Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Kern-Tradition“bewahren
Zur Berichterstattung über den Konflikt um die Intendanz der Biberacher Filmfestspiele:
Als relativ unbeteiligter Bürger interessiert es mich halt, wie meine Steuergelder eingesetzt werden. In diesem Fall hat die Stadt damals mit einer nicht unerheblichen Summe zur Ertüchtigung bzw. zum Erhalt des Veranstaltungsorts beigetragen. Zur Wahrung städtischer Interessen ist deshalb auch der jeweilige Oberbürgermeister Mitglied des Vorstandes. Den anderen Teil, der hier maßgeblichst zur Erhaltung der Veranstaltung beiträgt, bringen die Eheleute Kutter/ Reichert ein – nämlich den ideellen Teil, der das Festival begründete, aufrecht erhielt und der sicherlich seinen Fortbestand sichert.
Dieser Sachverhalt wird nicht zuletzt durch eine Unterschriftenliste bekanntester Größen der Filmbranche untermauert, und, sollten sich die Eheleute Kutter/Reichert zurückziehen, hat die Stadt (im Zeitalter von Streaming) alsbald in ihrer Mitte gerade mal ein Kino wie halt viele andere Städte auch. Und nichts anderes mehr.
Aus Bürgersicht dürfte da die Richtung ganz klar vorgegeben sein. Unser Geld steckt da drin, wir mögen es und
● sind zufrieden und wir wollen, dass es in bewährter Weise weitergeht. Es ist nicht erforderlich, dass experimentiert wird – und das sichern und erhalten uns die Eheleute Kutter/Reichert mit ihren sehr guten Beziehungen zur Filmbranche. Sie wären schlecht beraten, würden sie ihre Niederschriften mit Kontakten aus der Hand geben. Größen von Film und -branche würden alsbald abriegeln, wenn alle paar Jahre aus dem Blauen heraus ein neuer Unbekannter anruft, nur weil er kraft Amtes gerade besagtes Büchlein mit Kontakten in der Hand hat.
Und auch auf die Gefahr hin, dass diese Filmfestspiele von irgendjemandem als „altbacken“dargestellt werden – viele Spitzenleute des deutschen Films mögen den Charme und diese heimelige Atmosphäre und kommen nicht zuletzt gerade deshalb gerne nach Biberach. Wie beim Schützenfest sollte uns das Wahren der „Kern-Tradition“stets dabei helfen, dass etwas nicht unnötigerweise Geschichte wird. Schlussendlich sind also Intendanz und Veranstaltungsort die beiden tragenden Säulen dieser Veranstaltung - und alles andere ist auswechselbar.
Peter Rieger, Biberach