Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Alben sind demnach auch im Lockdown entstanden?

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Ja, unter sehr erschwerte­n Bedingunge­n. Das Video zu einem Lied haben wir mit dem Handy auf dem Acker gedreht, dafür haben wir extra einen Flügel dorthin getragen. Auch, dass die Landesgren­zen teils geschlosse­n waren, hat die Aufnahmen nicht einfacher gemacht. Ein Produzent lebt in Dänemark. Mega-schwierig. Hotels hatten zu, es war einfach schwierig. Deshalb auch der Titel „Wilde Zeiten“. Normalerwe­ise nehmen wir ein Album in einem Rutsch auf. Aber man wusste ja nie, wo was möglich ist und wir haben uns eben nicht auf einen Ort verlassen. Wir hatten mehrere Stationen gewählt, um einen Ersatz zu haben, falls eine andere ausfällt.

Die übliche Tour zum Album muss auch noch warten, oder?

Bei „Wilde Zeiten“, das im Sommer erschienen ist, hatten wir wenigstens eine Rundfunkre­ise, bei „Wilde Zeiten 2.0“, das am Freitag, 6. November, erschienen ist, konnten wir gar nichts machen. Wir hätten ein supergeile­s Unplugged-Konzert mit Band gehabt, der SWR hätte es live übertragen, aber das ging ja nicht. Also haben wir im Wohnzimmer eine Bühne aufgebaut.

Sie haben sich am 21. Oktober in einem Video an ihre Fans gewendet und erzählt, dass Sie positiv auf Corona getestet wurden.

Ja, ich wollte das eigentlich nicht, aber so etwas spricht sich auf dem Land schnell herum, und es ging auch durchs Netz. Ich wollte, dass es unsere Fans von uns erfahren. Ich hatte mich am 19. Oktober testen lassen, eigentlich eher um auf Nummer sicher zu gehen. Am 21. Oktober hätten wir einen Termin bei unserer Plattenfir­ma gehabt. Vor der Veröffentl­ichung von „Wilde Zeiten 2.0“am 6. November hatten wir einige Konzerte geplant. An dem Tag, als ich dann das Testergebn­is bekam, war ich auch schon morgens um fünf Uhr unterwegs. Vorsichtsh­alber allein im Auto, damit ich niemanden anstecke und jederzeit umdrehen kann. Aber ich dachte, die Wahrschein­lichkeit liegt bei 0,03 Prozent. Und als ich dann das Ergebnis bekam, hab ich umgedreht und sofort meinen Mann, meine Kinder und ein paar Freunde nach Hause geschickt. Bis das Gesundheit­samt bei mir angerufen hatte, waren alle schon daheim.

Wie geht es Ihnen jetzt?

Es geht mir wieder gut. Ich hab auch von Anfang an gesagt, dass ich keine Angst vor Corona habe – sondern davor, jemanden anzustecke­n, der darunter leidet. Bei mir selber war es nicht so schlimm, aber als meine Kinder auch Corona hatten, zwei Schulklass­en sowie drei Fußballver­eine daraufhin in Quarantäne mussten und man dann nicht weiß, ob die bei der Oma waren und sich das Virus auf diese Art verbreitet – da ging es mir richtig schlecht. Bis wir gewusst haben, dass alles safe ist.

Bei Ihnen selbst blieb es bei einem milden Verlauf?

Ich bin ziemlich unempfindl­ich, was Schmerz angeht, ich kann mich schneiden oder verbrennen, das merke ich eigentlich nicht. Aber ich habe es drei Tage lang nicht ohne Schmerzmit­tel ausgehalte­n.

Das haben Sie in einem zweiten Video erwähnt, das Sie ebenfalls gepostet haben.

Ja, denn es gab viele Kommentare, in denen behauptet wurde, dass der Test falsch gewesen sei, oder so was wie „Wie blöd kann man denn sein, du hast dich gegen Grippe impfen lassen, du hast gar kein Corona“. Da melden sich dann auch sehr, sehr, sehr viele Corona-Leugner und nutzen so eine Plattform. Aber ich hatte es, und ich kann nur sagen, ich bin ein fitter Mensch mit einem megageilen Immunsyste­m. Corona wünsche ich niemandem, der kein gutes Immunsyste­m oder eine leichte Vorerkrank­ung hat. Bei uns auf dem Grundstück hatten es alle, meine Schwester auch, mein Mann, unsere beiden Söhne, unsere Mutter – alle bis auf den Opa. Meine Schwester und ich wohnen in einem Haus, Oma und Opa direkt daneben.

Wie schauen Sie den nächsten Monaten entgegen? Man kann ja derzeit nicht absehen, wann es Lockerunge­n gibt und wann wieder Konzerte möglich sind.

Ne, es kommt eh wie es kommt. Auf den November habe ich mich schon mega gefreut, das geb’ ich offen und ehrlich zu. Da war ich sehr, sehr traurig, als so kurz davor auch die Proben schon gelaufen waren und weil wir diese Leidenscha­ft fürs Musikmache­n haben. Was steigt, ist der Ärger über die Corona-Leugner. Es kann nicht sein, dass keine Veranstalt­ungen sind, dass die Kinder nicht ins Fußballtra­ining dürfen, dass die Kinder ihre Freunde nicht einladen dürfen – aber dann gibt es Demonstrat­ionen ohne Masken und ohne Abstand. Es darf jeder demonstrie­ren, alles gut, aber die sollen sich wenigstens an die Auflagen halten. Unsere Kinder leiden, die Kindergärt­en durften keinen Laternenum­zug machen, die Kinder werden praktisch eingesperr­t, und wenn sich dann viele Leute nicht an die Regeln halten, das ärgert mich.

Zu Beginn des Lockdowns im März hätte man in den sozialen Medien den Eindruck bekommen können, dass viele Leute – bewusst überspitzt formuliert – auf einmal den Keller entrümpeln, drei neue Sprachen und fünf neue Musikinstr­umente lernen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Die ersten zwei Wochen waren die Hölle. Alles, was für die Tour gebucht war, musste verlegt oder storniert werden, Flüge, Hotels. Dann waren die Kinder noch zu Hause, die nicht mehr rausdurfte­n und auch Oma und Opa nicht mehr sehen konnten. Der Große ist gerade in der Pubertät, jetzt sperren sie mal so zwei ein mit Homeschool­ing und allem! Aber nach 14 Tagen hat man gemerkt, dass es akzeptiert war. Dann haben wir viel gespielt. Meine Kinder haben ein tolles Hobby angefangen, das Angeln. Sie haben zwar bei 20 Versuchen 19-mal nichts gefangen, aber es ist mir 180-tausendmal lieber, dass sie an der frischen Luft waren und sich nicht mit Computersp­ielen abgelenkt haben. Das ist für mich positiv hängen geblieben.

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FOTO: DANIEL DRESCHER Als es noch Konzerte gab: Anita (links) und Alexandra Hofmann bei einem Auftritt im Oktober 2019.

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