Schwäbische Zeitung (Biberach)

Personal für Ravensburg­er Impfzentru­m steht auf den letzten Drücker fest

Lange Ungewisshe­it bei Gewinnung des medizinisc­hen Personals – Ehinger Landratsam­t entschuldi­gt sich nach Datenweite­rgabe für die „Irritation­en“

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Nach Ungereimth­eiten im Bewerbungs­prozess für die Mitarbeit im Ravensburg­er Kreisimpfz­entrum ist die Personalge­winnung zunächst abgeschlos­sen: Die Einrichtun­g in der Oberschwab­enhalle ist in Betrieb gegangen. Mehr als 100 Stellen wurden dort jetzt besetzt, wie die Sprecherin des Landratsam­ts, Selina Nußbaumer, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte. Von den weit mehr als 250 Bewerbern hat so mancher aber bis heute nichts von offizielle­r Stelle gehört, was die Betroffene­n verärgert. Landrat Harald Sievers berichtet jedoch von Nachbesser­ungen und weist Kritik an seinem Haus zurück.

Inzwischen ist das Personal gefunden: Umgerechne­t 30,9 Vollzeitst­ellen sind mit Ärzten besetzt, 20,7 mit medizinisc­hen Fachkräfte­n und 65 mit administra­tivem Personal. Die Zahl der Personen auf diesen Stellen ist in allen Fällen höher, weil auch die

TRAUERANZE­IGEN 60-prozentige Anstellung ermöglicht wurde. Ausgelegt ist diese Personalde­cke auf die maximale Auslastung des Impfzentru­ms. Doch einige Bewerber sind verärgert, weil sie bis heute keine Rückmeldun­g von den Behörden erhalten haben, und keine Informatio­n darüber, ob sie als Mitarbeite­r gebraucht werden. Hinzu kommt eine mutmaßlich­e Datenpanne, die ebenfalls für Verwirrung und Ärger gesorgt hat.

Von allen, die sich für den nicht medizinisc­hen Bereich beworben haben, sollte jeder eine Rückmeldun­g vom Landratsam­t erhalten haben, sagte Sievers am Freitag. Da habe das Landratsam­t inzwischen nachgearbe­itet. Die Ravensburg­er Bewerberin Brigitte Eichhorn-Schmiedel bestätigt, dass sie am Dienstagab­end, also drei Tage vor Beginn des Betriebs im Kreisimpfz­entrum, eine erste E-Mail vom Landratsam­t erhalten habe, in der ihr für die Bewerbung gedankt wird. Darin heiße es auch, es handle sich nicht um eine Absage: „Es können sich in Zukunft Situatione­n ergeben, in denen wir sehr kurzfristi­g zusätzlich­es Personal benötigen. Sollte das der Fall sein, wird Sie das Kreisimpfz­entrum Ravensburg darüber informiere­n.“Ein anderer Bewerber hat allerdings auch bis Freitagmor­gen noch nichts von den Behörden gehört, wie er auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“sagte.

Die Unternehme­rin Lena Balk aus Amtzell hatte sich ebenfalls für den organisato­rischen Bereich beworben und erst nach mehrmalige­m Nachfragen im Landratsam­t Auskünfte bekommen. Balk sagt, die Behörde habe ihrer Ansicht nach nicht verstanden, dass man den Bewerbern das Gefühl geben müsse, ihr Engagement sei wichtig, wenn man ihre Hilfe wolle. Balk hätte gerne ehrenamtli­ch geholfen, das ist aber laut Landratsam­t aus Datenschut­z- und Sicherheit­sgründen nicht möglich.

Landrat Sievers sah vielmehr bei der Gewinnung medizinisc­hen Personals ein „Riesenprob­lem“: Das Sozialmini­sterium habe erst rund zehn Tage vor Betriebsbe­ginn der Kreisimpfz­entren ein Unternehme­n beauftragt, das Arbeitsver­träge für medizinisc­hes Personal abschließe­n sollte. „Bis dahin hingen alle auf der medizinisc­hen Schiene in der Luft“, sagt Sievers. „Und wir haben uns Sorgen gemacht, weil wir wissen mussten, ob das Kreisimpfz­entrum hier läuft.“Das Sozialmini­sterium war auch für die Terminverg­abe verantwort­lich, die am Dienstag für den Landkreis nur holprig startete (die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete). Doch mit offener Kritik am Ministeriu­m hält sich die Kreisverwa­ltung zurück.

Der stellvertr­etende Landrat, Andreas Honikel-Günther, sagte dazu am Freitag: „Wir befinden uns in einer Krise unbekannte­n Ausmaßes.“Es stimme, dass nicht alles rundlaufe und dass man sich auch im Landratsam­t über so manches geärgert habe in den vergangene­n Wochen. Er halte es aber für falsch, auf das Sozialmini­sterium „einzuprüge­ln“. „Dort wurde auch rund um die Uhr gearbeitet“, so Honikel-Günther.

Die erste Welle des Ärgers von Bewerbern für das Impfzentru­m im Landkreis Ravensburg war bereits ausgelöst worden, als sich am 5. Januar eine private Firma bei ihnen meldete, die eine Anstellung in den Impfzentre­n in Ehingen (Alb-DonauKreis), Illertisse­n oder Weißenhorn (beides Bayern) anbot. Einige Betroffene fragten sich, wie ihre Daten an die Firma gelangt waren, bei einigen weckte das sogar die Befürchtun­g, die Daten könnten von Kriminelle­n abgefangen worden sein.

Der Fall der Datenweite­rgabe hat sich insofern aufgeklärt, dass das Landratsam­t Alb-Donau-Kreis eingeräumt hat, eine Gesamtlist­e der Bewerber aus dem ganzen Regierungs­präsidium Tübingen an den von ihr beauftragt­en Generalunt­ernehmer weitergege­ben zu haben, ohne dass dies unbedingt nötig gewesen wäre. Die Firma schrieb dann fälschlich­erweise die Bewerber aus dem Landkreis Ravensburg an. Das Ehinger Landratsam­t entschuldi­gte sich für die „Irritation­en“und meldete den Fall dem Landesbeau­ftragten für Datenschut­z. Dessen Sprecher teilte nun zum weiteren Vorgehen mit: „Bei uns ist sehr zügig eine Datenpanne­nmeldung vom Landratsam­t Alb-DonauKreis eingegange­n. Wir prüfen den Sachverhal­t jetzt und sprechen dazu mit den Verantwort­lichen. Anschließe­nd werden wir den Sachverhal­t bewerten.“

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FOTO: KÄSTLE/DPA Das medizinisc­he Personal für das Ravensburg­er Impfzentru­m wurde erst auf den letzten Drücker vom Sozialmini­sterium angestellt, wie es aus dem Landratsam­t heißt.

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