Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kino im Schatten der Pandemie
Zwei deutsche Filme und Schauspielerinnen für Europäischen Filmpreis nominiert
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BONN (KNA) - Europa feiert sein Kino auch 2020 mit der Verleihung der European Film Awards. Aber es wird eine andere Feier werden als in all den Jahren davor, weil im Corona-Jahr 2020 nichts normal ist, erst recht nicht für die Kinobranche, die derzeit in vielen Ländern unter neuerlichen Lockdowns leidet.
Wie so viele andere Großveranstaltungen weicht auch die 33. Verleihung der Europäischen Filmpreise ins Internet aus: Statt einer Gala soll es eine Reihe von virtuellen Events geben, die unter dem Titel „EFAs at Eight“Nominierte und Gewinner der diesjährigen Trophäen hochleben lassen; Auftakt dazu ist am 8. Dezember um 20 Uhr; die Verleihungen werden auf der Webseite der Akademie gestreamt.
Welche Filme und Filmemacher dafür in den verschiedenen Kategorien infrage kommen, hat die Europäische Filmakademie am Dienstag per Livestream aus Sevilla mit der Verkündung der Nominierungen bekannt gegeben.
Es ist ein Jahrgang, der im Schatten der Pandemie steht: Weil den Filmen dieses Jahr nur eingeschränkt auf Festivals der rote Teppich ausgerollt werden konnte und weil Kino-Auswertungen durch Lockdowns, verschobene Starts und beschränkte Zuschauerzahlen gestört wurden, haben viele der Produktionen bisher weniger Aufmerksamkeit bekommen, als das wohl in anderen Jahren der Fall gewesen wäre – und als sie qualitativ verdienen.
Auch zwei deutsche Produktionen konkurrieren um den Preis als bester Film: Einmal der deutsche Regisseur Burhan Qurbani und seine Neuverfilmung von Alfred Döblins Roman „Berlin, Alexanderplatz“, die auch schon bei der Verleihung der Deutschen Filmpreise mehrfach ausgezeichnet worden war: Der Film geht um den Preis fürs beste Drehbuch ins Rennen und in der „Königskategorie“als bester europäischer Film des Jahres.
In diese hat es 2020 sogar noch ein zweiter deutscher Film geschafft: Christian Petzolds „Undine“, der schwerelos zwischen Berliner Realität, Liebesdrama und Sagenstoff schwebt. Die Konkurrenz ist allerdings stark: Zu den Anwärtern auf die Auszeichnung als bester Film des Jahres gehört etwa das polnische Drama „Corpus Christi“um einen Hochstapler, der sich als katholischer Priester ausgibt und sich unerwartet als wahrer Seelenhirt entpuppt.
Der Film brachte auch seinem Regisseur, dem polnischen Newcomer Jan Komasa, eine Nominierung ein; er muss dabei unter anderem gegen Arthouse-Schwergewichte wie seine Landsfrau Agnieszka Holland, den Franzosen Francois Ozon und den Dänen Thomas Vinterberg antreten. Letzterem ist mit dem bitteren Alkohol-Drama „Druk“(„Der Rausch“) der Film gelungen, der neben „Corpus Christi“mit bisher vier Nominierungen als Favorit ins Rennen um die Europäischen Filmpreise geht.
„Druk“-Hauptdarsteller Mads Mikkelsen wiederum muss sich in der Kategorie „Bester Darsteller“gegen einen veritablen Hollywoodstar behaupten: Unter die Nominierten ist auch „Herr der Ringe“Star Viggo Mortensen für „Falling“.
Unter den Anwärterinnen auf den Darstellerinnen-Preis sind wiederum zwei Deutsche: Paula Beer hat mit „Undine“, Nina Hoss für ihren Part in „Schwesterlein“Aussicht auf einen Europäischen Filmpreis.