Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wie grün wird das IGI wirklich?
Zweckverband stellt überarbeitete Planungen vor – Das soll sich ändern
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SCHEMMERHOFEN/WARTHAUSEN - Das öffentliche Interesse an den IGIPlanungen ist weiterhin groß: Mehr als 70 Stellungnahmen wurden nun abgegeben, davon alleine 55 von Privatpersonen. Nun hat die Gemeinde Schemmerhofen als erste Mitgliedskommune darüber beraten. Dabei hat sich gezeigt: Der Zweckverband hat die Planungen an einigen Stellen bereits nachgebessert.
Immer wieder hatten Kritiker des geplanten interkommunalen Industriegebiets im Rißtal (IGI) dem Zweckverband vorgeworfen, das Gebiet nicht ökologisch genug zu gestalten. Diese Kritik hat sich auch bei den Stellungnahmen gezeigt. Der IGI-Verbandsvorsitzende und Schemmerhofer Bürgermeister Mario Glaser hat nun erklärt, dass die Pläne an einigen Stellen geändert wurden.
So seien die Planungen für einen Park&Ride-Parkplatz an der Bahnlinie inzwischen verworfen worden. Das Regierungspräsidium Tübingen hatte einen solchen Platz als „nicht erforderlich“beurteilt und „Verbesserungsbedarf“gesehen. Die Bürgerinitiative „Schutzgemeinschaft Rißtal“hatte zuletzt vor einer Ausweitung des Pendlerverkehrs gewarnt. Diese Argumente seien nun berücksichtigt worden, erklärte Glaser.
Stattdessen soll an der Stelle eine öffentliche Photovoltaik-Freilandanlage entstehen. Der Strom daraus soll vollständig im Industriegebiet bleiben und „direkt an Gewerbetreibende abgegeben werden“, wie Glaser betonte. „Wir haben auch bereits mit der Firma Handtmann und einem Betreiber Gespräche geführt, die sich das gut vorstellen könnten.“Ob das Industriegebiet damit tatsächlich CO2-neutral wäre, ließe sich noch nicht genau sagen. Klar sei aber, dass die Planer damit „einen großen Schritt in diese Richtung“gehen.
Angepasst worden seien auch die Planungen zum Gleisanschluss. So sei vorgesehen, dass von der Südbahn aus ein Hauptgleis in Richtung Norden des Gebiets führe und von dort aus ein Zug in alle drei großen Baufelder einfahren kann. „Jeder Gewerbetreibende im IGI hätte damit die Möglichkeit für einen eigenen Bahnanschluss“, sagte Glaser.
Der Zweckverband habe auch weitere Gutachten in Auftrag gegeben, unter anderem eine ausschließlich hydrologische Untersuchung. Diese habe eine „klare Aussage zur Verträglichkeit unserer Planung“geliefert. Vorgeschrieben sei nun außerdem, dass der abgetragene Boden nicht zu weit entfernt vom Gebiet ausgebracht werden dürfe. Bis auf wenige Ausnahmen werde der ökologische Ausgleich zudem vollständig innerhalb des Gebiets erfolgen. „Große Bereiche werden zur Grünfläche.“Vereinzelte Feldlerchenfenster müssten jedoch als Ausgleich an anderer Stelle eingerichtet werden.
Dachbegrünung soll zum Teil vorgeschrieben werden, etwa bei Flachdächern mit einer Dachneigung von bis zu 15 Grad und bis zu einer Gebäudetiefe von 15 Metern mit einem Anteil von 60 Prozent der Fläche. Diese genauen Angaben seien wichtig aufgrund der Statik. Auch die Begrünung der Fassaden soll zum Teil und mit Einschränkungen vorgeschrieben sein. Die Installation einer Solaranlage könne der Verband allerdings nicht zur Pflicht machen, erklärte Glaser. „Das müssen die Firmen selbst entscheiden.“
Reduziert wurde indes die Zahl der Stellplätze, die am Gebäude eingerichtet werden dürfen. Damit soll der Druck auf die Firmen erhöht werden, eher in die Höhe zu bauen etwa mit einem Parkhaus. Bei der Beleuchtung in dem Gebiet sollen zudem insektenfreundliche Lichter eingesetzt werden. Und für Fahrradfahrer soll ein breiter Fahrradstreifen angelegt werden.
Ausführlicher ging Glaser auch auf die Verkehrs- und Lärmbelastung für die Anwohner ein. „Ich kann gut nachvollziehen, dass die Anwohner in Herrlishöfen gebeutelt sind“, sagte er. Die Grenzwerte der Verkehrsbelastung seien auch bereits ohne das geplante Industriegebiet im Rißtal überschritten. In dieser Logik aber sei die Verkehrszunahme durch das IGI relativ gesehen nicht mehr so gravierend. „Die Probleme sind bereits da, das ist damit kein Thema des Zweckverbands“, sagte er. Mit dem Bau des B-30-Aufstiegs – das zeigten Untersuchungen – werde sich das Problem der Verkehrsbelastung lösen lassen. Bis dahin müssten verschiedene Vorschläge geprüft und umgesetzt werden, um die Belastung zu mildern. Denkbar seien etwa Flüsterasphalt oder eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h innerorts in Herrlishöfen und 70 km/h außerorts auf der L 267. Dies müsse vom Straßenbaulastträger, also dem Land, gelöst werden. „Durch die Reduzierung der Geschwindigkeit lassen sich die Beurteilungspegel in Herrlishöfen und der Karl-Arnold-Siedlung unter die Pegel des Prognose-Bezugsfalls absenken“, heißt es in der Stellungnahme des Zweckverbands.
Auf Nachfrage aus dem Schemmerhofer Gemeinderat ging Glaser auch auf die Grundstücksverhandlungen ein. In der Zwischenzeit habe der Zweckverband weitere Grundstücke erwerben können. Aber die Verhandlungen mit den Eigentümern seien weiterhin „nicht einfach“. Er gehe davon aus, dass auch am Ende nicht alle Grundstücke dem Zweckverband zur Verfügung stehen werden, sodass dann über ein Umlegungsverfahren nachgedacht werden müsse.
Gemeinderat Christoph Glaser sprach sich schließlich dafür aus, die Planungen „auf Eis zu legen, bis die Corona-Krise vorbei ist“. Schließlich sei gerade unklar, wie hoch der Erweiterungsbedarf der Firmen noch sei. Bürgermeister Glaser widersprach: „Wir sind mit den Firmen im Gespräch und Handtmann hat nach wie vor ein großes Interesse.“
Ebenso ging er auf eine Nachfrage zum Eingemeindungsvertrag zwischen der Gemeinde Warthausen und dem Ortsteil Höfen ein. Er begrüße es, dass ein Gericht sich dem Thema annehme. „Ich glaube aber nicht, dass die Klage Aussicht auf Erfolg hat.“
Aus seiner Sicht stehe fest, dass das Industriegebiet nun nochmals ökologischer werde als im ersten Entwurf. „Das hat aber auch zur Folge, dass es für die Firmen nicht günstiger wird.“Lob gab es dagegen für die Planungen von Gemeinderat Marcel Prinz: „Das sieht ja fast aus wie ein Naherholungsgebiet.“
Am Ende sprach sich der Rat bei einer Gegenstimme von Christoph Glaser für die weitere Planung aus. Nun werden auch die übrigen Mitgliedskommunen die eingegangenen Stellungnahmen behandeln. In der kommenden Zweckverbandssitzung soll dann formal darüber entschieden werden. Diese ist für Anfang Februar geplant.