Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mittelbibe­racher Krippe gibt es seit 60 Jahren

Besucher können die Krippe noch bis 2. Februar anschauen – Diese Besonderhe­iten gibt es dabei zu entdecken

- Von Helmut Lange

MITTELBIBE­RACH - An 60 Weihnachts­festen ist die Krippe schon aufgestell­t worden. Und bald wird sie wieder für ein Jahr den Blicken der Kirchenbes­ucher entzogen sein. Doch bevor es so weit ist, haben Besucher bis 2. Februar, also bis Mariä Lichtmess, die Möglichkei­t, die Krippe in Ruhe in der katholisch­en Pfarrkirch­e St. Cornelius und Cyprian in Mittelbibe­rach anzuschaue­n. In der Region ist die Krippe vor allem für ihre Wachsfigur­en bekannt. Aber das ist nicht die einzige Besonderhe­it, die aufmerksam­e Betrachter an ihr entdecken können.

Bevor die Krippe steht, sind umfangreic­he Vorbereitu­ngen nötig. Insgesamt 600 Stufen müssen in der Weihnachts­zeit Karl Ehrle, Josef Ege und Michael Ditscheid auf- und absteigen, um die Krippenunt­ensilien von den verschiede­nen Aufbewahru­ngsplätzen in der Kirche zum Hochaltar zu bringen. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Mit großem Engagement positionie­rt Karl Ehrle die rund dreißig Figuren, darunter Ochs, Esel und Schafe und natürlich das Jesuskind mit der heiligen Maria und dem heiligen Josef, auf echtem Moos. Das Moos stammt von seinem eigenen Grundstück. Alles steht links vor dem Hochaltar, gut sichtbar für die Kirchenbes­ucher. Das Jesuskind in der

Krippe schaut dabei nicht zu seiner Mutter, also der heiligen Maria, hin, sondern zu seinem Vater, dem heiligen Josef. Das ist ein Hinweis auf das Josefsjahr, das der Papst für 2021 ausrief.

Aber welche Geschichte steckt hinter der Krippe? Vor 60 Jahren wurden die ersten Figuren vom damaligen Pfarrer Hermann Burkhardt aus Kellenried in der Kirche aufgestell­t. Ehrle erzählt, dass die Krippenfig­uren eine Besonderhe­it sind, und das nicht nur für Kenner. Die Köpfe sind nämlich aus Wachs, was eine natürliche­re Darstellun­g ermöglicht als Figuren aus Holz, Terrakotta oder Gips. Diese Modellierk­unst wurde von der Kellenried­er Schwester Johanna Baptista Alica Bruder (OSB) mit ihren Mitschwest­ern gekonnt umgesetzt, sodass die Krippenfig­uren in Mittelbibe­rach eine eigene Charakteri­stik auszeichne­t. „Ich habe“, berichtet Ehrle, „bei Schwester Johanna in Kellenried immer wieder Figuren für die Krippe gekauft. Ein Kind sagte sogar, dass zu wenig Schäflein in der Krippe sind, also habe ich aus Kellenried welche mitgebrach­t“. Das Kloster Kellenried befindet sich im Landkreis Ravensburg, in der Nähe von Weingarten. Es wurde von Benediktin­erinnen aus Kärnten gegründet.

Die bereits verstorben­e Klostersch­wester fertigte mit ihren Mitschwest­ern in Handarbeit für Familien

und für viele Kirchen Krippenfig­uren an. Diese wurden bis Amerika verkauft, für Afrika jedoch mussten alle Figuren eine schwarze Hautfarbe haben. Aber auch in der SanktHedwi­gs-Kathedrale in Berlin sind Wachsfigur­en wie jene in Mittelbibe­rach zu sehen.

Und eine weitere Besonderhe­it zeichnet die Krippe aus: Die Selige Schwester Ulrika Nisch aus Mittelbibe­rach ist Teil der Szenerie. Sie wird in ihrer Ordenstrac­ht aus der damaligen Zeit gezeigt. „Ulrika Nisch gehört zu Mittelbibe­rach und natürlich auch in unsere Krippe“, sagt Ehrle. „Außerdem läuft bereits der Heiligspre­chungsproz­ess, aber das wird noch dauern.“Ehrle verrät im Gespräch auch seine Pläne für die Zukunft: „Ich werde für das nächste Jahr versuchen, den heiligen Franz von Assisi als weiteren Besucher der Krippe zu besorgen. Denn der heilige Franziskus ist der erste, der eine Krippe dargestell­t hat, also der Erfinder der Krippe, deswegen gehört er quasi in die gute Gesellscha­ft der Krippe hinein.“

Auch die wächsernen Krippenfig­uren in Mittelbibe­rach befinden sich in besonderer Gesellscha­ft. Als Papst Franziskus die Neujahrsan­sprache in der Vatikanisc­hen Bibliothek hielt, sah man immer wieder groß im Bild das Jesuskind – ebenfalls gestaltet aus Wachs von einem italienisc­hen Künstler.

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