Schwäbische Zeitung (Biberach)
Auf dem Weg zum Aufbaugymnasium
Mit mehr Zeit zum Abi: Studienkolleg St. Johann in Blönried will weitere Schulform anbieten
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AULENDORF - „Für manche Kinder brauchen wir mehr Zeit.“Mit dieser Erkenntnis hat sich das Studienkolleg St. Johann in Blönried auf die Suche nach dem flüchtigen Gut gemacht und ist fündig geworden: Das private Gymnasium in katholischer Trägerschaft will ein siebenjähriges Aufbaugymnasium einrichten – zusätzlich zum bestehenden G8. Neben Schülern und Schülerinnen, denen das Tempo im G8-Gymnasium zu schnell ist, soll die neue Schulform vor allem den Wechsel von einer Real- oder Gemeinschaftsschule auf ein Gymnasium erleichtern.
Derzeit ist es relativ leer auf dem Gelände der Schule, die laut ihres Internetauftritts pro Familie 49 Euro im Monat kostet, gegebenenfalls plus Mittagessen und freiwilliger Freizeitund Hausaufgabenbetreuung – ein Stipendienfonds soll sicherstellen,
Sonderveröffentlichung dass der Besuch der Schule nicht an den finanziellen Möglichkeiten der Eltern scheitert. Aktuell sind auch die 636 Schülerinnen und Schüler des Studienkollegs im Homeschooling – fast, 21 von ihnen sind im Zuge der Notbetreuung im Tagesheim und nehmen von dort aus am digitalen Unterricht teil. Bis auf das langsame Internet im ländlichen Raum kann Schulleiter Klaus Schneiderhan nicht klagen: Die technische Ausstattung ist da und der digitalisierte Fachunterricht per Video oder Lernplattform laufe. Und doch weiß natürlich auch der Schulleiter um den nicht fachlichen Bildungsanteil von Schule, der gerade der Pandemie zum Opfer fällt: Schule als Ort der Begegnung und der Wesensbildung – im Fall des Studienkollegs St. Johann orientiert an christlich-katholischen Werten.
Letztere liegen auch Schneiderhans Motivation zugrunde, das Studienkolleg
in seinem schulischen Profil weiterzuentwickeln. Er will auch Kindern eine entsprechende Bildung ermöglichen, für die das klassische G8 nicht passt. Schule, sagt er, werde immer anspruchsvoller. „Viele kommen damit klar. Aber eben nicht alle.“Schneiderhan berichtet von Schwierigkeiten, etwa mit der zweiten Fremdsprache. „Für manche Kinder“, sagt er, „brauchen wir mehr Zeit“. Mit dem Aufbaugymnasium
soll es die künftig geben.
Dabei richtet sich die neue Schulform vor allem an Schülerinnen und Schüler einer Real- oder Gemeinschaftsschule, die nach der 6. Klasse aufs Gymnasium wechseln wollen. Bislang stellte laut Schneiderhan dabei die zweite Fremdsprache – auf dem Gymnasium ab Klasse 6 Pflicht, auf der Realschule nicht – eine große Hürde dar. Das Aufbaugymnasium startet mit Klasse 7, führt erst in dieser Stufe die zweite Fremdsprache ein, und schließt nach sieben Schuljahren mit dem Abitur ab. Absolvierende des Aufbaugymnasiums verbringen damit neun Schuljahre an weiterführenden Schulen.
Noch ist die neue Schulform in Blönried allerdings Zukunftsmusik. Die Schule hat zwar bereits einen entsprechenden Antrag beim Regierungspräsidium Tübingen gestellt. Aber vor dem Schuljahr 2023/24 wird das Aufbaugymnasium in St. Johann
nicht starten. Die ersten Schüler könnten damit frühestens die jetzigen Viertklässler werden. Ob die neue Schulform sich auf die Schülerzahlen auswirkt, könne er noch nicht abschätzen, sagt der Schulleiter. Er gehe aber davon aus, dass die Schule dreizügig bleibe. Auch zusätzliche Lehrkräfte sind derzeit nicht angedacht.
Anders als etwa für berufliche Gymnasien brauchen die Gymnasiallehrer für das Aufbaugymnasium auch keine andere Lehrerlaubnis. Die Jahrgangsstufen – für die G8-ler Schuljahr elf und zwölf, für die Aufbaugymnasiasten zwölf und dreizehn – könnten gemeinsam unterrichtet werden. „Es wird Mehrarbeit für das Kollegium sein“, sagt Schneiderhan, aber die Lehrer zögen alle mit. Schließlich sei die Idee auch in der gemeinschaftlichen Diskussion darüber entstanden, wie die Schule sich weiterentwickeln kann.