Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kalter Leberkäse landet vor Gericht
Vorwurf: Bäcker hat nicht auf Temperatur geachtet, Keime hätten sich bilden können – Im Clinch mit Kontrolleuren
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ULM - Weil ihm ein vom Landratsamt ausgestellter Bußgeldbescheid nicht geschmeckt hat, ist ein Bäcker aus dem Alb-Donau-Kreis vors Ulmer Amtsgericht gezogen. 250 Euro sollte er zahlen, weil sein Leberkäse, den er servierte, nicht die vorgeschriebene Temperatur hatte. Er bekam recht – zugleich bestätigte das Gericht: Das verkaufte Vesper hätte tatsächlich zu einer Gefahr für Kunden werden können.
Tatort: ein Bäckerei-Mobil, aus dem ein Bäcker in Gemeinden des Alb-Donau-Kreises seinen Kunden neben Wecken und Seelen auch dampfend-heißen Leberkäse serviert. Doch als Lebensmittelkontrolleure, die beim Landratsamt des Alb-DonauKreises angestellt sind, die Ware des Bäckerei-Mobils begutachteten, stellten sie fest: Der Leberkäse, der in einer Art Warmhalteofen auf seinen Abverkauf wartete, hat nicht die vorgeschriebene Temperatur. Die muss im Kern des saftigen Fleischstücks 65 Grad betragen. Die kontrollierte
Wurstware war jedoch kälter. Zweimal ertappten die Kontrolleure das Bäckerei-Mobil mit zu kaltem Leberkäse, zunächst im Februar 2019, dann noch einmal im Oktober des selben Jahres.
Die Ulmer Amtsrichterin gab der am Dienstag vor Gericht erschienenen Kontrolleurin recht. Wird Leberkäse nicht entsprechend der Vorschriften warm gehalten (der ordnungsgemäße Betrieb von VerkaufsMobilen wird in der DIN-Norm 10500 geregelt), dann könne das „gefährlich“sein. Es könnten sich Keime bilden, was der Gesundheit von LeberkäsFans schaden könnte.
Wie viele Portionen des besagten zu kalten Leberkäse an den Tagen der beiden Kontrollen tatsächlich verkauft wurden, blieb vor Gericht im Dunkeln. Dass die schwäbisch-bayerische Spezialität nicht mehr hätte verkauft werden dürfen, dem widersprach aber selbst der Bäcker vor Gericht nicht.
Zahlen wollte er das Bußgeld, das ihm erst nach der zweiten Kontrolle aufgebrummt worden war (beim ersten Mal hatten die Kontrolleure Gnade vor Recht ergehen lassen), trotzdem nicht. Seine Begründung: Nachdem die Kontrolleure im Februar die nicht ausreichende Kühlung moniert hatten, habe er seine Mitarbeiter intern deutlich angewiesen: „Lassed den Leberkäs’ dahoim.“Er sollte nicht mehr mitgenommen werden auf die Verkaufstouren in dem Bäckerei-Mobil. Warum dies trotzdem geschah, konnte der Bäcker nicht genau sagen. Womöglich hätten es seine Mitarbeiter nicht übers Herz gebracht, die zünftige und beliebte Zwischenmahlzeit den Kunden vorzuenthalten. Womöglich aber sei es auch nur ein Versehen gewesen. Wie auch immer: Er selbst wolle nicht für etwas gerade stehen, das er nicht versemmelt habe. Mehr als interne Anweisungen zu geben, könne er nicht. „Ich kann nicht überall sein.“
Die Richterin ließ durchblicken, dass sie dieser Argumentation folgen könne. Denn der im Bußgeldbescheid formulierte Kernvorwurf drehte sich gar nicht um die zu niedrige Kerntemperatur, sondern darum, ob der Bäcker
als Chef nach der ersten Kontrolle ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass zu kalter Leberkäse nicht noch einmal serviert wird im Bäckerei-Mobil. Und die Richterin war der Auffassung: Das hat er. Sie stellte das Verfahren wegen Geringfügigkeit ein. Hinzu kam, dass ihr eine Aussage vorlag, laut der einer der Mitarbeiter die Schuld des Malheurs auf sich nahm; er gab an, das vom Chef ausgesprochene Verkaufsverbot nicht weitergeleitet zu haben.
Gänzlich zufrieden zeigte sich die Mitarbeiterin des Landratsamts mit der Einstellung nicht. Ihrer Auffassung nach hätte der Bäcker nach dem ersten Warnschuss weitergehende Maßnahmen als lediglich eine mündliche Anweisung ergreifen müssen, um dem weiteren Leberkäs-Verkauf Einhalt zu gebieten.
Wie es überhaupt sein konnte, dass der transportierte Leberkäse zu kalt verkauft wurde? Das lag offenbar an einem nicht funktionierenden Zusammenspiel von Batterie und ThermoOfen in dem Verkaufs-Mobil, so der Bäcker.