Schwäbische Zeitung (Biberach)

Per Nießbrauch Steuern sparen

Wer frühzeitig handelt, kann selbst größere Vermögen steuerfrei weitergebe­n

- Von Florian Junker

RAVENSBURG - Wer ein Vermögen über viele Jahre aufgebaut hat, will verständli­cherweise nicht, dass der Staat am Ende miterbt. Das muss auch nicht sein, denn wer frühzeitig handelt, kann selbst größere Vermögen steuerfrei weitergebe­n. „Zeit ist bei einer effektiven Nachlasspl­anung eine sehr wichtige Komponente“, sagt Carmen Bandt, zertifizie­rte Finanzplan­erin und Geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin bei der Kidron Vermögensv­erwaltung aus Stuttgart. Viele kennen die Möglichkei­t, die persönlich­en Freibeträg­e, die sich alle zehn Jahre erneuern, für Schenkunge­n zu nutzen. So können zum Beispiel bis zu 400 000 Euro an eigene Kinder übertragen werden aber nur 20 000 an eine nicht verwandte Freundin. Es könnten aber noch ganz andere Summen steuerfrei weitergege­ben werden, durch sogenannte­n „Wertpapier­nießbrauch“.

Erben heranführe­n: Nießbrauch, ● das kennen manche von Immobilien. Wenn etwa ein Eigenheim frühzeitig an die Kinder überschrie­ben wird, aber sich die Eltern ein lebenslang­es Wohnrecht vorbehalte­n. Was selbst mancher Finanzprof­i nicht weiß, Aktien, Fonds und Co. können ebenfalls auf diese Weise übertragen werden, während die Nutzung der Erträge dem ursprüngli­chen Besitzer zugutekomm­t. Das hat mehrere Vorteile: Zum Beispiel kann der oft noch jugendlich­e Beschenkte nicht einfach das Geld für schnelle Autos oder Luxusurlau­be ausgeben, sondern die Verwaltung kann in bewährten Händen verbleiben. Dies könnte auch anders sichergest­ellt werden, aber Nießbrauch­depots haben einen entscheide­nden Pluspunkt: „Durch ihren Einsatz lässt sich die Schenkungs­steuer sehr effektiv reduzieren, wenn das zu übertragen­de Vermögen die Freibeträg­e übersteigt“, erklärt Kidron-Expertin Bandt. Ein Beispiel: Nutzt ein 63 Jahre alter Vater ein Nießbrauch­depot, kann er bis zu einer Million Euro an seine Tochter übertragen, ohne einen Cent

Schenkungs­steuer zahlen zu müssen. Wie funktionie­rt das?

Nießbrauch­wert berechnen: Bei ● der Übertragun­g eines Wertpapier­depots mit einem Nießbrauch­vorbehalt, darf die Tochter beim Finanzamt nicht nur ihren 400 000 Euro Freibetrag für Schenkunge­n geltend machen. Der Gedanke dahinter ist einfach: Wer Zinsen, Dividenden und Co. nicht nutzen kann, dem bringt das geschenkte Vermögen unter dem Strich weniger. Um zu ermitteln wieviel, wird der jährliche Wert des Nießbrauch­s pro Jahr bestimmt und entspreche­nd eines von der statistisc­hen Lebenserwa­rtung abhängigen Multiplika­tors hochgerech­net. Das ergibt in diesem Fall bei angenommen fünf Prozent jährlichem Ertrag 602 800 Euro, darauf muss die Tochter wahrschein­lich bis zum Tod des Vaters verzichten. Da sie diesen Betrag vom übertragen­en Vermögensw­ert abziehen darf, liegt der Rest unter der Freibetrag­sgrenze und es werden Null Euro Steuern fällig.

Rechtzeiti­g Rat einholen: Einen ● gesetzlich­en Haken gibt es allerdings: die Mindestlau­fzeit. Der 63 Jahre alte Vater muss etwa noch mindestens sieben Jahre leben, damit der volle Abzug bestehen bleibt. „Es macht Sinn, das Thema Nießbrauch lieber früher als später mit der Hilfe von Vermögensv­erwalter, Steuerbera­ter und Fachanwalt anzugehen“, rät Stefan Brähler, Geschäftsf­ührer der auf Beratung von Vermögensv­erwaltern spezialisi­erten Confidema GmbH aus Friedrichs­dorf im Taunus. Und Nießbrauch­depots können auch bei kleineren Summen sinnvoll sein, denn außerhalb der engeren Verwandtsc­haft gilt nur ein Freibetrag von 20 000 Euro. Wer zum Beispiel nicht mehr heiraten und seinem Lebenspart­ner trotzdem etwas hinterlass­en will, kann mit diesem Modell eine ordentlich­e Summe steuervort­eilhaft übertragen. Allerdings bieten nur wenige Institute, wie die auf Kunden unabhängig­er Vermögensv­erwalter spezialisi­erte Münchner V-Bank, Nießbrauch­depots überhaupt an. Andere Banken scheuen den zusätzlich­en Verwaltung­saufwand. „Besonders effektiv und kostengüns­tig kann es zudem sein, das Wertpapier­vermögen in eine spezialisi­erte Versicheru­ngspolice einzubring­en, für die der Nießbrauch vereinbart wird“, ergänzt Stefan Brähler, „zum Beispiel sammeln sich nicht entnommene Erträge innerhalb solcher Versicheru­ngen abgeltungs­steuerfrei an und werden im Todesfall ganz ohne Abzug ausgezahlt.“Gerade bei der Nachlasspl­anung kann offensicht­lich frühzeitig­er Rat durch Experten helfen, die Steuerlast stark zu verringern oder sogar ganz zu vermeiden. Es gilt die Devise „besser früher als später handeln“.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Dass Immobilien beipielswe­ise an Kinder übertragen werden können ohne enorme steuerlich­e Belastung ist vielen bekannt. Dass das auch bei Aktien und Fonds funktionie­rt, wissen oft nicht mal Finanzprof­is.

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