Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Wir planen optimistisch“
Ochsenhausens Bürgermeister Andreas Denzel erklärt, was die Stadt 2021 beschäftigt
OCHSENHAUSEN - Die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Stadt Ochsenhausen halten sich bislang in Grenzen. „Stand jetzt können wir sagen, dass es uns ganz ordentlich geht“, erklärt Bürgermeister Andreas Denzel im Gespräch mit Tobias Rehm. Außerdem spricht das Stadtoberhaupt über zu hohe Personalkosten, Meinungsverschiedenheiten im Gemeinderat und den umstrittenen Bebauungsplan „Untere Wiesen III“.
Herr Denzel, Sie haben zuletzt mehrfach betont, dass die Stadt Ochsenhausen bislang finanziell einigermaßen gut durch die Krise gekommen ist. Hat diese Einschätzung nach wie vor Bestand?
Ja. Wir stehen mit unseren großen Gewerbebetrieben in engem Kontakt, deshalb können wir ganz gut abschätzen, was in Sachen Gewerbesteuer voraussichtlich auf uns zukommen wird. Darüber hinaus haben die Kommunen vom Land einen finanziellen Ausgleich erhalten. Stand jetzt können wir sagen, dass es uns ganz ordentlich geht. Auch bei den geplanten Projekten ist mit Ausnahme der Riedstraße, deren Sanierung eigentlich im Herbst hätte starten sollen, nichts liegen geblieben.
Manche Auswirkungen der Corona-Pandemie werden sich aber erst zeigen.
Das stimmt. Es wird in manchen Bereichen mit Sicherheit noch größere Einbrüche geben. Auf staatlicher Seite muss man davon ausgehen, dass manche Projekte nicht mehr in gewohntem Umfang gefördert werden können.
Welche Lehren ziehen Sie persönlich aus dieser Krise?
Die Corona-Pandemie hat mit voller Wucht unseren „Alltag“auf den Kopf gestellt und uns an unsere Grenzen geführt. Uns ist bewusst geworden, dass nicht immer alles schneller, besser und toller werden kann. Viele von uns lernten Dinge wie die Familie, Freunde, Vereinsleben, Schule, Kindergarten, aber auch den Beruf wieder mehr zu schätzen. Vor einem Jahr hat man sich das alles so nicht vorstellen können, da war das Coronavirus noch ganz weit weg. Hinter uns liegt ein Jahr 2020, in dem vieles, was uns lieb und teuer ist, weggefallen ist. Egal ob Öchslefest, SanktGeorgs-Ritt, Schwäbischer Frühling oder Weihnachtsmarkt. Da hat schon einiges gefehlt, das macht irgendwie traurig.
Zurück zu den städtischen Finanzen: Bei den Haushaltsberatungen beklagten die Fraktionen, dass die Personalkosten zu hoch seien. Für Sie nachvollziehbar?
Zunächst einmal will ich darauf hinweisen, dass wir sämtliche Personalangelegenheiten im Gemeinderat behandeln. Alle Stellenmehrungen in letzter Zeit, beispielsweise aufgrund der Digitalisierung oder im Kindergartenbereich, sind vom Gemeinderat
beschlossen worden, hinzu kommen die regelmäßigen Tariferhöhungen. Aber in der Tat ist eine Steigerung der Personalkosten wie zuletzt von 9,3 Prozent auf Dauer zu viel, so kann es nicht weitergehen. Deshalb muss bei gewissen Aufgaben gespart werden.
Wie geht es hier weiter?
Bis zur Januar-Sitzung erarbeitet die Verwaltung Vorschläge, wo es Einsparpotenziale geben könnte. Wir sind gerade dabei, diese zu identifizieren. Man muss aber auch sagen, dass wir in den vergangenen Jahren sehr gut gewirtschaftet haben, Schulden wurden ab-, Rücklagen aufgebaut.
Um beim Gemeinderat zu bleiben: Im vergangenen Jahr wurde vielfach heftig diskutiert und mancher Nebenkriegsschauplatz eröffnet. Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit?
