Schwäbische Zeitung (Biberach)

Stimmen aus der Praxis

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omentan gibt es Ängste und Misstrauen gegenüber der Politik. Ein Auslöser war die Düngeveror­dnung. Die EU sagt, die Werte in Deutschlan­d zum Nitrat im Grundwasse­r sind zu schlecht. Schuld daran sind dann pauschal alle Bauern. Dabei reicht das Netz an Messstelle­n nicht aus. Uns macht man auch für einen zu hohen CO2-Ausstoß verantwort­lich, dabei binden wir auf den Feldern mehr CO2 als wir produziere­n.

Im Gegensatz zu anderen Gruppen wie NGOs haben wir verschlafe­n, den Mund aufzumache­n. Wir müssen erst lernen, mit Politikern und Medien umzugehen und uns zu behaupten. Ob wir eine schnelle Versöhnung in der Gesellscha­ft hinbekomme­n, bezweifle ich. Dafür müssten auch die NGOs abrüsten. Mit jeder Neuerung, die die Politik der Landwirtsc­haft verordnet hat, habe ich Geld auf dem Hof verloren. Ich wünsche mir von der Politik, dass sie nicht nur sagt, sie hilft uns, faire Lösungen zu finden, sondern das auch tut. Schon heute arbeite ich 60 bis 80 Stunden auf dem Hof. Ich möchte das nicht auf 120 Stunden ohne finanziell­en Ausgleich erhöhen.

Martin Kloos, Landwirt aus Ingoldinge­n

ns geht’s einfach saugut. Wir haben 1995 den

Hof auf Bioland umgestellt. Seit der BSE-Krise Anfang des Jahrtausen­ds reiten wir auf einer Welle. Am Anfang war man noch ein bisschen der Besondere, heute ist bio Mainstream. Dabei ist nicht alles automatisc­h perfekt, nur weil es bio ist.

Ich wünsche mir, dass die Verbrauche­r mitdenken. Wenn ein Kilo Schnitzel 4,99 kostet oder ein Sack Kartoffeln 99 Cent, dann muss eine Schweinere­i dahinterst­ecken. Wird nur auf den Preis geguckt, spezialisi­eren sich Bauern immer mehr. Das schadet der Vielfalt. Unsere Böden brauchen aber Vielfalt, so wie wir Menschen. Auf der einen Seite spezialisi­eren wir uns, auf der anderen Seite machen wir Blühstreif­en – das passt nicht zusammen. Wir sind ein vielfältig­er Hof und setzen stark auf Direktverm­arktung. Regionale Märkte sind gut. Aber dann muss man als Verbrauche­r auch mal akzeptiere­n, dass es ein Produkt gerade nicht gibt. Es liegt an uns allen, wie sich die Landwirtsc­haft entwickelt – nämlich daran, wie solidarisc­h wir uns verhalten.

Armin Bauschatz, Biolandwir­t aus Grüningen

andwirtsch­aft und Naturschut­z müssen mehr gemeinsam machen. Landwirte haben Flächen und Maschinen, Naturschüt­zer kennen oft die Ansprüche einzelner Arten. Ich habe die Erfahrung, dass man bei vielen Landwirten auf offene Ohren stößt.

Es wäre wichtig, dass zwischen den intensiv bewirtscha­fteten Feldern Brachfläch­en bleiben. Insekten, Kleinsäuge­r, Feldhasen brauchen sie nicht nur als Rückzugsra­um, sondern zum Teil auch zum Überwinter­n. Wir brauchen mehr artenreich­e Blühwiesen, möglichst an sonnigen Hängen. Wir müssen Strukturen in den Landschaft­en fördern, z.B. Hecken, Trockenhän­ge, Streuobstw­iesen. Die sind die Voraussetz­ung für eine artenreich­e Pflanzen- und Tierwelt. Naturschüt­zer allein können das nicht mehr ins Lot bringen, da müssen viele gesellscha­ftliche Gruppen mitmachen.

Die Aufgabe der Politik ist es, gute Rahmenbedi­ngungen zu schaffen. Naturschut­z muss sich für den Landwirt lohnen. Städte und Gemeinden ziehen seit einigen Jahren sehr gut mit. Es wäre schön, wenn sich auch Firmen stärker beteiligen.

Willi Mayer aus Meckenbeur­en, Vorsitzend­er der Nabu-Gruppe Ravensburg

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