Schwäbische Zeitung (Biberach)

Tonnenweis­e Bonbons stehen auf Paletten

Ausfallend­e Fasnet betrifft einige Branchen, vor allem den Süßwarenhe­rsteller Sigi Krauß

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - Die Corona-Pandemie macht sein Geschäft kaputt: Für den Bad Saulgauer Süßwarenhe­rsteller Sigi Krauß war das Jahr 2020 „eine Katastroph­e“. 2021 geht es gerade so weiter. Dass die Fasnet wegen des Lockdowns ausfällt, „ist für uns fatal“, sagt der 57-Jährige über seinen Familienbe­trieb an der Moosheimer Straße. Die Fasnet macht etwa ein Viertel seines jährlichen Gesamtumsa­tzes aus.

Der Ausfall der Fasnet zieht nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft wirtschaft­liche Schäden in Höhe von mindestens 1,5 Milliarden Euro nach sich. Auch in Bad Saulgau gibt es etliche Branchen, die auf die Umsätze an den närrischen Tagen verzichten müssen: Brauereien, Gastronomi­e, Busunterne­hmen, Veranstalt­ungstechni­ker, Einzelhänd­ler, die Kostüme verkaufen, der lokale Metzger und der Bäcker vor Ort. „An der Fasnet verkaufe ich normalerwe­ise viele Berliner“, sagt Bad Saulgaus Bäcker Jürgen Heim. Dieses Jahr sind die Bestellung­en übersichtl­ich. „Aber die Umsatzeinb­ußen sind zum Aushalten“, sagt Heim, der mit Sorgen ein Sterben von kleinen Filialen in den Großstädte­n verfolgt.

Sigi Krauß hingegen ist in seiner Existenz bedroht, nicht nur weil dieses Jahr die Fasnet ausfällt. Seine Misere begann bereits im Jahr 2020, in dem er einen Umsatzverl­ust von 75 Prozent zu beklagen hat. „Ich beliefere Jahrmärkte und Volksfeste mit gebrannten Mandeln und Popcorn, die aber alle nicht stattgefun­den haben“, sagt Krauß. Seinen eigenen Stand beim Bächtlefes­t musste er auch nicht aufbauen, die vielen Weihnachts­märkte entfielen ebenfalls als sichere Einnahmequ­elle.

Und jetzt muss Krauß auch noch an der Fasnet auf den fest eingeplant­en Umsatz verzichten. Für die Schülerbef­reiung in den Kindergärt­en und Schulen kauft die Dorauszunf­t Süßigkeite­n von Sigi Krauß, einem seit Jahrzehnte­n zuverlässi­gen Partner.

Immerhin nimmt ihm die Dorauszunf­t auch dieses Jahr 1200 Tüten mit Süßigkeite­n für Kindergärt­en und Schulen ab, die ab Dienstag coronakonf­orm verteilt werden. „Aber auch andere Zünfte aus der Region bestellen die Ware bei mir“, sagt Krauß. Am meisten Geld an der Fasnet – etwa 80 Prozent – lassen allerdings die Karnevalis­ten aus dem Rheinland bei Sigi Krauß liegen. Seit 15 Jahren beliefert er sie mit etwa 150 Tonnen Kamelle. „Das sind zahlreiche Lastwagen, die vom Hof fahren“, ergänzt Krauß. Dazu kommt noch im Anschluss die Schweizer Fasnacht in Basel und Zürich. „Mir bricht der Fasnetsums­atz fast komplett weg. Es ist einfach nur traurig.“

Nach dem Fasnetsend­e 2020 hatte der Unternehme­r bereits die Ware für 2021 bestellt. „Da konnte ich noch nicht ahnen, dass die Fasnet dieses Jahr ausfällt“, so Krauß. Und so stapeln sich die schweren Kartons mit einer speziellen Bonbonmisc­hung und Gummibärch­en auf den Paletten in seinem Lager, das normalerwe­ise kurz vor der Fasnet leer ist. Mehr als 85 Tonnen Bonbons sind verpackt und für die Abholung bereit. „Mir fehlen aber die Abnehmer“, sagt Krauß, der noch nicht weiß, was er mit den vielen Bonbons machen soll. „Ich hoffe, dass ich die Ware nächstes Jahr verkaufen kann.“Die meisten Bonbons seien auch die nächsten zwölf Monate haltbar. „Ich muss sie dann aber zu einem deutlich günstigere­n Preis verkaufen.“

Wirtschaft­lich hat die CoronaPand­emie den Süßwarenhe­rsteller hart getroffen. Hilfe sei ihm versproche­n worden. „Bis jetzt ist noch kein Geld bei mir angekommen“, sagt Krauß, der sich von der Politik im Stich gelassen fühlt. „Die Verspreche­n wurden nicht eingehalte­n.“Eigentlich wollte er sich die kommenden Jahre allmählich aus dem Geschäft zurückzieh­en und es an seine Kinder übergeben. „Aber die Pandemie macht meine Altersvors­orge kaputt“, ergänzt Sigi Krauß, der nun hofft, dass er im nächsten Jahr sein Lager geräumt bekommt.

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