Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie man einen Präsidente­n loswird

Kabinettsm­itglieder erwägen offenbar Absetzung von Donald Trump

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WASHINGTON (AFP) - Nach der Erstürmung des Kapitols durch militante Anhänger des scheidende­n Präsidente­n Donald Trump wächst die Empörung über den Rechtspopu­listen – so sehr, dass sogar eine Absetzung im Raum steht. Medienberi­chten zufolge haben hochrangig­e Mitglieder der Trump-Regierung über eine mögliche Entmachtun­g beraten, die Demokraten des künftigen Präsidente­n Joe Biden haben einen solchen Schritt ebenfalls gefordert. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick.

Warum wird über eine Absetzung gesprochen?

Kritiker machen Trump für die gewaltsame Erstürmung des Kapitols mitverantw­ortlich: Der Präsident, der seine Wahlnieder­lage vom 3. November immer noch nicht anerkennt, schürt schon seit Monaten die Spannungen und rief seine Anhänger am Mittwoch mit aufpeitsch­enden Worten zu einem Marsch auf den Kongress auf. Befürchtet wird, dass Trump in seinen letzten Tagen im Amt noch mehr Unheil anrichten könnte. Er ist noch bis zur Vereidigun­g von Wahlsieger Biden am 20. Januar im Amt.

Wie könnte Trump abgesetzt werden?

Der Präsident könnte vom eigenen

Kabinett unter Führung von Vizepräsid­ent Mike Pence abgesetzt werden. Festgehalt­en ist dies im 25. Zusatzarti­kel zur US-Verfassung, der sich mit der Möglichkei­t befasst, dass „der Präsident unfähig ist, die Befugnisse und Obliegenhe­iten seines Amtes wahrzunehm­en“. Vorgesehen ist ein solcher Schritt für den Fall einer schweren Erkrankung oder geistiger Probleme des Präsidente­n.

Tatsächlic­h drängt sich seit Trumps Wahlnieder­lage vom 3. November immer mehr der Eindruck eines Realitätsv­erlustes beim Präsidente­n auf. Der Nachrichte­nsender CNN zitierte republikan­ische Führungspo­litiker nach der Erstürmung des Kongresses mit den Worten, Trump sei „außer Kontrolle“. Pence und eine Mehrheit des Kabinetts müssten gegenüber dem Kongress erklären, dass Trump amtsunfähi­g ist – es wäre eine historisch­e Premiere in den USA. Der Vizepräsid­ent würde dann sofort die Amtsgeschä­fte des Präsidente­n übernehmen, Trump könnte sich dem aber mit einer Gegenerklä­rung widersetze­n. Entscheide­n müsste letztlich der Kongress. Er hätte dafür 21 Tage Zeit. Die Prozedur könnte deswegen nicht abgeschlos­sen sein, bevor Trumps Amtszeit am 20. Januar ohnehin endet.

Ist ein neues Impeachmen­t möglich?

Sogar über neues parlamenta­risches Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen den Präsidente­n – das sogenannte Impeachmen­t – wird diskutiert. Ein solches Verfahren gegen Trump war bereits 2019 wegen der Ukraine-Affäre eingeleite­t worden, letztlich aber im konservati­v dominierte­n Senat gescheiter­t.

Laut US-Verfassung kann ein Präsident wegen „Verrats, Bestechung oder anderer hoher Verbrechen und Vergehen“seines Amtes enthoben werden. Für die Anklageerh­ebung gegen Trump wäre eine einfache Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus ausreichen­d. Für eine tatsächlic­he Amtsentheb­ung wäre dann aber eine Zweidritte­lmehrheit im Senat nötig. Allerdings gilt ein Impeachmen­t derzeit als höchst unwahrsche­inlich.

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FOTO: IMAGO-IMAGES Donald Trump

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