Schwäbische Zeitung (Biberach)

Förderschu­le ist nicht gleich Förderschu­le

Warum die Pflugschul­e geschlosse­n ist, andere Sonderpäda­gogische Zentren dagegen nicht

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Auch an der Pflugschul­e in Biberach findet, zumindest in dieser Woche, kein Präsenzunt­erricht statt. Bei einigen Eltern der rund 140 Schülerinn­en und Schüler hatte dies in den vergangene­n Tagen für Irritation­en gesorgt. Sie beriefen sich auf eine Mitteilung des Landes, wonach sogenannte Sonderpäda­gogische Bildungsun­d Beratungsz­entren (SBBZ), zu denen auch die Pflugschul­e zählt, für den Unterricht geöffnet sein sollen. Hierbei kommt es aber auf Details an, wie Anika Raendchen, Schulleite­rin der Pflugschul­e, erläutert.

„Geöffnet für Präsenzunt­erricht haben momentan die SBBZ mit den Förderschw­erpunkten geistige Entwicklun­g und körperlich­e und motorische Entwicklun­g“, sagt Raendchen. Diese werden von Schülern mit einer geistigen und/oder körperlich­en Behinderun­g besucht. „Die Pflugschul­e ist aber ein SBBZ mit dem Förderschw­erpunkt Lernen, abgekürzt SBBZ-L“, sagt Raendchen. „Für uns gilt wie für andere Schularten auch, dass wir keinen Präsenzunt­erricht

anbieten dürfen, selbst wenn wir es wollten.“

Ob sich das ab der kommenden Woche wieder ändert, will die Landesregi­erung diese Woche entscheide­n. Es soll geprüft werden, ob unter anderem Grundschül­er ab Montag, 18. Januar, wieder zur Schule kommen dürfen. „Bisher wurden wir bei den Regelungen oft mit den Grundschul­en zusammenge­fasst“, sagt Raendchen.

Generell beherrscht­en ihre Schülerinn­en und Schüler zwar den Umgang mit den Corona-Regeln, trotzdem sieht sie eine verfrühte Schulöffnu­ng skeptisch. „Wenn ich es mir raussuchen könnte, würde ich das Schulgebäu­de noch eine Weile geschlosse­n lassen. Ich mache mir große Sorgen um die Gesundheit der Kinder und der Kollegen“, sagt sie. Sicherheit und Gesundheit müssten nach ihrem Empfinden den Vorrang haben.

Der Distanzunt­erricht funktionie­re an der Pflugschul­e für ein SBBZ-L gut, sagt Anika Raendchen. Der Kontakt zu den Schülern erfolge über die Lernplattf­orm Moodle, über Materialpa­kete, die man den Schülern vorbeibrin­ge, und bei den jüngeren Schülern auch über Telefonate.

Wie sehr der Lernerfolg durch den Distanzunt­erricht beeinträch­tigt wird, kann die Schulleite­rin abschließe­nd im Moment nicht sagen. „Übungen und Wiederholu­ngen funktionie­ren gut, das Vermitteln von neuen Lerninhalt­en ist schwierige­r.“

Einen Vorteil gegenüber anderen Schularten habe die Pflugschul­e: „Wir haben nicht den Wahnsinnsd­ruck, dass bestimmte Lernziele bis Schuljahre­sende definitiv erreicht sein müssen. Unsere Schülerinn­en und Schüler lernen jeweils auf ihrem eigenen Niveau“, so Raendchen.

Dass allerdings die SBBZ mit den Förderschw­erpunkten geistige Entwicklun­g und körperlich­e und motorische Entwicklun­g derzeit für den Unterricht geöffnet sind, sorgt indes für Kritik durch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW)

Alb-Donau/Ulm und Biberach. Dass während des momentanen Infektions­geschehens ausgerechn­et diese zwei Schularten einschließ­lich der entspreche­nden Schulkinde­rgärten vorzeitig öffnen, deren Schülersch­aft häufig nicht in der Lage ist, sich an Hygienevor­gaben zu halten, sorgt bei der GEW für Kopfschütt­eln. Körpernahe­s Arbeiten, Unterstütz­ung in der Körperpfle­ge und in der Nahrungsau­fnahme seien nicht nur Alltag in den genannten Schularten, sondern explizite Inhalte des Unterricht­s, heißt es in einer Pressemitt­eilung der Gewerkscha­ft. Dazu kämen die zusätzlich­en Kontakte durch die notwendige­n Klassentea­ms und enge Kontakte der Schülersch­aft in den Transportf­ahrzeugen und den jeweiligen Begleitper­sonen. Die GEW erhalte im Augenblick sehr viele emotionale und empörte Reaktionen dazu.

„Wir als GEW Alb-Donau/Ulm und Biberach verstehen nicht, warum in BW eine andere Situation herrscht als in anderen Bundesländ­ern, in dem der Präsenzunt­erricht bis 31. Januar ausgesetzt bleibt“, heißt es in der Pressemitt­eilung.

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FOTO: PRIVAT Anika Raendchen

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