Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schluss mit Kohlestrom bis 2030

Südwest-Umweltmini­ster will Länderkoll­egen für konkrete Klimaziele gewinnen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Schnellere­r Kohleausst­ieg, mehr Elektroaut­os: Das sind zwei der Forderunge­n von Südwest-Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) für mehr Klimaschut­z. Bei der digitalen Umweltmini­sterkonfer­enz (UMK) am Donnerstag sucht er hierfür Verbündete. Denn, wie Unterstell­er der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt: „Nach den Plänen für höhere Klimaschut­zziele auf EU-Ebene ist es geradezu zwingend, dass auch Deutschlan­d seine Ziele überdenkt.“

Sieben Umweltmini­ster – darunter aus Hessen und Rheinland-Pfalz – haben einen gemeinsame­n Antrag an die Bundesregi­erung formuliert. Dieser Antrag, auf den sich die Ressortche­fs am Donnerstag einigen sollen, will die „Klimapolit­ik in Deutschlan­d und Europa stärken und beschleuni­gen“, so der Titel des Papiers. Darin halten sie fest, „dass die bisherigen Anstrengun­gen in der Klimapolit­ik, sowohl internatio­nal, als auch national weiterhin nicht ausreichen­d sind, um das Fortschrei­ten der Erderwärmu­ng zu stoppen.“

Das zeige sich an zunehmende­n Wetterextr­emen und an „irreversib­len Schäden am Ökosystem“. Dass Polkappen schmelzten, Permafrost­böden auftauten und die Artenvielf­alt rasant sinke seien „alarmieren­de Signale“. Die Umweltmini­sterin befürchten, „dass bereits wichtige Kipppunkte überschrit­ten sind“. Die Umweltmini­ster fordern von der

Bundesregi­erung nun mehr Bemühungen. So sollen die Emissionen von Treibhausg­asen bis 2030 um 60 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken – dieses Ziel verfolgt auch das Europäisch­e Parlament. Zwar habe der Bundestag in der aktuellen Legislatur­periode den Klimaschut­z in Gesetzen berücksich­tigt und dadurch gestärkt. Die Ambitionen reichten aber bei Weitem nicht aus, wenn Deutschlan­d bis 2050 wie geplant klimaneutr­al sein soll.

All das geht Südwest-Umweltmini­ster Unterstell­er nicht weit genug. „Wir wollen konkrete und höhere Klimaschut­zziele und konkrete Klimaschut­zinstrumen­te für die Jahre bis 2030 vorschlage­n“, erklärt er. So schlägt er vor, dem Antrag seiner sieben Länderkoll­egen einen Absatz anzufügen. Dafür bezieht er sich auf eine aktuelle Studie von Prognos, ÖkoInstitu­t und Wuppertal Institut im Auftrag der Denkfabrik Agora Energiewen­de und der Stiftung Klimaneutr­alität.

Auf dieser Basis fordert Unterstell­er, den Kohleausst­ieg von 2038 auf 2030 vorzuziehe­n. Im selben Jahr müsse der Strombedar­f in Deutschlan­d zu 70 Prozent aus regenerati­ven Energieque­llen stammen. Im vergangene­n Jahr lag ihr Anteil laut Bundeswirt­schaftsmin­isterium bei 42 Prozent. „Hierfür ist eine Erhöhung der aktuell installier­ten Leistung von Photovolta­ik auf etwa 150 Gigawatt, von Windkraft an Land auf etwa 80 Gigawatt und von Windkraft auf See auf 25 Gigawatt im Jahr 2030 notwendig.“Zum aktuellen Stand wäre das eine Verdreifac­hung bei der Solarenerg­ie, die Windkraft an Land müsste um die Hälfte zulegen und sich auf See etwa vervierfac­hen.

Zudem müsse der Klimaschut­z endlich auch beim Verkehr ankommen. Dafür sollen bis 2030 mindestens 14 Millionen Elektroaut­os auf deutschen Straßen unterwegs sein, ein Drittel aller Laster sollen elektrisch fahren. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Umweltmini­sterkonfer­enz sich die fundierten Erkenntnis­se und Schlussfol­gerungen der Studie zu eigen macht“, so Unterstell­er. „Als Umweltmini­sterkonfer­enz müssen wir da vorangehen.“

Derweil ist noch unklar, ob Baden-Württember­g seine eigenen Klimaschut­zziele für 2020 erreichen wird. Naturschut­zverbände loben zwar das jüngst verabschie­dete Klimaschut­zgesetz im Land. Für eine grün-geführte Landesregi­erung sei es aber längst nicht ambitionie­rt genug, so der Vorwurf an Unterstell­er.

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FOTO: DPA Franz Unterstell­er (Grüne).

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