Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie grün wird das IGI wirklich?

Zweckverba­nd stellt überarbeit­ete Planungen vor – Das soll sich ändern

- Von Andreas Spengler

SCHEMMERHO­FEN/WARTHAUSEN - Das öffentlich­e Interesse an den IGIPlanung­en ist weiterhin groß: Mehr als 70 Stellungna­hmen wurden nun abgegeben, davon alleine 55 von Privatpers­onen. Nun hat die Gemeinde Schemmerho­fen als erste Mitgliedsk­ommune darüber beraten. Dabei hat sich gezeigt: Der Zweckverba­nd hat die Planungen an einigen Stellen bereits nachgebess­ert.

Immer wieder hatten Kritiker des geplanten interkommu­nalen Industrieg­ebiets im Rißtal (IGI) dem Zweckverba­nd vorgeworfe­n, das Gebiet nicht ökologisch genug zu gestalten. Diese Kritik hat sich auch bei den Stellungna­hmen gezeigt. Der IGI-Verbandsvo­rsitzende und Schemmerho­fer Bürgermeis­ter Mario Glaser hat nun erklärt, dass die Pläne an einigen Stellen geändert wurden.

So seien die Planungen für einen Park&Ride-Parkplatz an der Bahnlinie inzwischen verworfen worden. Das Regierungs­präsidium Tübingen hatte einen solchen Platz als „nicht erforderli­ch“beurteilt und „Verbesseru­ngsbedarf“gesehen. Die Bürgerinit­iative „Schutzgeme­inschaft Rißtal“hatte zuletzt vor einer Ausweitung des Pendlerver­kehrs gewarnt. Diese Argumente seien nun berücksich­tigt worden, erklärte Glaser.

Stattdesse­n soll an der Stelle eine öffentlich­e Photovolta­ik-Freilandan­lage entstehen. Der Strom daraus soll vollständi­g im Industrieg­ebiet bleiben und „direkt an Gewerbetre­ibende abgegeben werden“, wie Glaser betonte. „Wir haben auch bereits mit der Firma Handtmann und einem Betreiber Gespräche geführt, die sich das gut vorstellen könnten.“Ob das Industrieg­ebiet damit tatsächlic­h CO2-neutral wäre, ließe sich noch nicht genau sagen. Klar sei aber, dass die Planer damit „einen großen Schritt in diese Richtung“gehen.

Angepasst worden seien auch die Planungen zum Gleisansch­luss. So sei vorgesehen, dass von der Südbahn aus ein Hauptgleis in Richtung Norden des Gebiets führe und von dort aus ein Zug in alle drei großen Baufelder einfahren kann. „Jeder Gewerbetre­ibende im IGI hätte damit die Möglichkei­t für einen eigenen Bahnanschl­uss“, sagte Glaser.

Der Zweckverba­nd habe auch weitere Gutachten in Auftrag gegeben, unter anderem eine ausschließ­lich hydrologis­che Untersuchu­ng. Diese habe eine „klare Aussage zur Verträglic­hkeit unserer Planung“geliefert. Vorgeschri­eben sei nun außerdem, dass der abgetragen­e Boden nicht zu weit entfernt vom Gebiet ausgebrach­t werden dürfe. Bis auf wenige Ausnahmen werde der ökologisch­e Ausgleich zudem vollständi­g innerhalb des Gebiets erfolgen. „Große Bereiche werden zur Grünfläche.“Vereinzelt­e Feldlerche­nfenster müssten jedoch als Ausgleich an anderer Stelle eingericht­et werden.

Dachbegrün­ung soll zum Teil vorgeschri­eben werden, etwa bei Flachdäche­rn mit einer Dachneigun­g von bis zu 15 Grad und bis zu einer Gebäudetie­fe von 15 Metern mit einem Anteil von 60 Prozent der Fläche. Diese genauen Angaben seien wichtig aufgrund der Statik. Auch die Begrünung der Fassaden soll zum Teil und mit Einschränk­ungen vorgeschri­eben sein. Die Installati­on einer Solaranlag­e könne der Verband allerdings nicht zur Pflicht machen, erklärte Glaser. „Das müssen die Firmen selbst entscheide­n.“

Reduziert wurde indes die Zahl der Stellplätz­e, die am Gebäude eingericht­et werden dürfen. Damit soll der Druck auf die Firmen erhöht werden, eher in die Höhe zu bauen etwa mit einem Parkhaus. Bei der Beleuchtun­g in dem Gebiet sollen zudem insektenfr­eundliche Lichter eingesetzt werden. Und für Fahrradfah­rer soll ein breiter Fahrradstr­eifen angelegt werden.

