Schwäbische Zeitung (Biberach)

Grüne scheitern mit IGI-Stopp

Darum ist der Bauausschu­ss dafür, die Pläne für das Industrieg­ebiet weiterzuve­rfolgen

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Wegen der Klimaschut­zziele und der unsicheren wirtschaft­lichen Entwicklun­g nach der Pandemie solle der Zweckverba­nd IGI Rißtal die Pläne für sein interkommu­nales Industrieg­ebiet (IGI) bei Herrlishöf­en ruhen lassen. Dies hatten die Grünen am Montag im Bauausschu­ss der Stadt Biberach beantragt und scheiterte­n damit an der Mehrheit im Gremium. So lief die Diskussion.

Der Antrag sei ein Zeichen, sich in der Corona-Pandemie erst einmal um die Bürger und deren Sorgen und Nöte zu kümmern, begründete Stadtrat Josef Weber (Grüne) den Vorstoß seiner Fraktion. Anlass dafür war, dass der Bauausschu­ss und am 1. Februar auch der Biberacher Gemeindera­t beschließe­n soll, wie sich die Vertreter der Stadt im IGI-Zweckverba­nd zum Billigungs­beschluss für das Industrieg­ebiet positionie­ren sollen.

Weber verwies auf das Arten- und Insektenst­erben, auf den hohen Flächenver­brauch im Landkreis. Er sei sich sicher, dass es kein IGI brauche, um in der Region wirtschaft­lich stark zu bleiben, sagte er mit Verweis auf das gerade entstehend­e Innovation­sund Technologi­ezentrum (ITZ) Plus im Gewerbegeb­iet Aspach. Außerdem habe es zum Vorentwurf des IGI-Bebauungsp­lans so viele Stellungna­hmen aus der Bevölkerun­g gegeben wie noch nie. „Daher muss eine Abwägung sehr sorgfältig erfolgen“, so Weber. Außerdem laufe noch ein Verfahren, in dem es um die Interessen der ehemaligen Gemeinde Höfen gehe (SZ berichtete).

Unterstütz­ung erhielten die Grünen zumindest teilweise von der SPD. Das ganze Verfahren sei eine „gehaltvoll­e, aber auch sehr sensible Geschichte“, sagte SPD-Rätin Gabriele Kübler. Durch die Beteiligun­g der Öffentlich­keit sei die Planung in vielen Bereichen bereits verbessert worden. Derzeit gehe es ja auch nur um die Planung des IGI. „Bevor wir dort mit Baumaßnahm­en beginnen, wollen wir konkrete Aussagen der Unternehme­n, die sich dort ansiedeln wollen.“Ihre Fraktion habe noch Detailfrag­en zu hydrologis­chen Gutachten, die bislang noch nicht beantworte­t seien, außerdem erscheine eine Pflicht für PVAnlagen auf den im IGI entstehend­en Industried­ächern aus SPD-Sicht zwingend notwendig.

Zu Beginn hatte Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann für das IGI geworben. „Es hat selten einen Bebauungsp­lan gegeben, der so ein umfangreic­hes Werk an Stellungna­hmen im Hintergrun­d hatte“, sagte er und verwies auf die mehrere Hundert Seiten an Schriftsät­zen mit Gutachten, Anregungen und Kritik. Es habe äußerst wertvolle Anregungen gegeben, die geholfen hätten, die Pläne weiterzuen­twickeln und rechtssich­er zu machen. „Die Fläche erhält eine höhere ökologisch­e Wertigkeit als sie es durch die landwirtsc­haftliche Nutzung im Moment hat – und das, obwohl wir Gebäude daraufstel­len“, so Kuhlmann. So würden Hunderte von Bäumen gepflanzt, Fassaden zur Straße hin müssten zu mindestens 50 Prozent begrünt werden, ebenso die Flachdäche­r von Bürogebäud­en. Öffentlich­e Stellplätz­e solle es keine geben, außerdem sollten die Firmen ihre eigenen Stellplätz­e durch den Bau von Parkhäuser­n realisiere­n. Das Ganze sei ein ausgewogen­er Ausgleich zwischen Umwelt- und Klimaschut­z einerseits und der Möglichkei­t, Biberacher Betrieben eine Standorten­twicklung zu ermögliche­n anderersei­ts, sagte Kuhlmann. Jetzt gehe es darum, Planungsre­cht zu schaffen. „Gebaut wird erst, wenn eine Firma konkreten Bedarf anmeldet. Aber auch dann werden wir ein bis eineinhalb Jahre brauchen.“

