Schwäbische Zeitung (Biberach)
Großbritannien lässt weiteren Impfstoff zu
AstraZeneca-Präparat soll ab Montag verabreicht werden – Kosten deutlich niedriger
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LONDON - Erneut kommt aus Großbritannien eine gute Nachricht im Kampf gegen Sars-CoV-2. Am Mittwoch erteilte die nationale Arzneimittelbehörde MHRA dem an der Universität Oxford entwickelten Impfstoff des Unternehmens AstraZeneca als weltweit erster Aufseher die Zulassung. Von kommendem Montag an sollen wöchentlich bis zu eine Million Bürger ihre erste Dosis erhalten. „Wir haben keine Abkürzungen genommen“, teilte MHRAChefin June Raine in London mit, die Prüfung ihrer Behörde sei robust wie immer verlaufen.
Der Wirkstoff basiert auf einem unter Schimpansen verbreiteten Adenovirus. Dieser regt die Produktion von Proteinen an, die jenen auf der Oberfläche des Coronavirus gleichen. Das dadurch angeregte Immunsystem produziert dann sowohl T-Zellen wie Antikörper; erstere bekämpfen das Virus, letztere minimieren das
Ansteckungsrisiko. Die Immunität trete nach drei Wochen ein, hiess es auf der MHRA-Pressekonferenz. Eine zweite Dosis solle binnen zwölf Wochen verabreicht werden. Die britische Aufsichtsbehörde wie ihre Pendants anderswo haben lang bestehende bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt. Die drei Phasen der
Impfstoff-Forschung, berichtete Gilbert im Juli der BBC, würden „normalerweise fünf Jahre dauern – wir wollen das in vier Monaten schaffen“. Am Ende dauerte es doppelt so lang, noch immer ein erstaunlicher Erfolg der beteiligten Wissenschaftler. Deren Präparat hat zwei große Vorteile: Es kann über mehrere Wochen hinweg bei normalen Kühlschranktemperaturen aufbewahrt werden, der Preis liegt mit umgerechnet 3,32 Euro pro Dosis um ein Fünftel bis ein Zehntel niedriger als bei der Konkurrenz. Als der beteiligte Pharmakonzern AstraZeneca im November die Überweisung sämtlicher Daten an die Aufsichtsbehörde bekannt gab, entstand allerdings eine Unsicherheit in Bezug auf die Effizienz des Wirkstoffs. Diese wurde mit 70 Prozent angegeben; in einer kleinen Gruppe, der man offenbar versehentlich zunächst nur die halbe Dosis verabreicht hatte, wurde hingegen nach der zweiten Dosis ein Wert von 90 Prozent erreicht. So bestätigte es auch ein Aufsatz der Forscher
im Wissenschaftsmagazin „Lancet“. Zu diesem Vorgehen habe man die Genehmigung aber nicht erteilen können, erläuterte Professor Wei Shen Lim vom britischen Impfkomitee, da die verfügbaren Daten „nicht robust genug“gewesen seien. Unterdessen hat Margaret Keenan bereits die zweite Dosis des Wirkstoffs BNT162b2 erhalten. Die 91-Jährige war vor drei Wochen an der Uniklinik im mittelenglischen Coventry als weltweit erste Patientin mit dem Präparat der deutschen Firma BioNtech und des US-Pharmagiganten Pfizer geimpft worden. Seither haben mehr als eine Million Bewohner der Insel den kleinen Stich hinter sich gebracht. Dem von Covid-19 schwer gebeutelten Land flösst die Nachricht von der Impffront ein wenig Zuversicht ein. Erst am Dienstag erreichten die seit Wochen alarmierend hohen Neuinfektionen einen Rekordstand von 53 135, im Durchschnitt der vergangenen Woche wurden täglich 34 554 Corona-Positive gezählt.