Schwäbische Zeitung (Biberach)
Überwachungsorgane stärker beleuchten
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Zuerst: Wenn es Missstände gibt, dann müssen sie beseitigt werden – keine Frage. Allerdings sollte man mit Vorverurteilungen dann doch vorsichtig sein. Wenig hilfreich und auch wenig zielführend ist es – wie es die „Soko Tierschutz“macht – mit einem YouTube-Video und zusammengeschnittenen Szenen samt dramatischer Unterlegmusik und eingeblendeten Kommentaren Stimmung gegen den Familienbetrieb zu machen.
Man sollte eher mal die Rolle der Überwachungsorgane, ob nun amtlicher Veterinär oder Landratsamt und Regierungsbehörde, stärker beleuchten. Denn Bolzenschuss- und Betäubungsgerät, alt oder nicht alt – ich gehe davon aus, dass das von den Überwachungsinstitutionen offenbar akzeptiert und oder toleriert wurde, genauso das nicht vorhandene Bolzenschussersatzgerät.
Dass die „Soko Tierschutz“dramatisiert, ist ihr gutes Recht, aber kontraproduktiv, genauso wie eine geforderte Schließung des Schlachthofs. Der Schlachthof im Familienbetrieb vor Ort ist leichter zu kontrollieren und zu regeln als ein Großschlachthof in Ulm.
Wenn die Kontrolle versagt, sollte man vielleicht dann doch auch die Kontrollinstanzen mehr infrage stellen, und Journalisten, die sich wie der MDR-Mann aufführen und im Artikel beschrieben, sind der Berufsbezeichnung unwürdig. Eine Schließung des Betriebs dürfte eher eine Verschlechterung der Tierwohlsituation ergeben, denn das stärkt letztlich nur Großschlachtereien.
Im Übrigen wäre es nicht uncool gewesen, wenn Herr Mülln (Soko) direkt mit dem Schlachthofbetreiber Kontakt aufgenommen hätte (anzeigen kann man immer noch) – das wäre vielleicht mal eine neue Strategie zugunsten der Tiere und nicht nur zugunsten öffentlichem Pranger.
Uli Stöckle, Biberach