Schwäbische Zeitung (Biberach)
Höfener verklagen IGI-Verband und Gemeinde Warthausen
Warum die Bürger aus dem Teilort einen alten Vertrag noch für gültig halten und damit das Industriegebiet verhindern wollen
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WARTHAUSEN - Mit einem mehr als 45 Jahre alten Eingemeindungsvertrag wollen die Gegner des geplanten Industriegebiets im Rißtal (IGI) das Vorhaben noch stoppen. Jetzt haben die Bürger zumindest einen kleinen Etappenschritt erreicht. Das könnte Auswirkungen auf die weiteren Planungen des Industriegebiets haben.
Der Konflikt beginnt beim Grundsätzlichen: Wie viel lässt sich aus einem Vertrag von 1974 noch ableiten und wer darf die ehemaligen Unterzeichner heute noch vertreten? Zumindest in der letzten Frage hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen nun für Klarheit gesorgt. Das Verfahren für die Bestellung eines Prozesspflegers für Bürger der ehemaligen Gemeinde Höfen wurde eingestellt. Damit einher ging eine Erklärung des Gerichts, dass die ehemalige Gemeinde Höfen in Bezug auf den Eingliederungsvertrag noch klageberechtigt sei. Dafür braucht sie jedoch einen Vertreter, der von einem Gemeinderatsmitglied ernannt wird.
Die 126 Bürger aus Höfen, die sich für die Klage zusammengeschlossen haben, haben nun rasch reagiert und den Höfener Erich Claus als ihren Vertreter bestellt. Rechtlich unterstützt wird er von dem Anwalt Franz Lenk. Beide engagieren sich auch in der Bürgerinitiative „Schutzgemeinschaft Rißtal“, die das IGI verhindern möchte.
Nachdem nun die Personalfragen offenbar geklärt sind, wollen die Bürger aus Höfen ihre Rechte aus dem Vertrag gegenüber der heutigen Gesamtgemeinde Warthausen geltend machen.
Streitpunkte in dem Vertrag sind vor allem zwei Passagen (SZ berichtete): „Die Gemeinde Warthausen wird den Wald auf Gemarkung Höfen nach Möglichkeit erhalten, die freie Landschaft des Gebiets der bisherigen Gemeinde Höfen als Erholungsgebiet fördern und sich gegen jegliche Verunstaltung und zweckfremde Nutzung derselben wenden“, steht in Artikel 8. In Artikel 9 ist aufgeführt, dass Warthausen den „Belangen der Landwirtschaft im Gebiet der bisherigen Gemeinde Höfen Rechnung tragen“werde.
Beide Formulierungen lassen jedoch Raum für Interpretationen. Warthausens Bürgermeister Wolfgang Jautz hatte bereits mehrfach erklärt, dass er daraus nicht ableite, dass „jegliche bauliche Entwicklung für alle Zeiten ausgeschlossen sei“. Ähnlich hatte sich auch das Regierungspräsidium Tübingen bereits im Herbst 2018 geäußert. Die Formulierung in dem Vertrag „nach Möglichkeit“deute zudem darauf hin, dass es sich eher um eine „Absichtserklärung“handle. Außerdem komme hinzu, dass ein Großteil der IGI-Fläche 1974 gar nicht auf dem Gebiet der damaligen Gemeinde Höfen gelegen habe.
Die 126 Höfener Bürger wollen dennoch ihre Rechte aus dem Vertrag gerichtlich prüfen lassen. Sie lassen nun die Gemeinde Warthausen, die Verwaltungsgemeinschaft Biberach und den Zweckverband IGI Rißtal verklagen. „Unser Ziel ist es, dass die Beklagten anerkennen, dass der Vertrag noch gültig ist“, erklärt der Anwalt Franz Lenk. „Dann könnte die ehemalige Gemeinde Höfen ihre Interessen ganz anders einbringen.“
Lenk sagt aber auch, dass die Auswirkungen auf das geplante Industriegebiet noch unklar sind. Denkbar sei aus seiner Sicht eine Änderung der bisherigen Planungen. Er fordert den Zweckverband auf, „innezuhalten“, bis die rechtlichen Fragen geklärt seien. Außerdem sollten die Fragen rund um den Eingemeindungsvertrag auch in den übrigen Kommunen, die sich am IGI beteiligen, in den Gemeinderäten thematisiert werden. „Der Ball liegt nun im Feld der Gemeinden und des Zweckverbands“, so Lenk.
IGI-Verbandsvorsitzender Mario Glaser hat auf Nachfrage der SZ erklärt, dass er sich aufgrund des laufenden Verfahrens „inhaltlich nicht äußern“wolle. Für die Fortführungen des Bebauungsplanverfahrens könne er jedoch „keine Hindernisse erkennen“. Ähnlich hat sich auch Warthausens Bürgermeister Wolfgang Jautz geäußert: „Ich sehe im Moment keinen Anlass, die Planungen zu stoppen. Der Zweckverband IGI Rißtal wird diese wie vorgesehen weiterlaufen lassen.“Die Gemeinde Warthausen sei vom Verwaltungsgericht aufgefordert worden, eine Stellungnahme einzureichen und werde dies auch tun.
In den kommenden Wochen dürfte auch wieder Bewegung in die Planungen zu dem interkommunalen Industriegebiet im Rißtal kommen: Die Mitgliedskommunen beraten in ihren Gemeinderatssitzungen über die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit. In Schemmerhofen steht das Thema bereits am kommenden Montag, 30. November auf der Tagesordnung.