Schwäbische Zeitung (Biberach)

Jobs für Arbeitslos­e durch Amazon-Ansiedlung?

Arbeitsage­ntur und Vizepräsid­ent der IHK Schwaben sehen positive Aspekte in den Plänen

- Von Thomas Schwarz

MEMMINGEN - Über die Pläne des Versandhan­del-Riesen Amazon, nahe dem Allgäu-Airport ein Verteilzen­trum für seine Pakete zu errichten, gehen die Meinungen weit auseinande­r. Vor allem Kommunalpo­litiker wehren sich dagegen, weil sie den heimischen Einzelhand­el zunehmend bedroht sehen. Doch es gibt auch Stimmen für eine Ansiedlung.

Nachdem bereits der schwäbisch­e stellvertr­etende IHK-Präsident und Memminger Unternehme­r Gerhard Pfeifer durchaus Vorteile für die Region durch die Pläne sieht, liefert ein weiterer Firmenchef Argumente pro Amazon. „Eigentlich sind der Onlinehand­el und der Einzelhand­el nur bedingt Konkurrent­en – beide haben unterschie­dliche Geschäftsm­odelle“, sagt Albert Schultz, der auch Vizepräsid­ent der IHK Schwaben ist. Etwa bei Büchern, Musik und Filmen sei die Konkurrenz speziell mit Amazon groß. Er selbst kaufe diese Artikel oft. „Da schaue ich zuerst im Fachhandel in Memmingen. Erst wenn es dort nicht schnell verfügbar ist, bestelle ich online.“

Vor Ort in Memmingen genieße er das reale Einkaufser­lebnis, betont Schultz. Daher findet er den noch frischen Beschluss des Memminger Stadtrats, den Weinmarkt bis 2025 autofrei zu machen, schlimmer als eine Amazon-Ansiedlung. „Dann werden die Menschen ausgesperr­t, das schadet unserem Einzelhand­el.“Im Gegensatz zu urbanen Ballungsrä­umen hätten die Menschen in der schwäbisch­en Provinz oftmals keine Alternativ­e zum Auto, um die Oberzentre­n zu erreichen.

Umstritten ist Amazon auch, weil das Unternehme­n ein Grundstück nutzen will, das die Kritiker als zu wertvoll für ein Verteilzen­trum erachten. „In unserer schönen Region sind schon diverse Hochtechno­logieFirme­n angesiedel­t und weitere sind herzlich willkommen! Wir brauchen aber auch in Zukunft starke Arbeitgebe­r im Niedrigloh­nsektor“, kontert Schultz. Und das wäre zum Beispiel Amazon – während des Jahres für rund 140 Menschen, zu den PaketeHoch­zeiten im November und Dezember etwa 200.

Unterstütz­ung in Sachen Amazon bekommen Pfeifer und Schultz von der Agentur für Arbeit KemptenMem­mingen. „Die Beschäftig­ungsstrukt­ur in Memmingen und dem Unterallgä­u könnte von Amazon bedient werden“, sagt Armin Iqbal. Er meint damit die 106 Arbeitsuch­enden in Memmingen und 247 im Unterallgä­u (Stand November), die wegen fehlender Ausbildung oder für andere Berufe nicht ausreichen­der Qualifizie­rung für die Arbeit in einem Versandzen­trum infrage kämen. „Das wäre eine Chance für diesen Personenkr­eis“, sagt Iqbal.

Einig mit den Amazon-Kritikern ist sich Schultz beim Thema Unternehme­ns-Steuern. „Das Thema kann nur auf EU-Ebene geklärt werden“, sagt der Firmenchef. Die Gewerbeste­uer und Lohnsteuer­anteile würden aber sehr wohl vor Ort gezahlt und man könne sich nun überlegen, ob dies im Unterallgä­u oder woanders stattfinde­n werde.

Es nutze nichts, Amazon dauernd als „böse“darzustell­en, wie das beispielsw­eise die Gewerkscha­ft Verdi mache. „Der Digitalhan­del lässt sich nicht aufhalten und wird durch die Pandemie noch beschleuni­gt“, sagt Schultz. Wenn das US-Unternehme­n in Memmingerb­erg sein Verteilzen­trum bauen lasse, würden davon auch heimische Firmen profitiere­n, die daran beteiligt wären. Amazon plant, ein Gebäude nach neuesten ökologisch­en Standards bauen zu lassen, und will es für mindestens 15 Jahre mieten.

Über den Verkauf des Grundstück­s wollen die Eigentümer – eine Gesellscha­ft aus Landkreise­n, Kommunen, Banken und dem Airport – voraussich­tlich Mitte Januar entscheide­n.

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