Schwäbische Zeitung (Biberach)
Zwölf Bauherren gucken in die Röhre
OB ist verärgert über Vergabepraxis der ELR-Zuschüsse des Landes – Was die Stadt tun will
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BIBERACH - Nicht nur in Warthausen ist dieser Tage der Ärger groß, dass acht Projekte im Ort in diesem Jahr keine Zuschüsse aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum erhalten (SZ berichtete), auch im Biberacher Rathaus verschlechtert sich die Laune bei Oberbürgermeister und Baubürgermeister, wenn es um das Thema ELR geht. Gleich zwölf private Hausbesitzer in Stafflangen und Ringschnait erhalten hier nicht den erhofften Landeszuschuss. Kopfschütteln herrscht vor allem über den Grund der Ablehnung.
Vor wenigen Wochen erst hatte man im Biberacher Bauausschuss das ELR-Programm noch in den Himmel gelobt, weil dadurch in den vergangenen Jahren 23 private Projekte in Stafflangen und Ringschnait gefördert wurden, um die Ortskerne wieder zu beleben (SZ berichtete). Auf diesem Weg wolle man weiter voranschreiten, hatte Baubürgermeister Christian Kuhlmann verkündet. So sollen in den nächsten beiden Jahren auch Projekte in Rißegg und Mettenberg einen Zuschuss erhalten.
Ein Weg, der zunächst einmal jäh zu Ende ist, denn bei der jüngsten ELR-Zuschussvergabe fielen alle Projekte aus den Biberacher Teilorten Ringschnait und Stafflangen durch. In die Bewertung seien „reichlich befremdliche Argumente“eingeflossen, sagte Oberbürgermeister Norbert Zeidler diese Woche im Gemeinderat. Bei ihm sei eine „gewisse Verärgerung“da, es gebe Gesprächsbedarf mit dem Regierungspräsidium (RP) Tübingen und dem Biberacher Landratsamt.
Alle zwölf ELR-Anträge aus den Biberacher Teilorten Stafflangen und Ringschnait hätten nicht die erforderliche Priorität erhalten, erläuterte Baubürgermeister Kuhlmann. Mehr habe man zunächst offiziell nicht erfahren, weshalb die Stadt beim RP nachgehakt habe. Dort sei erklärt worden, dass diesmal die Förderung strukturschwacher Räume im Vordergrund gestanden habe. Eine ähnliche Antwort habe auch der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger erhalten, der wissen wollte, warum neben Biberach und Warthausen auch ELR-Anträge aus Ummendorf und Laupheim nicht erfolgreich waren, so Kuhlmann. Zusammengefasst: Weil die Stadt Biberach sehr finanzstark sei, seien die Anträge aus Stafflangen und Ringschnait nachrangig priorisiert worden, habe die Auskunft aus dem RP gelautet.
Dieses wiederum habe sich an eine Empfehlung des Koordinierungsausschusses auf Landkreisebene gehalten, der sich zuvor mit den ELRAnträgen aus dem Kreis Biberach befasst hatte, so Kuhlmann. „Das bedeutet, dass man sich offenbar schon auf Landkreisebene einig war, dass unter anderem die Biberacher Projekte nicht höher priorisiert werden sollen.“Somit sei klar gewesen, dass sie bei der Entscheidung im RP keine Aussicht auf Erfolg haben würden.
Das Regierungspräsidium (RP) Tübingen hatte der SZ dieses Vorgehen bereits im Bezug auf die Projekte in Warthausen bestätigt und auf den Landkreis verwiesen. Dort sei „die strukturelle Ausgangslage mit Bezug auf die Bedürftigkeit der Gemeinde und die strukturelle Bedeutung der beantragten Projekte“berücksichtigt worden, so Pressesprecherin Katrin Rochner. Zu den ausschlaggebenden Faktoren zählten unter anderem die Steuerkraftsumme, die Bevölkerungsentwicklung und die Einwohnerzahl pro Siedlungsfläche.
Im Biberacher Landratsamt spielt man den Ball wieder nach Tübingen
zurück. Federführend sei in der ganzen Angelegenheit das RP, das auch den Koordinierungsausschuss leite, teilt Landratsamtssprecherin Verena Miller auf Nachfrage der SZ mit.
Wer auch immer für die Priorisierung der Biberacher Projekte die Verantwortung trägt, erntet dafür im Rathaus nur Kopfschütteln. „Wir können das so nicht nachvollziehen“, sagte Baubürgermeister Kuhlmann im Gemeinderat. Denn Antragsteller sei ja nicht die finanzstarke Stadt Biberach, sondern private Bürger, die ihre Häuser ertüchtigen wollen. Er werde zusammen mit dem OB das Gespräch mit Landkreis und RP suchen, um nachzufragen, ob die Anträge für 2021 nicht neu priorisiert werden müssten, so Kuhlmann. „Wenn nicht, dann muss man für 2022 die Kriterien verändern. Wir werden politisch alle Hebel in Bewegung setzen, damit das läuft.“
Den Prozess für dieses Jahr nochmals umzukehren, hält der CDU-Abgeordnete Dörflinger für unmöglich. „Dann müsste man ja jemandem bereits zugesagte Zuschüsse wieder wegnehmen.“Gleichwohl hat auch er kein Verständnis dafür, dass die Finanzkraft der Kommune im Biberacher Fall das ausschlaggebende Kriterium war. „Es handelt sich um fünf private Wohnbauprojekte in Stafflangen und sieben in Ringschnait.“Gerade im Umkreis von Biberach sei es wichtig, mit solchen Projekten Wohnraum in den Ortskernen zu schaffen, um dadurch möglicherweise den Flächenverbrauch etwas zu reduzieren. „Da kann ich dem Bauherrn doch nicht sagen: Du wohnst in der falschen Gemeinde, deswegen bekommst du keinen Zuschuss.“Er hoffe, dass eine solche Vergabe „ein einmaliger Ausrutscher“bleibe, so Dörflinger.
Den Bauherren, die nun leer ausgehen, wird das vermutlich nichts mehr bringen, denn diese wollen ihre Projekte ja vorantreiben. Für einen erneuten Antrag im nächsten Jahr ist es dann möglicherweise zu spät. „Vielleicht werden im Frühjahr noch nachträglich Gelder verteilt, die nicht abgerufen werden“, sagt der Landtagsabgeordnete. Aber auf ELRZuschüsse gebe es grundsätzlich keinen Rechtsanspruch, und das Programm sei in diesem Jahr überzeichnet gewesen.