Schwäbische Zeitung (Biberach)
Rat billigt neuen Entwurf
So sehen die geänderten Planungen für „Untere Wiesen III“in Ochsenhausen aus
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OCHSENHAUSEN - Der Ochsenhauser Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung am Dienstagabend einstimmig den Entwurf des Bebauungsplans „Untere Wiesen III“gebilligt. Damit geht das Verfahren nun offiziell einen Schritt weiter. Denn gleichzeitig wurde die Verwaltung damit beauftragt, die Öffentlichkeitsund Behördenbeteiligung einzuleiten. Der Bebauungsplan ist seit seiner Aufstellung Anfang Mai in Ochsenhausen sehr umstritten. Wie bereits berichtet, geht es um eine Fläche am nördlichen Stadtrand von Ochsenhausen, die im neuesten Entwurf etwa 5,56 Hektar umfasst. Der Bebauungsplan ist auf die Erweiterungspläne des dort seit Längerem ansässigen Labors Dr. Merk zugeschnitten, eines Biotech-Unternehmens, das neuartige Krebsmedikamente entwickelt.
Viele Zuhörer sind an diesem Abend in die Kapfhalle gekommen, in der die Sitzung stattfindet, wegen der Corona-Pandemie ist die Zahl der Zuhörer auf 28 begrenzt. Vor dem Eingang zur Halle stehen Gegner des Bebauungsplans, die mit großen Plakaten ihre Haltung deutlich machen. Eben auf diese Bedenken aus der Bürgerschaft und vor allem vonseiten der Anwohner sei das Labor Dr. Merk eingegangen und habe sie bei der Weiterentwicklung des Plans berücksichtigt, sagt Bürgermeister Andreas Denzel zu Beginn der Beratung.
Wie Stadtplaner Rainer Waßmann erläutert, hat sich seit dem ersten Entwurf einiges verändert. „Der Geltungsbereich wurde nach Osten ausgeweitet“, sagt er. Auf der östlichen Seite der Rottum sind etwa 8200 Quadratmeter dazugekommen. Es handelt sich dabei um einen Lagerplatz der Firma Gräser. Durch den zusätzlichen Platz ändert sich auch die Erschließung des Geländes. Die Zufahrt soll nun vor allem von Norden und über den Lagerplatz der Firma Gräser erfolgen. Dazu wird ein bestehender Weg ausgebaut und eine neue Brücke über die Rottum errichtet. Weitere Änderungen betreffen die Gebäudehöhe. Im ersten Entwurf sollten noch Gebäude mit maximal 25 Meter Höhe zugelassen werden. „Statt 25 Meter sind es jetzt 20 Meter Höhe“, sagt Waßmann. Es sei nun auch wesentlich mehr Grünfläche eingeplant. Zudem sei der Abstand zwischen den Gebäuden des Labors und dem Wohngebiet Burghalde II vergrößert worden und zwar um zehn bis 25 Meter. Eine Änderung ergibt sich noch aktuell in der Sitzung.
„Frau Dr. Ingrid Rapp vom Labor kam auf mich zu und meinte, dass die Grundflächenzahl von 0,8 auf 0,7 reduziert werden kann. Das heißt, statt 80 Prozent der Fläche darf dann maximal 70 Prozent bebaut werden“, sagt Waßmann.
Nach dem Stadtplaner folgen die Erläuterungen von Regina Zeeb vom Fachbüro Zeeb und Partner, das von der Stadt mit Untersuchungen hinsichtlich des Naturschutzes beauftragt worden war. Zeeb widmet sich zunächst dem Untergrund. Wie sie ausführt, sind in Karten der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) im und angrenzend zum zukünftigen Baugebiet verschiedene Arten von Mooren eingezeichnet: ein Anmoor und ein Niedermoor. „Bei mehreren Bohrungen im Boden ist nur an einer Stelle wirklich Torf gefunden worden und zwar ganz im Norden des Gebiets“, sagt Zeeb. An den anderen Stellen seien „gestörte Torfreste“gefunden worden – oder gar kein Torf. „Es gibt keinen geschlossenen Moorkörper, der schützenswert wäre und den man durch die Bebauung zerstören würde“, stellt Zeeb fest.
