Schwäbische Zeitung (Biberach)
Flugblätter gegen Laborerweiterung
Ochsenhauser Ratsfraktion der Freien Wähler antwortet darauf mit dieser Aktion
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OCHSENHAUSEN - Wer im Stadtgebiet von Ochsenhausen wohnt, dürfte am Wochenende ein Flugblatt in seinem Briefkasten gefunden haben. Das Flugblatt bezieht sich auf den Bebauungsplan „Untere Wiesen III“. Dabei geht es um eine etwa 4,5 Hektar große Fläche am nördlichen Stadtrand von Ochsenhausen. Für dieses Gebiet hat der Ochsenhauser Gemeinderat in einer Sitzung Anfang Mai einen eigenen Bebauungsplan aufgestellt (SZ berichtete). Er ist zum überwiegenden Teil auf die Erweiterungspläne des Labors Dr. Merk zugeschnitten, das neuartige Krebsmedikamente entwickelt.
Das Flugblatt bezieht gegen diesen Bebauungsplan Stellung. Es wird gefordert, dass das Vorhaben „an geeigneterer Stelle“realisiert und die „Zerstörung von Natur und Umwelt“vermieden wird. Unter der Überschrift „Das sind die Fakten“werden fünf Punkte aufgezählt. So zum einen, dass in dem Gebiet „ein groß dimensionierter Industriekomplex“entstehen soll. Es wird darauf hingewiesen, dass bezüglich Naturschutz und historischem Stadtbild Behörden Bedenken angemeldet hätten. Weitere Punkte sind das „wertvolle Anmoorgebiet“, das durch eine Bebauung „unwiederbringlich zerstört“würde und dass die Wohnqualität von vielen Anwohnern durch die Erweiterung „massiv beeinträchtigt“und deren Immobilien im Wert gemindert würden. Als letzter Punkt wird das Abwassernetz und die Kläranlage genannt, die bereits heute „am Limit“seien. Es wird zudem auf eine extra erstellte Internetseite verwiesen, auf der weitere detaillierte Informationen zum Bebauungsplan, zum Naturschutz, zum Gebiet „Untere Wiesen“und zu den Alternativen zu finden sind.
Unter der Rubrik „Wer sind wir?“heißt es: „Wir sind ein loser Zusammenschluss von Bürgern und ehemaligen Bürgern Ochsenhausens, denen eine tragfähige, lebenswerte Entwicklung Ochsenhausens am Herzen liegt.“Als verantwortliche Person im Sinne des Presserechts ist Armin Vieweger aufgeführt.
Wie Vieweger im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erläuterte, sei die Motivation für das Flugblatt gewesen, die Bürger aufzuklären. „Es gab keine Information für die Bürger, keine Gespräche, auch nicht im Sommer, als es hinsichtlich der Corona-Lage noch besser möglich gewesen wäre“, sagte er. Vieweger ist Mitglied der Ochsenhauser Gemeinderatsfraktion Pro-Ox. Doch der Gemeinderat wollte die Aktion unabhängig von Pro-Ox verstanden wissen. Eine genaue Zahl, wie viele Mitstreiter aktiv die Initiative unterstützen, gab er nicht an. „Es sind zahlreiche Bürger“, sagte er. In seinen Augen sind die Hauptargumente gegen den Bebauungsplan der Umwelt- und Naturschutz sowie der Denkmalschutz. „Es liegt mir am Herzen, dass wir der nachfolgenden
Generation eine intakte Umwelt übergeben“, sagte Vieweger. Anstatt in „Untere Wiesen“solle das Labor im Gewerbegebiet Längenmoos erweitern, so Vieweger.
In Reaktion auf das Flugblatt organisierte die Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler am Montag einen Pressetermin, der nach Absprache mit dem Ochsenhauser Rathaus mit sechs Gemeinderäten vor Ort stattfand. „Es wird Stimmung gemacht“, begründete Peter Schoch das Treffen. „Uns ist wichtig, dass die Öffentlichkeit von unserem Standpunkt erfährt.“„Wir sehen durchaus die mit der großvolumigen Bebauung verbundenen Belastungen für den Naturhaushalt und besonders für die Anlieger“, sagte Fraktionsvorsitzender Hans Holland. „Die Initiative ist nicht aus der Luft gegriffen.“Doch er und seine Fraktionskollegen stünden mit vielen Beteiligten in intensivem Austausch, um tragfähige Kompromisse zu erreichen. Holland betonte die Entwicklungschancen, die mit der Erweiterung verbunden seien: die Entstehung attraktiver Arbeitsplätze und das zu erwartende Unternehmenswachstum als kräftigen Schub für die Stadt als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Was den Naturschutz betreffe, so müsse man die Fachleute heranziehen. „Wir wollen auch Natur, aber dazu braucht man Fachverstand. Die Fachleute sagen, dass von dem Moor fast nichts mehr übrig ist. Die Fläche ist kein ökologisch wertvolles Gebiet mehr“, sagte Holland.
Alle versammelten Räte äußerten Verständnis dafür, dass das Labor wegen der dann nötigen Neu-Zulassung des Standorts im Gewerbegebiet Längenmoos keine Alternative sieht. Jürgen Lutz betonte, dass er und seine Kollegen gewählt worden seien, um Ochsenhauser Anliegen zu vertreten. „Wir sehen das als Maßnahme für Gesamt-Ochsenhausen.“Holland wies auf die geänderten Pläne hin, die in der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 17. November, vorgestellt würden. „Es wird wesentlich lockerer und verträglicher.“