Schwäbische Zeitung (Biberach)

Draghi und sein Kabinett der „liebsten Feinde“

Italiens neue Einheitsre­gierung leistet Amtseid – Die Aufgaben sind groß und die Zeit drängt

- Von Petra Kaminsky

ROM (dpa) - In Italien haben der neue Regierungs­chef Mario Draghi und sein parteiüber­greifendes Einheitska­binett ihre Arbeit für einen Neustart des von Corona geschwächt­en Landes aufgenomme­n. Welchen Kurs der frühere Zentralban­kchef genau steuern will, dazu schwieg er sich bis Sonntag in der Öffentlich­keit aus. Nach Medienberi­chten forderte der 73-Jährige beim ersten Kabinettst­reffen kurz nach dem Amtseid am Samstag das Ende alter Rivalitäte­n. Die Zeitung „La Repubblica“sieht um Draghi eine Einsatztru­ppe der „liebsten Feinde“versammelt.

„Unsere Regierung wird eine des Umweltschu­tzes sein“, zitierten Zeitungen am Sonntag den früheren Chef der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) aus dem Treffen mit den 23 Ministern und Ministerin­nen im Palazzo Chigi, seinem Amtssitz. Trotz der dürren Informatio­nen machten Beobachter den Öko-Hinweis als Signal an die EU aus. Brüssel hatte im Gegenzug für milliarden­schwere Corona-Hilfen mehr „grünen“Wandel von den Mitglieder­n gefordert.

Ähnliches gilt für mehrere Namen von Draghis Kabinettsl­iste – wie Daniele Franco, Ex-Manager der Banca d’Italia, als Finanzmini­ster. Franco wird in Rom als Garant gesehen, dass Brüssel sich auf einen sinnvoll gesteuerte­n Umgang mit EUHilfszah­lungen verlassen kann.

Die Regierung des parteiunab­hängigen Ökonomen Draghi stützt sich einerseits auf die Parteien der alten Mitte-Links-Regierung des gescheiter­ten Premiers Giuseppe Conte. Die meisten Posten gingen dabei an die populistis­che Fünf-Sterne-Bewegung. Zudem sitzen große Teile der konservati­v-rechten Opposition am Tisch. Hinzu kommen acht Experten aus Wirtschaft, Justiz und Wissenscha­ft. Die meisten von ihnen gelten als Vertraute Draghis oder des Staatschef­s Sergio Mattarella.

In der breiten Basis liegt Draghis Chance. Sie ist zugleich eine von mindestens fünf großen Herausford­erungen, die viele Medien ausgemacht haben: Der innere Zusammenha­lt seines Teams gilt seit Bekanntgab­e der Namen als Knackpunkt. Weitere zentrale Baustellen sind: das Sichern der rund 209 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufb­aufonds, eine beschleuni­gte Corona-Impfkampag­ne, der Kampf gegen die Wirtschaft­skrise und der gegen die drohende soziale Misere.

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FOTO: FILIPPO ATTILI/DPA Der neue Regierungs­chef von Italien: Mario Draghi.

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