Mit mehreren Karten stellt sie den Räten und Zuhörern auch die Ergebnisse der Klimauntersuchung vor. „Frisch- und Kaltluft folgt dem Gefälle“, sagt sie. Diese Hangwinde kommen in Ochsenhausen von Süden und würden bereits durch die Siedlung abgeschirmt, sodass das Gebiet „Untere Wiesen“im Lee dieser Winde liege. „Eine Bebauung an dieser Stelle hat keine Auswirkung auf das Klima in der Stadt.“Zudem sollen 60 Prozent der Dachflächen des Labors begrünt werden, was nicht nur dem Mikroklima
zugute komme, sondern auch dem Artenschutz.
Auch auf diesen geht Zeeb ausführlich ein. 19 Brutvogelarten seien in dem Gebiet beobachtet worden, fünf Fledermausarten und fünf Arten von Amphibien, zudem Zauneidechsen, Siebenschläfer und Steinmarder, erläutert Zeeb. Ein Teil der Arten steht auf der Roten Liste, darunter die Gelbbauchunke. „Die Gelbbauchunke wird vor Baubeginn in einen neuen Lebensraum umgesiedelt“, sagt Zeeb. Dieser wird im Norden des Gebiets angelegt. Daneben bekommen die Zauneidechsen, die ebenfalls umgezogen werden, einen neuen Platz. Die neuen Lebensräume für die Tiere würden mit anderen Biotopen verbunden, sagt Zeeb.
Dass die neuen Entwürfe deutlich mehr Grünflächen beinhalten würden, darauf weist auch Ingrid Rapp hin, Geschäftsführerin des Labors Dr. Merk. Wie sie schildert, reagierte das Labor auf die Einwände der Anwohner und versuchte auf die Belange des Naturschutzes einzugehen. Ergebnis der Weiterentwicklung der Planung sei eine „neue, aufgelockerte und niedrigere Bebauung, die Naturschutzaspekte und Klimaeinflüsse berücksichtigt“, so Rapp. Wie auf den Entwürfen zu sehen ist, sind die Gebäude treppenartig gestaffelt. Rapp geht von zwei Bauabschnitten aus. Sie betont immer wieder, dass noch nichts endgültig sei, da die Planung von solchen BiotechnologieAnlagen sehr komplex sei. „So eine Planung schüttelt man nicht aus dem Ärmel“, meint Rapp.
Durch die Begrünung auf dem Areal und darum herum werde es für die Anwohner ein eher grüner Anblick
sein, sagt sie. Die Parkplätze sollen östlich von der Rottum gebaut werden, also vom Wohngebiet abgewandt. „Uns ist wichtig, dass die Gebäude miteinander verbunden sind, miteinander kommunizieren“, sagt sie. Daher werden alle Gebäude auf den tiefsten Punkt des Geländes angepasst und ein Stück weit „eingegraben“. Das hat für die Anwohner Vorteile. „Es ist nicht so, dass die Anwohner eine Wand von 20 Meter Höhe vor der Nase haben werden.“Dadurch, dass die Wohnsiedlung höher als das Labor liege, falle der Unterschied zusätzlich kleiner aus. Rapp spricht von acht Metern, die Anwohner in der ersten Reihe sehen würden. „In der zweiten Reihe sind es 1,70 Meter.“
Rapp hebt hervor, dass mit der Erweiterung des Labors nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gesichert, sondern auch die Region als Standort für Biotechnologie und Pharma gestärkt würde. „Mehr als 200 hoch qualifizierte Arbeitsplätze werden geschaffen“, sagt sie. Und sie bringt in Erinnerung, was Ziel des Labors ist: „Wir wollen Krebspatienten helfen und ihnen neue wirksame Medikamente zur Verfügung stellen.“
Mit den präsentierten Entwürfen und Erklärungen zum Naturschutz zeigen sich die Räte zufrieden. „Wir bekommen ein schönes Gewerbe auf dem Silbertablett serviert“, sagt Thomas Wölfle (Freie Wähler). „Eine Demokratie lebt von einer faktenbasierten Diskussion“, betont Alexander Weiß (CDU). Dass eine sachliche Betrachtung die emotional geführte Diskussion entspannen wird, hofft Renate Schlegel (CDU).