Schwäbische Zeitung (Biberach)
Warth schließt eines seiner Geschäfte
Weshalb der Biberacher Modehändler so entschied und was das für die Mitarbeiter heißt
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BIBERACH - Zum Ende des Jahres schließt der „Keller-Warth Trendstore“in der Bürgerturmstraße in Biberach. „Am Mittwoch haben wir mit dem Räumungsverkauf begonnen“, sagt Inhaber Günter Warth. Mehr als 13 Jahre gab es die Filiale zwischen Marktplatz und Ulmer Tor: „Die Entscheidung über das Aus ist schmerzlich für uns.“Damit wächst die Liste an Geschäften, die im Jahr der Corona-Pandemie aus der Innenstadt verschwinden, um ein weiteres.
Neuanfang und Ende liegen oft nah beieinander. In der Bürgerturmstraße sind es derzeit nur wenige Schritte. Der Ulmer Unternehmer Hendrik Mächler hat Anfang November mit „Gutes von hier“seine zweite Filiale eröffnet. Schräg gegenüber, im Schaufenster von „KellerWarth Trendstore“, informieren runde Werbeaufkleber über den aktuell laufenden Räumungsverkauf. Für diesen Innenstadtbereich, der durch den Umzug von Osiander an den Holzmarkt seit Längerem leidet, sind das keine gute Nachrichten.
Seit zwei Jahren gebe es im Geschäft in der Bürgerturmstraße einen „deutlichen Rückgang der Frequenz“, erläutert Günter Warth. Eine wirkliche Trendwende erwartet er für die kommenden Jahre nicht. Einmal abgesehen vom Engagement der Jugendkunstschule, stehe die ehemalige Osiander-Fläche immer noch leer und die Baderhaus-Baustelle dauere an, so der Modehändler. Die anderen Geschäfte sorgten zwar für ein attraktives Umfeld, allerdings könne er persönlich keine Aussicht auf Besserung erkennen.
Erschwerend kommt die Ungewissheit hinzu. Wie geht es in den nächsten Monaten mit den CoronaBeschränkungen weiter? Kommen vielleicht sogar noch schärfere? Schon jetzt, durch die Schließung der Gastronomie und die politischen
Aufforderungen daheim zu bleiben, sei der Einzelhandel schwer getroffen, sagt Warth. „Trotz eines vorzüglichen Mietverhältnisses haben wir uns daher entschieden, den Mietvertrag nicht zu verlängern.“Ansonsten hätte er sich für mindestens fünf weitere Jahre verpflichten müssen: „Corona hat uns die Entscheidung letztlich abgenommen.“
Was bedeutet die Schließung für die 15 anderen Filialen in Biberach, Laupheim, Riedlingen, Ravensburg und am Oberjoch? „Hier bleibt alles wie bisher“, sagt Günter Warth. Das dreiköpfige Biberacher „TrendstoreTeam“komme in anderen Filialen in der Stadt unter. Das Sortiment soll in die Filiale am Kesselplatz integriert werden. „Wir machen aus zwei Geschäften eins“, sagt der Modehändler, der heuer schon einmal über die
Zukunft eines Standorts zu entscheiden hatte. Bereits im Sommer gab er die Laupheimer Filiale für Herrenbekleidung „Warth men“auf.
Das Ende der Warth-Filiale in der Bürgerturmstraße ist kein Einzelfall in Biberach. Das Schuhhaus Geiwitz am Marktplatz, Terra Moden, der Bastelladen Creative Welt & Pracht (beide Viehmarktstraße) und das Damenbekleidungsgeschäft Bonita (Hindenburgstraße) schließen ebenfalls für immer ihre Türen (SZ berichtete). Die Entscheidungen hängen zwar nicht direkt mit der CoronaKrise zusammen, zeigen aber, wie schnell mehrere Leerstände in der Innenstadt drohen können. Zwei Hoffnungsschimmer gab es zuletzt mit der Eröffnung des Hofladens „Bauerngärtle Münch“und „Gutes von hier“(beide Bürgerturmstraße).
Auch die „Obstliebe“, ein Obst- und Gemüseladen in der Hindenburgstraße, fand mit dem „WolfentalStadtlädele“einen Nachfolger.
Knapp 60 Prozent der deutschen Innenstadthändler sehen sich durch die Corona-Krise in Existenznöten. Das geht aus einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) hervor. Sinkende Umsätze und geringe Kundenzahlen brächten immer mehr Händler in finanzielle Schieflage. „Das ist das bestehende Szenario“, sagt Günter Warth. Viele kämpften derzeit ums wirtschaftliche Überleben: „Für uns sind die Entwicklungen nicht existenzbedrohend, aber sollte es in den kommenden Monaten so weitergehen, kann sich das ändern.“Das Horrorszenario für viele wäre ein katastrophales Weihnachtsgeschäft in den kommenden Wochen.