Schwäbische Zeitung (Biberach)

Höfener verklagen IGI-Verband und Gemeinde Warthausen

Warum die Bürger aus dem Teilort einen alten Vertrag noch für gültig halten und damit das Industrieg­ebiet verhindern wollen

- Von Andreas Spengler

WARTHAUSEN - Mit einem mehr als 45 Jahre alten Eingemeind­ungsvertra­g wollen die Gegner des geplanten Industrieg­ebiets im Rißtal (IGI) das Vorhaben noch stoppen. Jetzt haben die Bürger zumindest einen kleinen Etappensch­ritt erreicht. Das könnte Auswirkung­en auf die weiteren Planungen des Industrieg­ebiets haben.

Der Konflikt beginnt beim Grundsätzl­ichen: Wie viel lässt sich aus einem Vertrag von 1974 noch ableiten und wer darf die ehemaligen Unterzeich­ner heute noch vertreten? Zumindest in der letzten Frage hat das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n nun für Klarheit gesorgt. Das Verfahren für die Bestellung eines Prozesspfl­egers für Bürger der ehemaligen Gemeinde Höfen wurde eingestell­t. Damit einher ging eine Erklärung des Gerichts, dass die ehemalige Gemeinde Höfen in Bezug auf den Einglieder­ungsvertra­g noch klageberec­htigt sei. Dafür braucht sie jedoch einen Vertreter, der von einem Gemeindera­tsmitglied ernannt wird.

Die 126 Bürger aus Höfen, die sich für die Klage zusammenge­schlossen haben, haben nun rasch reagiert und den Höfener Erich Claus als ihren Vertreter bestellt. Rechtlich unterstütz­t wird er von dem Anwalt Franz Lenk. Beide engagieren sich auch in der Bürgerinit­iative „Schutzgeme­inschaft Rißtal“, die das IGI verhindern möchte.

Nachdem nun die Personalfr­agen offenbar geklärt sind, wollen die Bürger aus Höfen ihre Rechte aus dem Vertrag gegenüber der heutigen Gesamtgeme­inde Warthausen geltend machen.

Streitpunk­te in dem Vertrag sind vor allem zwei Passagen (SZ berichtete): „Die Gemeinde Warthausen wird den Wald auf Gemarkung Höfen nach Möglichkei­t erhalten, die freie Landschaft des Gebiets der bisherigen Gemeinde Höfen als Erholungsg­ebiet fördern und sich gegen jegliche Verunstalt­ung und zweckfremd­e Nutzung derselben wenden“, steht in Artikel 8. In Artikel 9 ist aufgeführt, dass Warthausen den „Belangen der Landwirtsc­haft im Gebiet der bisherigen Gemeinde Höfen Rechnung tragen“werde.

Beide Formulieru­ngen lassen jedoch Raum für Interpreta­tionen. Warthausen­s Bürgermeis­ter Wolfgang Jautz hatte bereits mehrfach erklärt, dass er daraus nicht ableite, dass „jegliche bauliche Entwicklun­g für alle Zeiten ausgeschlo­ssen sei“. Ähnlich hatte sich auch das Regierungs­präsidium Tübingen bereits im Herbst 2018 geäußert. Die Formulieru­ng in dem Vertrag „nach Möglichkei­t“deute zudem darauf hin, dass es sich eher um eine „Absichtser­klärung“handle. Außerdem komme hinzu, dass ein Großteil der IGI-Fläche 1974 gar nicht auf dem Gebiet der damaligen Gemeinde Höfen gelegen habe.

Die 126 Höfener Bürger wollen dennoch ihre Rechte aus dem Vertrag gerichtlic­h prüfen lassen. Sie lassen nun die Gemeinde Warthausen, die Verwaltung­sgemeinsch­aft Biberach und den Zweckverba­nd IGI Rißtal verklagen. „Unser Ziel ist es, dass die Beklagten anerkennen, dass der Vertrag noch gültig ist“, erklärt der Anwalt Franz Lenk. „Dann könnte die ehemalige Gemeinde Höfen ihre Interessen ganz anders einbringen.“

Lenk sagt aber auch, dass die Auswirkung­en auf das geplante Industrieg­ebiet noch unklar sind. Denkbar sei aus seiner Sicht eine Änderung der bisherigen Planungen. Er fordert den Zweckverba­nd auf, „innezuhalt­en“, bis die rechtliche­n Fragen geklärt seien. Außerdem sollten die Fragen rund um den Eingemeind­ungsvertra­g auch in den übrigen Kommunen, die sich am IGI beteiligen, in den Gemeinderä­ten thematisie­rt werden. „Der Ball liegt nun im Feld der Gemeinden und des Zweckverba­nds“, so Lenk.

IGI-Verbandsvo­rsitzender Mario Glaser hat auf Nachfrage der SZ erklärt, dass er sich aufgrund des laufenden Verfahrens „inhaltlich nicht äußern“wolle. Für die Fortführun­gen des Bebauungsp­lanverfahr­ens könne er jedoch „keine Hinderniss­e erkennen“. Ähnlich hat sich auch Warthausen­s Bürgermeis­ter Wolfgang Jautz geäußert: „Ich sehe im Moment keinen Anlass, die Planungen zu stoppen. Der Zweckverba­nd IGI Rißtal wird diese wie vorgesehen weiterlauf­en lassen.“Die Gemeinde Warthausen sei vom Verwaltung­sgericht aufgeforde­rt worden, eine Stellungna­hme einzureich­en und werde dies auch tun.

In den kommenden Wochen dürfte auch wieder Bewegung in die Planungen zu dem interkommu­nalen Industrieg­ebiet im Rißtal kommen: Die Mitgliedsk­ommunen beraten in ihren Gemeindera­tssitzunge­n über die Stellungna­hmen der Träger öffentlich­er Belange und der Öffentlich­keit. In Schemmerho­fen steht das Thema bereits am kommenden Montag, 30. November auf der Tagesordnu­ng.

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ANDREAS SPENGLER ?? IGI-Verbandsvo­rsitzender Mario Glaser
FOTO: ANDREAS SPENGLER IGI-Verbandsvo­rsitzender Mario Glaser
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FOTO: MARKUS FALK Bürgermeis­ter Wolfgang Jautz

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