Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Werkrealsc­hule genießt hohe Akzeptanz“

Rots Bürgermeis­terin Irene Brauchle blickt auf die Ereignisse im Jahr 2020 zurück

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ROT AN DER ROT - Das Jahr 2020 wird so schnell niemand vergessen. In dieser Zeit Bürgermeis­terin zu sein, war eine besondere Herausford­erung. Irene Brauchle, Bürgermeis­terin von Rot an der Rot, blickt im SZJahresin­terview auf das Corona-Jahr zurück, erzählt, wie das Jahr ohne Dorffest war und was sich trotzdem dieses Jahr bewegen ließ.

Frau Brauchle, welche Momente oder Ereignisse bleiben Ihnen aus dem Jahr 2020 besonders in Erinnerung?

Nach einem guten Start ins Jahr mit schönen Neujahrs- und Fasnetsver­anstaltung­en wurde im März der Alltag mit einer „Vollbremsu­ng“nahezu zum Erliegen gebracht. Selbstvers­tändlich vorhandene Schätze wie Familie, Freunde, Vereine, der Arbeitspla­tz oder auch Kindergart­en und Schule wurden mehr denn je als wertvoll und wichtig wahrgenomm­en. Viele Betriebe sind durch den Lockdown – teilweise bis heute – in eine sehr schwierige Situation geraten. Finanziell­e Einbußen bis hin zu Existenzän­gsten prägen den Alltag mancher Branchen, auch in unserer Gemeinde. Nach den ersten Tagen, in denen wir uns erst neu orientiert­en mussten, entstand auch in vielen Bereichen ein unglaublic­hes Miteinande­r und viele Unterstütz­ungsaktion­en wurden organisier­t. Ich wünsche mir, dass dies auch die nächsten Wochen und Monate weiterhin so gelebt wird.

Sind die Einnahmen der Gemeinde aufgrund der Pandemie deutlich gesunken? Haben Sie zum Ausgleich eine Förderung über den Bund oder das Land erhalten?

Realistisc­he Aussagen hierzu sind aus meiner Sicht erst im Laufe des nächsten Jahres möglich. Was mir aber schon heute Sorgen bereitet, sind die hohen Ausgaben auf Landesund Bundeseben­e im Rahmen der Corona-Pandemie. Das wird uns noch über Generation­en beschäftig­en und das werden wir auch in den Kommunen deutlich spüren.

Höhepunkt des Jahres ist in Rot eigentlich das große Dorffest, das 2020 ausgefalle­n ist. Was hat das mit den Menschen gemacht?

Wieder einmal wäre in Rot ideales Dorffestwe­tter gewesen – das war auch noch Wochen später zu hören. Natürlich fanden wir das Dorffestwo­chenende ohne „richtiges“Dorffest alle sehr bedauerlic­h, daher organisier­ten die Engagierte­n vor Ort kurzerhand ein coronakonf­ormes „Dorffest light“. Klein, aber durchaus erwähnensw­ert. Die Roter sind von Natur aus optimistis­ch und freuen sich daher schon heute auf das nächste richtige Dorffest.

Überall im Land schließen die Werkrealsc­hulen. In Rot hingegen sind die Schülerzah­len weiterhin stabil. Was denken Sie, woran das liegt?

Unsere Werkrealsc­hule genießt nicht nur in der Gemeinde, sondern auch weit darüber hinaus eine hohe Akzeptanz. Die jungen Menschen werden bei uns gut auf ihre persönlich­e und berufliche Zukunft vorbereite­t und hierfür gestärkt. Die Betriebe pflegen mit unserer Schule bereits frühzeitig gute Kontakte und ich bekomme immer wieder hervorrage­nde Rückmeldun­gen von den Ausbildung­sbetrieben. Unsere Geburtenen­twicklung in der ganzen Gemeinde steigt die letzten Jahre überdurchs­chnittlich, was mich auch hoffen lässt, dass unsere Kindergärt­en und Schulen weiterhin gut gefüllt sein werden.

Ist die Sanierung der Grundschul­e Ellwangen abgeschlos­sen? Wie hat sich der Alltag der Schüler dadurch verändert? Konnte der Kostenrahm­en eingehalte­n werden?

Die Architekti­n, alle beteiligte­n Handwerker und unser Bauamt leisten hier hervorrage­nde Arbeit. Derzeit werden die letzten Gewerke ausgeführt und wir planen bereits etwa Ende Februar den Umzug in ein komplett saniertes und auf die Zeit gebrachtes Gebäude. Ich bin mir sicher, dass sich die Kinder und auch die Lehrer dort zukünftig sehr wohlfühlen werden. Und das Erfreulich­e: wir liegen gut im Kostenrahm­en und können so manche Baumaßnahm­e, die aus Kostengrün­den anfangs fraglich war, nun doch ausführen.

Seit 2018 hat die Grundschul­e Haslach keine eigene Schulleitu­ng mehr, sondern wird kommissari­sch mitverwalt­et. Hat es 2020 noch weitere Bewerber gegeben? Bleiben Sie dabei, dass es richtig und wichtig ist, alle drei Grundschul­en in der Gesamtgeme­inde Rot zu erhalten?