Zum ganz überwiegenden Teil herrscht ein gutes und konstruktives Klima im Gemeinderat. Es wurden mit diesem Gemeinderat bereits viele wegweisende Projekte geplant und auf den Weg gebracht. Dass einige Wenige einige Punkte anders sehen, gehört zu einer Demokratie dazu.
Andere Ansichten bedeuten aber nicht zwangsläufig, auf Mittel wie Untätigkeitsklagen oder Dienstaufsichtsbeschwerden zurückzugreifen.
Was mich stört, ist, dass so oft mit formellen Punkten gekämpft wird. Diese Energie sollte besser in konstruktive Vorschläge gesteckt werden. Darüber hinaus kosten die von Ihnen angesprochenen Auseinandersetzungen schon viel Energie. Diese Dinge fallen alle zusätzlich zur normalen Arbeit an.
Ein Streitpunkt waren und sind die Erweiterungspläne des Labors Dr. Merk und der damit verbundene Bebauungsplan „Untere Wiesen III“. Waren Sie überrascht über die Heftigkeit einzelner Unmutsbekundungen?
Ich war schon überrascht, dass dieses Vorhaben in einem bislang schon als Gewerbegebiet ausgewiesenen Bereich von einigen wenigen Leuten so negativ gesehen wird. Sämtliche Nachbargemeinden würden sich die Finger danach lecken, Biotechnologie-Standort zu werden. Aber neben dieser Initiative gegen die Pläne gibt es sehr viele in der Bevölkerung, die die Erweiterung für ein immens wichtiges Projekt halten. Wir als Verwaltung stehen total hinter der angestrebten Entwicklung. Wenn bei der öffentlichen Auslegung nichts mehr grundlegend Neues kommt – was ich mir nicht vorstellen kann, weil allem sehr fundiert nachgegangen worden ist –, kann der Bebauungsplan Anfang des Jahres beschlossen werden.
Diskutiert wurde in den vergangenen Jahren auch viel über das neue Feuerwehrgerätehaus. Sind Sie froh, dass dieses Projekt nun endlich abgeschlossen ist?
Ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem neuen Feuerwehrgerätehaus, wir haben ein modernes und sehr funktionales Gebäude mit einer äußerst gelungen Architektur erhalten und das in einer sehr ordentlichen Qualität. Ein solches Haus baut man nur alle paar Generationen, es wird uns in den nächsten Jahrzehnten gute Dienste leisten. Wir werden alle davon profitieren.
Was passiert mit den bisherigen Räumen der Feuerwehr? Werden diese dem Bauhof zugeschlagen?
Wir haben für unsere technischen Betriebe, den Bauhof und die Stadtgärtnerei, eine Organisationsuntersuchung in Auftrag gegeben. Aller Voraussicht nach werden wir im Januar das Ergebnis vorliegen haben und danach entscheiden, wie das ehemalige Feuerwehrgerätehaus künftig genutzt werden wird.
Oberhalb des Feuerwehrhauses entsteht das Baugebiet „Siechberg III“. Wie geht es bei der Entwicklung von Bauland allgemein weiter?
Heutzutage ist es sehr schwierig, an die benötigten Flächen zu kommen. Die Ortsvorsteher und die Liegenschaftsverwaltung sind in ständigem Austausch und eruieren, welche Flächen infrage kommen. Wir haben schon bestimmte Grundstücke im Visier, mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen. Ein vorrangiges Ziel ist es immer, innerörtliche Brachflächen neu zu ordnen und zu einer Nachverdichtung zu kommen.
Die Riedstraße haben Sie bereits kurz erwähnt – vor allem aufgrund der Schulen und des Kindergartens kommt Fußgängern und Radfahrern dort eine besondere Bedeutung zu, der die Straße derzeit nicht gerecht werden kann. Was tut sich hier in absehbarer Zeit?
