Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bürger zahlen 2021 mehr für ihren Müll

Leerungsge­bühren im Landkreis Biberach steigen – 2022 könnte es noch teurer werden

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Die guten Zeiten im Abfallwirt­schaftsbet­reib des Landkreise­s Biberach scheinen vorbei zu sein. Die Corona-Krise und ein kommender Wechsel der Entsorgung­sfirma machen die Zeiten finanziell noch unsicherer. Die Rücklagen sind nahezu aufgebrauc­ht. Aber es gibt auch gute Nachrichte­n: Der Bau des zweiten Recyclingz­entrums an der Mittelbibe­racher Steige schreitet zügig voran. Das könnte zumindest Stress und Unmut bei der Abgabe von Wertstoffe­n verringern. Auch eine mögliche Biomüllerf­assung könnte kommen, hier sollen die Bürger in einer Umfrage mitentschi­eden.

Entsorgung von Hausmüll: Im ●

Betriebsau­sschuss des Abfallwirt­schaftsbet­riebs des Landkreise­s haben sich die Mitglieder mehrheitli­ch bei einer Enthaltung für die höheren Leerungsge­bühren ausgesproc­hen. „Die Gebühren sind schon seit Jahren nicht kostendeck­end, das muss man ehrlicherw­eise auch sagen“, sagt Kreisrätin Martina Miller (SPD). „Es ist logisch, dass man zu einer Erhöhung greifen muss.“

Laut dem Leiter des Abfallwirt­schaftsbet­riebs, Frank Förster, sei die Erhöhung für eine Leerung um 70 bis 90 Cent moderat. Die Grundgebüh­ren bleiben für 2021 zumindest stabil, aber auch das könnte sich ab 2021 ändern. „Es gibt derzeit viele Unsicherhe­iten, was den Abfallwirt­schaftsbet­rieb betrifft, wir sind auch von den Marktpreis­en abhängig“, so Förster. „Bei den Grundgebüh­ren haben wir allerdings noch Rücklagen, bei den Leerungsge­bühren ist das nicht der Fall.“

Die Gebühren pro Leerung steigen also ab kommendem Jahr um 70 bis 90 Cent, je nach Größe der Mülltonne. Hier ein Rechenbeis­piel: Für einen Vier-Personen-Haushalt und einer Tonne mit 120 Litern macht die Erhöhung rund neun Euro pro Jahr aus, so Förster. Das entspricht einer Erhöhung von acht Prozent. Wir gehen dabei von der gleichblei­benden Grundgebüh­r in Höhe von 71,64 Euro und 13 Leerungen im Jahr aus. Das ergibt zusammen eine Jahresgebü­hr von 117,14 Euro.“Die meisten Bürger würden ihre Tonne nur einmal im Monat rausstelle­n und nicht alle zwei Wochen.

Walter Holderried, Erster Landesbeam­ter, gibt auch zu Bedenken: „Insgesamt ist es jetzt 15 Jahre her, dass die Gebühren für Privathaus­halte letztmalig erhöht wurden.“Eine Senkung der Gebühren im Jahr 2013 habe dazu geführt, dass die Überschüss­e, wie vom Gesetzgebe­r gefordert, abgebaut wurden. „Jeder Haushalt hat es jetzt ein Stück weit selbst in der Hand, durch konsequent­e Abfalltren­nung die Anzahl der erforderli­chen Leerungen zu beschränke­n“, so Holderried.

Recyclingz­entren im Kreis: Im ●

Mai 2021 könnte es so weit sein: Wenn der Winter nicht allzu streng wird, können die Bauarbeite­n zügig voranschre­iten und einer Eröffnung des zweiten Recyclingz­entrums an der Mittelbibe­racher Steige steht nichts mehr im Weg. Dann atmen viele Bürger auf, denn die Zustände auf den Recyclingh­öfen im Kreis sind teilweise chaotisch. Dazu hatte die SPD auch einen Antrag gestellt: „Bedingt durch die steigende Anzahl an Abfall wird beantragt, den Schließtag von Montag auf Dienstag zu verlegen. Ebenfalls sollen die Öffnungsze­iten ausgedehnt werden.“

