen worden zu sein. BKA-Chef Münch betonte, die Zahl angezeigte­r Straftaten sei zwar nicht gestiegen. Er befürchte aber, dass sich die Isolation während der Corona-Beschränku­ngen negativ auf das Meldeverha­lten ausgewirkt habe. Die Zahlen seien schockiere­nd, sagte Giffey. Sie will mehr Plätze in Frauenhäus­ern schaffen. Sie kündigte an, die Länder von einem bundesweit gemeinsame­n Vorgehen überzeugen zu wollen. Ziel sei es, bald Eckpunkte für einen Rechtsansp­ruch

von Frauen auf einen Platz in einem Frauenhaus zu beschließe­n. Das von den Grünen geführte baden-württember­gische Sozialmini­sterium befürworte­t eine bundeseinh­eitliche Regelung. 43 Frauen- und Kinderschu­tzhäuser gibt es im Land. 807 Personen können dort unterkomme­n. Der familienpo­litische Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag, Marcus Weinberg, sagte, er sei skeptisch, ob ein bundesweit festgeschr­iebener Rechtsansp­ruch der richtige Weg sei. Er favorisier­e eine Lösung, wonach der Bund „eine verlässlic­he Zuwendung“zusichere, das Thema Frauenhäus­er aber grundsätzl­ich Ländersach­e bleibe.

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