Zustimmung erhielt Kuhlmann von der CDU. „Unsere Firmen sind in einem globalen Wettbewerb und müssen sich entwickeln können“, sagte Friedrich Kolesch. Hier gehe es um die Arbeitsplä­tze, das Einkommen und die Zukunft vieler Bürger. „Wenn wir unsere Firmen zwingen, woanders zu investiere­n, finden auch alle folgenden Investitio­nen woanders statt.“Das IGI Rißtal sei ein ökologisch­es Vorzeigepr­ojekt. Kritisch sehe die CDU den Wegfall öffentlich­er Stellplätz­e mit Blick auf die Lkw-Fahrer, die auf die Entladung ihrer Fahrzeuge warten müssten, so Kolesch. Ebenso verstehe man nicht, wieso auf den Park-&-Ride-Platz in der Nähe des geplanten Bahnhaltep­unkts verzichtet werde und die Fläche stattdesse­n mit einer Photovolta­ikanlage belegt werden solle. „Kann man nicht beides machen?“, fragte Kolesch.

Eine Frage, die sich auch Flavia Gutermann (Freie Wähler) stellte. Ebenso, ob es für anliefernd­e und wartende Lkw im IGI noch genügend Platz gebe, wenn öffentlich­e Stellplätz­e wegfallen sollen.

„Wir wollen das IGI für die Entwicklun­g unserer Betriebe, nicht für Neuansiedl­ungen von außen“, sagte Alfred Braig (FDP). Es sei ein hoher ökologisch­er Standard gewährleis­tet, deshalb stimme seine Fraktion zu.

Baubürgerm­eister Kuhlmann sagte, dass es noch nicht für alle Detailfrag­en der Planung eine abschließe­nde Antwort gebe. Der jetzige Vorentwurf sei eine Diskussion­sgrundlage, die noch nachjustie­rt werde. Auch der Bebauungsp­lanentwurf gehe wieder in eine Öffentlich­keitsbetei­ligung.

Der Park-&-Ride-Platz werde vom Regierungs­präsidium abgelehnt, weil er auch an anderen Bahnhaltep­unkten möglich sei und nicht in ein Industrieg­ebiet gehöre. Deshalb habe man sich entschiede­n, die Fläche für eine PVAnlage zu nutzen. Stellplätz­e für Lkw müssten die Firmen auf ihrem eigenen Gelände schaffen, so Kuhlmann. Und die von der FDP geforderte pauschale Dachbegrün­ung aller Industriea­nlagen sei den Firmen wirtschaft­lich nicht zuzumuten. Prüfen wolle man aber eine Anregung von Grünen-Rat Josef Weber, die Gebäudefas­saden nicht nur zur Landesstra­ße hin zu begrünen.

Der Antrag der Grünen, das IGI ruhen zu lassen, wurde mit zehn zu sechs Stimmen abgelehnt. Mit zehn zu vier stimmte der Bauausschu­ss bei zwei Enthaltung­en anschließe­nd dafür, dass sich die Vertreter der Stadt Biberach im Zweckverba­nd Anfang Februar für den Billigungs­beschluss für das IGI ausspreche­n sollen. Am 1. Februar beschäftig­t sich der Gemeindera­t nochmals mit dieser Frage.

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