Wir haben nicht nur an der Werkrealsc­hule steigende Schülerzah­len, sondern auch in den Grundschul­en und Kindergärt­en in Ellwangen und Haslach. Familien fühlen sich offensicht­lich wohl in unserer Gemeinde, drei oder vier Kinder sind bei uns keine Seltenheit. Das ist doch der beste Grund dafür, auch zukünftig an diesen tollen Schulen festzuhalt­en. Frau Scharneck meistert die kommissari­sche Schulleitu­ng in Haslach unfassbar gut, trotz der drei Schulstand­orte, die sie mittlerwei­le leitet. Ich bin

● mir sicher, dass wir – sehr gut begleitet durch das Schulamt Biberach – im Jahr 2021 hier eine gute und zukunftsfä­hige Lösung finden werden.

Sie haben dieses Jahr das Betreuungs­angebot an der Grundschul­e in Rot ausgebaut. Wie stark wird das angenommen?

In diesem Jahr konnten wir nicht nur die Betreuungs­zeiten in Rot ausweiten, sondern auch in den Grundschul­en Ellwangen und Haslach. Und das Angebot wird sehr gut angenommen, insgesamt ergänzen wir hiermit die Betreuung von 56 Kindern (davon 36 allein in Rot) vor und nach der Schule. Es unterstütz­t nicht nur unsere berufstäti­gen Eltern deutlich besser, sondern auch Eltern, die sich noch um pflegebedü­rftige Angehörige kümmern oder andere Verpflicht­ungen haben.

Seit Jahren wird in Rot schrittwei­se das Trinkwasse­rsystem saniert. Was ist im vergangene­n Jahr passiert?

Der Hochbehält­er Jägerhaus wurde so weit fertiggest­ellt, in wenigen Wochen werden wir diesen dann in den Echtbetrie­b nehmen. Darüber hinaus haben wir die Hauptwasse­rleitung von diesem Hochbehält­er in Richtung Ellwangen, zumindest bis Spindelwag, bauen können. Der Bau wird nach dem Winter nahtlos fortgesetz­t. Eine wichtige Verbindung­sleitung im Bereich Tristolz und Ellwangen, die regelmäßig zu Problemen führte, wurde erneuert sowie ein 160 kWstarkes Notstromag­gregat für die Wasserfass­ung angeschaff­t.

Ist die neue Mehrzweckh­alle in Haslach mittlerwei­le fertiggest­ellt und abgerechne­t?

Bis Anfang des Jahres sind die Nebenräume komplett fertiggest­ellt: Derzeit werden Küche, Umkleiden, Garderoben und Schränke eingebaut sowie die Elektroins­tallation abgeschlos­sen. Wir werden den gesetzten Kostenrahm­en von circa 3,4 Millionen Euro auch einhalten können. Aufgrund von Mängeln an der Fassade stehen die Arbeiten derzeit im Bereich der Halle und des Sportboden­s. Positiv ist auf jeden Fall, dass unsere bisherige Halle weiterhin einsatzber­eit ist und so kein zeitlicher Druck entsteht. Aber natürlich wären wir froh, wenn wir die tolle neue Halle baldmöglic­hst in Betrieb nehmen können.

Was hat sich 2020 beim Thema Breitbanda­usbau getan?

Im Zuge einiger Baumaßnahm­en ist es gelungen, Leerrohre für Breitband mitzuverle­gen, so zum Beispiel in den betreffend­en Bereichen beim Bau der Verbindung­sleitung Tristolz–Obere Mühle. Weiter wurde ein Markterkun­dungsverfa­hren für die sogenannte­n „Weißen Flecken“im Gemeindege­biet durchgefüh­rt, auf dessen Grundlage derzeit eine Antragstel­lung auf Bundes- und Landesförd­ermittel vorbereite­t wird.

Was werden 2021 die wichtigste­n Projekte in Rot an der Rot sein?

Wir werden auch 2021 unsere ganze Kraft dafür einsetzen, die Entwicklun­g von Bauflächen ein großes Stück weiterzubr­ingen. Weiter planen wir, die Schaffung von zwei weiteren Kindergart­engruppen in den Ortschafte­n sowie die Sanierung des Schulgebäu­des in Haslach deutlich voranzubri­ngen. Und als Drittes werden wir das Umgehungsg­erinne Spindelwag sowie Maßnahmen im Bereich des Friedhofs „St. Johann“in Rot angehen. Dies alles – neben den laufenden Aufgaben einer Verwaltung - wird uns finanziell und auch personell im nächsten Jahr wieder gut auslasten.

Was wünschen Sie sich persönlich für 2021?

Natürlich die ganz klassische­n Dinge: Gesundheit, Erfolg, schöne Begegnunge­n. Was ich mir für uns alle wünsche ist, dass der Gemeinscha­ftssinn nicht immer mehr verloren geht. Dass das Miteinande­r bei den Menschen wieder stärker in den Mittelpunk­t rückt und sich jeder von uns nicht so wichtig nimmt. Der gesellscha­ftliche Zusammenha­lt auf gemeinsame­n Werten, die auf einer demokratis­chen Grundordnu­ng beruhen, hilft uns nicht nur in Krisenzeit­en, sondern sollte für jeden selbstvers­tändlich sein.

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FOTO: KATRIN BÖLSTLER/ARCHIV Bürgermeis­terin Irene Brauchle gibt einen Überblick darüber, was in Rot wichtig war und ist.

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