Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kochboxen aus der Not geboren
Wie sich ein Mittelbiberacher Koch neu erfinden musste – Und wie seine Idee ankommt
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MITTELBIBERACH - Aus der Not heraus hat sich der Mittelbiberacher Koch Simon Kaiser neu erfunden: Als Gegenentwurf zu Lieferdiensten wie „Hello Fresh“oder „Marley Spoon“setzt er in der Pandemie auf Kochboxen mit lokalen Zutaten. Die ersten Tage zeigen, wie groß die Nachfrage in der Region ist. Und Kaiser hat bereits eine Idee davon, wie es nach der Pandemie weitergehen soll.
Am Ende des vergangenen Jahres habe ihn schon die Angst erfasst, erzählt Kaiser. Um die Weihnachtstage herum und an Silvester hätten viele Stammkunden noch größere Portionen zum Mitnehmen bestellt. Doch er wusste, die Feiertage gehen vorbei. „Ich hatte Angst, was ab Januar passieren würde. Da war ein großes Fragezeichen“, erzählt der Inhaber des Restaurants „Esszimmer“. Er nutzte die Krise, tauschte sich mit Kollegen aus, las Kochbücher, spann neue Ideen.
Bereits im Frühjahr 2020 beim ersten Shutdown hatte er von einem befreundeten Jäger ein Wildschwein geschenkt bekommen. Kaiser machte daraus mehrere „Nose-to-Tail“Boxen, also verarbeitete das gesamte Tier von der Nase bis zum Schwanz. Die Pakete waren rasch ausverkauft.
Zwischen den Jahren erinnerte sich Kaiser an diese Aktion. Die Mitarbeiterin Janina Warth, die zugleich Grafikdesignerin ist, habe ihn schließlich motiviert, eine neue Essensbox zu entwerfen. Schnell war Kaiser überzeugt. Seine Idee: Eine Box, in der das Essen soweit wie möglich vorgekocht ist, Zutaten vakuumiert, Saucen in Gläser verpackt, und das ganze in einer gekühlten Box, „möglichst ökologisch“.
Andere Kochboxen-Lieferanten kannte Kaiser vom Namen, ausprobiert hatte er sie noch nie. „Dieses Thema findet seit der Corona-Pandemie allgemein aber immer mehr Anklang“, erzählt er. Als die Idee geboren war, machte sich Kaiser selbst an die Arbeit. In vier Wochen schuf er den Onlineshop auf der Homepage des Restaurants. Janina Warth entwarf das Design,
Am vergangenen Samstag ging das Angebot online. Die Nachfrage hat Kaisers Erwartungen weit übertroffen. Bereits nach wenigen Tagen waren die Boxen ausverkauft. 60 Stück hat er in kurzer Zeit verkauft. Jetzt arbeitet er daran, dass der Shop ab Montag wieder neue Boxen anbieten kann. Selbst aus Hamburg, München, Freiburg und Konstanz kamen Bestellungen.
Da gerät das ökologische Konzept an seine Grenzen, Kaiser aber betont auch, dass rund zwei Drittel der Boxen gar nicht verschickt, sondern direkt von den Gästen am Lokal abgeholt würden. Die Box sei zudem bewusst mit hochwertigen Biozutaten bestückt. Dafür müssen Käufer allerdings auch einen deutlich höheren Preis zahlen als für die Essensboxen bekannter Lieferanten.
Kaiser legt Wert darauf, dass die Gerichte einfach in der Zubereitung sind. Die Boxen bietet er in der vegetarischen Variante mit diversen Gerichten aus der Kartoffel und als Fleischbox mit Stücken eines Kalbs aus artgerechter Biotierhaltung an.
In den vergangenen Tagen, erzählt Kaiser, sei wieder neue Begeisterung in die Küche eingekehrt. „Ich fühle mich so ein bisschen wie bei einem Start-up, Da brennt nun jeder dafür.“Kaiser konnte Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen. Entlassen habe er ohnehin niemanden. „Wir sind so ein tolles Team, da wollte ich nach der Krise nicht wieder bei Null anfangen.“
Die Not habe sie gemeinsam gezwungen, erfinderisch zu werden. Doch wie es nach der Krise weitergeht, weiß Kaiser noch nicht. Er habe die Befürchtung, dass die Nachfrage für die Kochboxen nachlasse. Allerdings freue er sich auch darauf, „hoffentlich bald wieder“Gäste im Restaurant begrüßen zu dürfen.
Und vielleicht bleiben die Kochboxen ja dennoch erhalten. Kaiser möchte die Boxen mit den vollständig verarbeiteten Tieren dann vielleicht direkt im Restaurant anbieten. Die Krise hätte dann am Ende auch etwas Gutes gebracht: „Es bleibt wohl eher eine Notlösung, aber der Shop wäre schließlich nie entstanden, wenn das Restaurant geöffnet gehabt hätte.“
Die Kochboxen verkauft Simon Kaiser über die Restaurantseite www.restaurantesszimmer.de