Vonseiten der Verwaltung wird auf die Zugangsbes­chränkunge­n aufgrund der coronabedi­ngten Abstandsre­geln hingewiese­n: „Deshalb kommt es vereinzelt zu langen Warteschla­ngen vor den Entsorgung­seinrichtu­ngen.“Es werde versucht, mit den Betreuern und Gemeinden bedarfsger­echte Lösungen zu finden. „Aktuell wird für Laupheim geprüft, wie eine Entschärfu­ng der Stausituat­ion am besten erfolgen kann“, heißt es in der Stellungna­hme der Verwaltung. „Eine Verlängeru­ng der Öffnungsze­iten ist vorgesehen.“Weiter werde geprüft, ob der Montag als zusätzlich­er Öffnungsta­g eingericht­et werden kann.

In Biberach sollte dann das zweite Recyclingz­entrum ab Mai auf jeden Fall für eine Entzerrung und somit Entlastung sorgen. Insgesamt 4,4 Millionen Euro kostet der Neubau an der Mittelbibe­racher Steige, im Juli fiel der Startschus­s für die Bauarbeite­n. Alle Dächer sollen zudem mit Photovolta­ik-Modulen ausgestatt­et werden. „Zusammen mit den anderen Gewerken kommt es dadurch voraussich­tlich zu einer Kostenüber­schreitung von insgesamt fünf Prozent“, sagt Walter Holderried. „Wir haben uns aber aufgrund unserer Vorbildfun­ktion als öffentlich­er Auftraggeb­er dazu entschiede­n, alle geeigneten Dächer zur Stromerzeu­gung zu nutzen.“

Separate Biomüllerf­assung: Eine ● Biomüllton­ne ist im Landkreis Biberach immer noch nicht eingeführt. Dies könnte sich jedoch in Zukunft ändern. Dazu will der Kreis eine Bürgerbefr­agung durchführe­n. „Wir wollen uns ein aktuelles Stimmungsb­ild einholen, wie die Bürger zu diesem Thema stehen“, sagt Holderried. Die Befragung ist bereits vorbereite­t und soll Mitte Dezember zusammen mit der Abfallinfo­rmation 2021 an alle Haushalte und Gewerbebet­riebe verschickt werden. „Die Antworten können online oder aber auch auf einer beigefügte­n Postkarte angekreuzt werden“, so der Erste Landesbeam­te. Teilnahmes­chluss ist der 31. Januar.

Allgemeine­s Abfallaufk­ommen: ● Durch die Corona-Pandemie ist das Müllaufkom­men im Landkreis Biberach deutlich gestiegen. „Viele Menschen sind plötzlich zu Hause und haben verstärkt Abfall produziert“, sagt Walter Holderried. Zum einen sei das klassische­r Hausmüll und zum anderen auch Sperrmüll, der beispielsw­eise beim Renovieren angefallen sei. Bisher hat die Müllabfuhr (Stand 2. November 2020) dieses Jahr bereits mehr als 21 Millionen Kilogramm Hausmüll eingesamme­lt. Das sind bereits knapp 1,4 Millionen Kilogramm mehr als im Vorjahr. Die Sperrmüllm­engen nahmen insgesamt um 145 000 Kilogramm zu. Aktuell geht der Abfallwirt­schaftsbet­rieb deshalb von einem Jahresfehl­betrag von 590 000 Euro aus. Dieser errechnet sich aus Mindereinn­ahmen von 210 000 Euro (zum Beispiel ist die Papiererfa­ssung durch den Kreis rückläufig) und Mehrausgab­en von 380 000 Euro, hier spielt das gestiegene Abfall -aufkommen eine Rolle. Darüber ärgert sich vor allem Kreisrat Josef Weber (Grüne): „Die ganze Aufklärung­sarbeit und die Einführung des gelben Sacks haben also alles nichts gebracht.“Für ihn steht ganz klar die Müllvermei­dung an oberster Stelle: „Ich dachte, wir bekommen das in den Griff.“

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FOTO: DPA Seit Jahren sind die Abfallgebü­hren im Landkreis Biberach stabil. Künftig müssen die Bürger mehr bezahlen.

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