Schwäbische Zeitung (Biberach)
So geht es den Menschen in Biberachs Partnerstädten
Der Verein Städte Partner Biberach erhält Nachrichten aus Valence, Asti, Guernsey und Tendring District
BIBERACH (sz) - Die Corona-Pandemie hat weltweite Auswirkungen, auch auf Biberachs Partnerstädte. Wie dort Weihnachten und Silvester gefeiert wurde, Hans-Bernd Sick, Vorsitzender des Vereins Städte Partner Biberach hat sich in Valence, Asti, Guernsey und Tendring District erkundigt.
Valence: In diesem Jahr hat es auch in Valence keine Feierlichkeiten gegeben, die „fête de Noël“musste also ausfallen, schreibt Romain Galati. Festlich dekoriert wurde die Stadt dennoch. Die Läden waren in der Vorweihnachtszeit, anders als in Biberach, geöffnet, aber Restaurants, Cafés und Bars blieben und bleiben weiterhin zu, ebenso wie Theater und Kinos. Viele Leute gingen einkaufen, um Weihnachten vorzubereiten. Weihnachtsfeiern waren erlaubt, aber nur mit bis sechs Personen. Der Lockdown endete zwar noch vor Weihnachten, aber auch in Valence gab es weiterhin eine Ausgangssperre zwischen 20 und 6 Uhr. „Ich habe Weihnachten im engen Kreis verbracht. Es war nicht so feierlich wie es normalerweise ist“, so Romain Galati. „Die Stimmung war nicht sehr positiv. Man konnte schon spüren, wie schwierig dieses Jahr war. Am Ende haben alle unter der Situation gelitten und es war schon etwas traurig.“
An Silvester war es in Valence streng verboten, Feste zu organisieren. Die Polizei kontrollierte das streng.
Asti: Weihnachten ist in Asti ruhig verlaufen, jeder Haushalt feierte für sich, Besuche waren nicht erlaubt. In Italien galten für die Weihnachtsfeiertage strikte Beschränkungen. Verwandtschaftsbesuche bei Geschwistern und Eltern wurden auf den vierten Advent vorgezogen. Damit die Unterhaltung trotzdem nicht fehlte, mussten die Menschen erfinderisch werden: das beliebte italienische Gesellschaftsspiel für die Feiertage, die „Tombola“, wurde am zweiten Weihnachtsfeiertag mit Schwester und Schwager online gespielt, berichtet Emanuela Bottero.
Auch Reisen ist derzeit nicht möglich, deshalb fiel der Aufenthalt im eigenen Ferienhaus aus. Das machte die Tage sehr ruhig, berichtet der Vorsitzende des Städtepartnerschaftskomitees Maurizio Mela. Er verbringt gewöhnlich die Feiertage an der ligurischen Küste in seinem Zweitwohnsitz. Silvia Binello, die zweite Vorsitzende des Komitees, hofft auf eine baldige Impfung, damit endlich wieder eine Art Normalität einkehrt und man sich wieder besuchen kann. Der Besuch auf dem Biberacher Christkindles-Markt und das damit verbundene Zusammensein in der Vorweihnachtszeit habe den Astigiani sehr gefehlt, dies wurde in den meisten Weihnachtsgrüßen aus Asti zum Ausdruck gebracht.
Maria Rosa Negro, die auch in Biberach bekannte Sängerin der Palmarosa Band und dem Duo Falsato, und ihr Ehemann Vincenzo „Piuma“Penna berichten von ruhigen Weihnachten. Die beiden hatten eine angenehme Zeit, die sie entspannt und mit viel Gelassenheit verbracht haben. Am Stephanstag kam Sohn Paolo mit Freundin Irene zu ihnen, gemeinsam verbrachten sie einen schönen Tag zusammen. Da sie außerhalb der Stadt im Grünen wohnen, konnten sie auch gemeinsam etwas spazieren gehen.
Aber es gibt ökonomische Probleme: Restaurants, Bars, und etliche Geschäfte haben geschlossen, andere haben nur teilweise geöffnet. Viele Menschen sind arbeitslos. In der kulturellen Welt ist alles still. Paolo arbeitet als Toningenieur. Kollegen von ihm sind seit Monaten ohne Arbeit. Zum Glück arbeitet Paolo bei Shows mit, die online gesendet werden. „Meiner Meinung nach wird diese Krise tiefe Spuren hinterlassen. Die Bevölkerung ist gespalten in diejenigen, die hoffen, dass alles so schnell wie möglich wieder wird wie vorher. Andere hoffen, dass diese Krise genutzt wird, um die eine oder andere Veränderung bewusst herbeizuführen. Viele hoffen auf den Impfstoff und hoffen auf ein rasches Ende der Krise. Aber ich befürchte, dass es ein paar Jahre dauern wird, bis das Problem gelöst ist. Denn neben dem Impfstoff braucht es auch eine wirksame Therapie für diejenigen, die trotz der Impfungen weiterhin an Covid-19 erkranken werden.“
Guernsey: Irene Harvey berichtet, dass so langsam der Alltag wiederkommt. „Wir haben viel Zeit auf der Insel Herm verbracht. Es war wunderschön dort, hätte ich selbst nicht geglaubt, wie stimulierend die Insel sogar im Winter bei Wind und Regen sein kann. Wir haben wunderschöne Wanderungen gemacht, die Pfützen nach so viel Regen waren eine gewisse Herausforderung.“Beim Heiligabend-Gottesdienst in der winzigen Kapelle haben sie und ihre Familie gemerkt, dass sie in guter Gesellschaft sind. Viele Bekannte, die sie schon lange nicht mehr gesehen hatten, hatten die gleiche Idee und verbrachten Weihnachten in Herm. So haben sie zum Beispiel den früheren Bailiff Geoffrey Rowland und seine Frau getroffen. Und bei der Rückfahrt am Hafen sahen sie, dass er einen Biberach-Aufkleber an seinem
Koffer hatte.