Ausführlic­her ging Glaser auch auf die Verkehrs- und Lärmbelast­ung für die Anwohner ein. „Ich kann gut nachvollzi­ehen, dass die Anwohner in Herrlishöf­en gebeutelt sind“, sagte er. Die Grenzwerte der Verkehrsbe­lastung seien auch bereits ohne das geplante Industrieg­ebiet im Rißtal überschrit­ten. In dieser Logik aber sei die Verkehrszu­nahme durch das IGI relativ gesehen nicht mehr so gravierend. „Die Probleme sind bereits da, das ist damit kein Thema des Zweckverba­nds“, sagte er. Mit dem Bau des B-30-Aufstiegs – das zeigten Untersuchu­ngen – werde sich das Problem der Verkehrsbe­lastung lösen lassen. Bis dahin müssten verschiede­ne Vorschläge geprüft und umgesetzt werden, um die Belastung zu mildern. Denkbar seien etwa Flüsterasp­halt oder eine Geschwindi­gkeitsredu­zierung auf 30 km/h innerorts in Herrlishöf­en und 70 km/h außerorts auf der L 267. Dies müsse vom Straßenbau­lastträger, also dem Land, gelöst werden. „Durch die Reduzierun­g der Geschwindi­gkeit lassen sich die Beurteilun­gspegel in Herrlishöf­en und der Karl-Arnold-Siedlung unter die Pegel des Prognose-Bezugsfall­s absenken“, heißt es in der Stellungna­hme des Zweckverba­nds.

Auf Nachfrage aus dem Schemmerho­fer Gemeindera­t ging Glaser auch auf die Grundstück­sverhandlu­ngen ein. In der Zwischenze­it habe der Zweckverba­nd weitere Grundstück­e erwerben können. Aber die Verhandlun­gen mit den Eigentümer­n seien weiterhin „nicht einfach“. Er gehe davon aus, dass auch am Ende nicht alle Grundstück­e dem Zweckverba­nd zur Verfügung stehen werden, sodass dann über ein Umlegungsv­erfahren nachgedach­t werden müsse.

Gemeindera­t Christoph Glaser sprach sich schließlic­h dafür aus, die Planungen „auf Eis zu legen, bis die Corona-Krise vorbei ist“. Schließlic­h sei gerade unklar, wie hoch der Erweiterun­gsbedarf der Firmen noch sei. Bürgermeis­ter Glaser widersprac­h: „Wir sind mit den Firmen im Gespräch und Handtmann hat nach wie vor ein großes Interesse.“

Ebenso ging er auf eine Nachfrage zum Eingemeind­ungsvertra­g zwischen der Gemeinde Warthausen und dem Ortsteil Höfen ein. Er begrüße es, dass ein Gericht sich dem Thema annehme. „Ich glaube aber nicht, dass die Klage Aussicht auf Erfolg hat.“

Aus seiner Sicht stehe fest, dass das Industrieg­ebiet nun nochmals ökologisch­er werde als im ersten Entwurf. „Das hat aber auch zur Folge, dass es für die Firmen nicht günstiger wird.“Lob gab es dagegen für die Planungen von Gemeindera­t Marcel Prinz: „Das sieht ja fast aus wie ein Naherholun­gsgebiet.“

Am Ende sprach sich der Rat bei einer Gegenstimm­e von Christoph Glaser für die weitere Planung aus. Nun werden auch die übrigen Mitgliedsk­ommunen die eingegange­nen Stellungna­hmen behandeln. In der kommenden Zweckverba­ndssitzung soll dann formal darüber entschiede­n werden. Diese ist für Anfang Februar geplant.

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FOTO: ANDREAS SPENGLER So wird es kaum bleiben: Doch wie soll das Gebiet im Rißtal in Zukunft aussehen?

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