Erfreulicherweise ist im Haushaltsplan 2021 ein Verkehrswegekonzept Innenstadt, Schul- und Radwegeplan vorgesehen, das um das Thema Parken und benutzerfreundliche Fußwege in der Stadt zu den Baugebieten erweitert werden sollte. Der Bereich Riedstraße ist hierbei mit Sicherheit ein Schwerpunkt, aber auch die Anbindung des ehemaligen BayWa-Geländes in Richtung Norden wird Thema sein. Die Ergebnisse sollen im ersten Quartal 2021 präsentiert werden. Klar ist: Die Baustelle in der Riedstraße muss in diesem Jahr losgehen, die Tiefbauarbeiten werden demnächst ausgeschrieben. Es wird sicher keine einfache Baustelle, die mit vielen Einschränkungen verbunden sein wird.
In unmittelbarer Nachbarschaft zur Riedstraße befindet sich das Schulzentrum, für dessen Umbau und Sanierung derzeit eine europaweite Ausschreibung vorbereitet
wird. Was tut sich hier 2021?
Die Rahmenplanung für das Schulzentrum Herrschaftsbrühl ist für uns als Stadt enorm wichtig und wird mit Sicherheit eine der großen Baustellen in den kommenden Jahren sein. Ein erfahrener Fachplaner soll die bauliche Struktur untersuchen und prüfen, ob und durch welche grundrissverändernden Maßnahmen und Umstrukturierungen die nach dem Wegfall des Fürstenbaus im Jahr 2022 fehlenden Schulräume geschaffen werden können. In dem Zug sollen zugleich die notwendigen baulichen Sanierungen durchgeführt werden. In diesem Jahr werden wir überwiegend damit beschäftigt sein, die optimale Planung zu erarbeiten.
Einiges getan hat sich 2020 im Kindergartenbereich: In den Räumen der ehemaligen Kreisklinik wurde provisorisch eine Gruppe eingerichtet und der Gemeinderat sprach sich für zwei neue Gruppen in St. Walburga sowie einen neuen Naturkindergarten aus. Reichen diese Lösungen, um den Bedarf in den nächsten Jahren zu decken?
Alle Beteiligten wissen, dass man in dem Bereich nie fertig ist. In sieben oder acht Jahren muss wieder über weitere Angebote nachgedacht werden. Die Übergangslösung im ehemaligen Krankenhaus finde ich richtig gut, aber sie ist auf Herbst dieses Jahres begrenzt, da dann die neuen Gruppenräume in St. Walburga fertig sind.
Sie werden also kein Fürsprecher für den Erhalt des ehemaligen Klinikgebäudes?
Ich habe Verständnis dafür, dass für die älteren Mitbürger mit dem ehemaligen Klinikgebäude viele Erinnerungen verbunden sind. Aber was macht man mit einem Gebäude, das eine Klinikstruktur hat, die in die Jahre gekommen und stark sanierungsbedürftig ist?
Wenn der Landkreis als Eigentümer das Gebäude abreißen lässt, dürften Sie als Stadt ein Interesse an dieser Fläche haben.
Natürlich. Die Liegenschaft ist im Herzen der Stadt. Wenn das Bauvorhaben auf der Rottuminsel fertiggestellt ist und die Praxen aus dem einstigen Klinikgebäude ausziehen, will der Kreis dessen Nutzung beenden. In der Vergangenheit wurde schon diskutiert, das Areal künftig als Wohnbaufläche zu nutzen, insofern gibt es Interessensbekundungen. Definitive Beschlüsse, sei es zum Finanziellen oder zur Nutzung, gibt es noch nicht.
Wie zuversichtlich ist Ihr Ausblick auf 2021?
Ich hoffe, dass wir durch die Impfungen bis zum Sommer Schritt für Schritt zur Normalität gelangen. Wir planen deshalb optimistisch. Ich könnte mir vorstellen, dass lieb gewordene Veranstaltungen wie das Öchslefest oder der Weihnachtsmarkt wieder möglich sind. Wir lassen uns auf jeden Fall etwas einfallen.