Während der Woche hat die Familie viel Zeit mit Gesellschaftsspielen verbracht. Die Essensversorgung war auch eine Herausforderung, da das einzige Geschäft im Winter keine große Auswahl hatte. So gab es an Heiligabend Bratwürste und Kartoffelsalat. Und für die Enkelkinder unter der Woche auch mal Kaiserschmarrn und Käsespätzle.
Irene Harvey freut sich schon auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen mit den Biberachern. Doch bevor es so weit ist, muss sie erst einmal nach London fahren und sich bei der Deutschen Botschaft einen neuen Pass besorgen. Nach zwei Wochen Quarantäne wäre dann eine Reise nach Deutschland wieder möglich.
Tendring District: Colin Knight berichtet: „Hier in Tendring verlief Weihnachten sehr ruhig. Wir sind jetzt in Stufe vier mit strengen Vorschriften. Die Kirchen konnten Gottesdienste mit strengen Regeln wie soziale Distanzierung und ohne Gemeindegesang abhalten. Aber jetzt sind sie geschlossen. Wir haben auch virtuelle Dienste online angeboten. Einige Familien trafen sich am Weihnachtstag mit nur zwei Haushalten. Jetzt dürfen wir uns überhaupt nicht im Haus oder im Garten treffen, außer Menschen, die alleine leben und möglicherweise eine Unterstützungsperson besuchen. Menschen dürfen das Gebiet nur aus beruflichen und medizinischen Gründen verlassen. Wir selbst haben Weihnachten zu Hause alleine gefeiert, mit einem kurzen Besuch unserer Tochter an der Tür, als sie zum Geburtstag meiner Frau ein paar Einkäufe und ein Geschenk überbrachte.“Viele Menschen würden trainieren, indem sie im Freien spazieren gehen, vor allem am Meer. Meist herrsche gute Stimmung: „Die Leute grüßen sich mehr als sonst, natürlich aus einiger Entfernung“, schreibt Knight. „Allerdings stehen die Beschäftigten
in Krankenhäusern und Schulen unter großem Druck. „Wir warten noch auf Entscheidungen, ob die Schulen in absehbarer Zeit geöffnet oder geschlossen werden sollen, daher sorgen wir uns um die jungen Menschen, ihre Ausbildung und ihre psychische Gesundheit. Erwachsene, die an psychischen Problemen leiden, sind gestresster und ängstlicher.“
Die Zahl der COVID-19-Fälle und Todesfälle in der Region steigt schneller: „In Tendring hatten wir letzte Woche mehr als 200 Fälle und zehn Todesfälle. Wir alle warten auf die Impfung. Viele Menschen über 80 wurden bereits geimpft, aber nicht in unserer Region. Wir selbst gehören zu dieser Kategorie und fragen uns, wann wir sie erhalten werden. Es gibt wieder Verwirrung.“
Krankenwagen aus der Region wurden für den Einsatz in London verlegt. Mit Konsequenzen: jemand in Tendring hatte einen Motorradunfall und erlitt dabei schwere Verletzungen. Ihm wurde ein Krankenwagen verweigert, und er musste sich auf den privaten Transport eines Freundes verlassen, da seine Familie diese Möglichkeit nicht hatte. Seine Operation wurde ebenfalls abgesagt und verschoben.
„Für 2021 freuen wir uns auf mehr Freiheit, mehr Gelegenheit, Menschen von Angesicht zu Angesicht zu treffen und möglicherweise ab April wieder reisen zu können. Wir hoffen, dass die geplanten Operationen im Krankenhaus so bald wie möglich durchgeführt werden. Wir hoffen, dass unsere Krankenhausangestellten den Stress überleben und die Menschen wieder normaler arbeiten können. Wir hoffen auch, dass die Freizeitaktivitäten für Jung und Alt wieder aufgenommen werden können und Gottesdienste und soziale Aktivitäten wie gewohnt stattfinden. Wir wünschen unseren Freunden in Deutschland dasselbe. Wir sitzen alle im selben Boot.“