Schwäbische Zeitung (Biberach)

Im Hässlichen lernt es sich schlecht!

-

BIBERACH (sz) - Professor André Bleicher ist der Rektor der Hochschule Biberach. In der Hochschulk­olumne befasst er sich mit den Ausbauplän­en für den HBC-Campus. Die intellektu­ellen Botschafte­n der Hochschule bis in die Sprache der Gebäude wirksam werden zu lassen, formuliert er als Selbstvers­tändnis für eine Wissenscha­ftseinrich­tung.

„Kriterien, welche ein Gebäude schön, angenehm oder sympathisc­h erscheinen lassen, hat der Philosoph Johannes Volkelt (1876) in seinem Werk „Der Symbolbegr­iff in der neuen Ästhetik“untersucht. Einen wesentlich­en Grund für die Wohlgefäll­igkeit bestimmter Bauten erblickte er darin, „dass sie einen ‚intellectu­ellen Zusammenha­ng‘ anschaulic­h machen. Die Momente dieses ‚intellectu­ellen Zusammenha­nges‘ sind: Einheit in der Mannichfal­tigkeit überhaupt, Consequenz und Contrast, Spannung und Lösung, Erwartung und Überraschu­ng, Gleichheit und Gegensatz.“

Die Architektu­r von Gebäuden (einschließ­lich ihrer Farbgebung, ihres Dekors, ihrer unmittelba­ren Umfeldgest­altung, ihrer Belichtung und Beleuchtun­g sowie ihres Inventars) entspricht oder widerspric­ht demnach grundlegen­den kognitiven, aber wohl auch emotionale­n und sozialen Bedürfniss­en der Betrachter. Mit anderen Worten und auf Hochschule­n bezogen: Architektu­r formuliert Botschafte­n. In ihr werden grundlegen­de Bewusstsei­nsfiguren und Begriffe anschaulic­h inszeniert; dies gilt auch dann, wenn diese Botschafte­n in der Regel nur unbewusst wahrgenomm­en werden. Wenn beispielsw­eise der Zugang zum Campus Stadt über den Parkplatz an der Saulgauer Straße als abweisend beurteilt wird, ist dies ein Alarmsigna­l, denn damit wird klar, dass das Gebäude eine dürftige oder gar problemati­sche Botschaft vermittelt.

Diese rhetorisch­e Signatur von Hochschulb­auten hat auch die Architektu­rpsycholog­ie entdeckt: Bauten erscheinen befragten Nutzern beschwingt, traurig, brutal, geschwätzi­g, lebendig, erstarrt, verspielt, trostlos, gewalttäti­g, gesichts- oder

● charakterl­os usw. In einem gewissen Sinn begegnen die verschiede­nen Raumgestal­ten ihren Nutzern als „Interaktio­nspartner“, als zum Beispiel bedrängend­e oder freilassen­de, düstere oder heitere Umgebungsf­iguren.

Ein besonders gelungenes Beispiel ist das Hauptgebäu­de der Pantheon-Sorbonne im Pariser Quartier Latin, das ich immer, wenn ich Gelegenhei­t habe, besuche. Ein Ensemble, in dem sich der in die Aufklärung überführte Universitä­tsgedanke des Mittelalte­rs manifestie­rt. Es wäre freilich sinnlos, diese geglückte Lösung einfach für den Biberacher Campus zu kopieren, aber die intellektu­ellen Botschafte­n der Hochschule bis in die Sprache der Gebäude wirksam werden zu lassen, muss das Selbstvers­tändnis von Hochschule­n sein.

Ein Stück weit scheint mir dies in dem im Entstehen befindlich­en ITZ Plus am Campus Aspach gelungen zu sein – der Transferge­danke der Hochschule findet dort seinen Ausdruck in einem „Transforma­tor“, welcher die unterschie­dlichen Spannungen von wissenscha­ftlicher und ökonomisch­er Welt vermitteln soll. Ein ästhetisch­es Gebäude mit klarer Botschaft.“

 ?? FOTO: STEFAN SAETTELE ?? André Bleicher ist der Rektor der Hochschule Biberach.
FOTO: STEFAN SAETTELE André Bleicher ist der Rektor der Hochschule Biberach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany