Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mit dem Kochlöffel gegen Corona
Küchenchef aus Oberopfingen bietet spezielle Schlemmer-Boxen an
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OBEROPFINGEN - Für Alexander Ruhland und sein Team sollte 2020 ein besonderes Jahr werden – und das wurde es auch. Allerdings auf eine vollkommen andere Weise, als es sich der Chef des Landgasthofs Löwen in Oberopfingen vorgestellt hatte. Die Fassade des Restaurants und Hotels war frisch renoviert, die Sanierung eines weiteren Gastraums fertig und die Eröffnung einer Kochschule mit eigener Küche geplant – doch dann kam Corona und mit dem Virus im März der erste Lockdown.
„Wir wussten nicht, wie uns geschieht“, beschreibt der 37-jährige Küchenchef die damalige Situation: „Wir haben es einfach nicht glauben können, dass wir schließen mussten.“Das sei psychisch sehr belastend gewesen. Gleichzeitig habe man immer gehofft, bald wieder öffnen zu dürfen. Doch daraus wurde nichts. Erst Ende Mai konnten die Restaurants unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften wieder Gäste in begrenzter Zahl bewirten. Dennoch waren die finanziellen Einbußen weiterhin groß. „Wir hatten ja auch viel weniger Hotelgäste als sonst“, sagt Ruhlands Lebensgefährtin Simone Striegel, die für den Service-Bereich des Gasthofs verantwortlich ist: „Es gab ja kaum noch Geschäftsreisende. Zudem blieben viele Stammgäste, die jedes Jahr auf dem Weg in den Urlaub bei uns einen Zwischenstopp mit Übernachtung einlegten, in diesem Sommer aus.“
Im Herbst dann ein weiterer Rückschlag: Die zweite Coronawelle sorgte im November für die nächste Zwangsschließung. Ruhland hatte sich schon im ersten Lockdown nicht damit anfreunden können, warmes Essen in Kunststoffschalen zum Mitnehmen anzubieten. Das hätte auch nicht zur Küchenphilosophie des mehrfach ausgezeichneten Kochs und zu den Erwartungen seiner Gäste gepasst. So findet man den Oberopfinger Löwen zum Beispiel in den Restaurantführern Gault-Millau (13 Punkte) und Guide Michelin (Bib Gourmand-Auszeichnung). Seine Ausbildung hat Ruhland bei Sternekoch Christian Henze 2003 mit Auszeichnung abgeschlossen und danach Erfahrung bei namhaften Köchen wie Hans Haas im Tantris in München und Vincent Klink in der Wielandshöhe in Stuttgart gesammelt. 2011 übernahm er den Löwen von seinen Eltern und führt den Betrieb nun in vierter Generation.
„Wir wollten aber unbedingt auch im Lockdown unseren Gästen etwas für zu Hause anbieten“, erzählt der Küchenchef. So entwickelten er und sein Team die „LöwenBox“. Dabei werden die Komponenten eines Drei- bis Fünf-Gänge-Menüs so weit vorgegart und einzeln verpackt, dass man sie nur noch entsprechend erwärmen beziehungsweise fertiggaren muss. Eine verständliche und exakte Kochanleitung liegt jeder Box bei. Zudem findet man online kurze Videos, die zeigen, wie die einzelnen Gänge auf dem Teller angerichtet werden. Auf diese Weise möchte der Küchenchef erreichen, dass seine Kunden die Produkte am eigenen Herd in gleicher Qualität wie in seinem Restaurant zubereiten können. Jedes Wochenende und an Feiertagen gibt es eine neu kreierte Schlemmerbox.
Das sei zwar eine Menge Arbeit und finanziell kein großer Wurf, dennoch lohne sich der Aufwand, sagt Ruhland. Und zwar in mehrerlei Hinsicht: So hätten er und sein Team weiterhin eine regelmäßige Aufgabe und könnten kreativ sein. Wobei die gesamte Löwen-Mannschaft in der Küche zum Einsatz kommt. Neben Koch Markus Hock und Hotelfachfrau Simone Striegel gehören zum fest angestellten Löwen-Team die beiden Auszubildenden Selma Tunc (Hotelfachfrau) und Ole Wagner (Koch). „Das Boxen-Kochen macht allen großen Spaß“, sagt Ruhland. Und jeder lerne etwas dazu – auch der Chef. Schließlich sei jede neue Box eine Herausforderung, da man ja keine Erfahrung darin habe, welche Speisen sich für diese spezielle Art der Zubereitung am besten eignen. „Man traut sich bei jeder Box aber etwas mehr zu“, sagt der Küchenchef. Und den Gästen schmecke es. Dies würden die vielen positiven Rückmeldungen zeigen. „Das motiviert uns alle enorm“, unterstreicht Ruhland mit einem Lächeln.
Mit Blick nach vorn ist der 37-Jährige davon überzeugt, dass man den Lockdown jetzt nicht zu früh lockern sollte – auch wenn er ein Ende natürlich herbeisehne. Schließlich würde sich die finanzielle Situation täglich verschlechtern. „Aber was bringt uns ein verfrühtes Öffnen, wenn wir in ein paar Wochen wieder zusperren müssen, weil die Zahl der Infizierten erneut ansteigt.“Das würde den Gastronomen am Ende nur noch mehr schaden – zumal er und etliche seiner Kollegen von den versprochenen finanziellen, staatlichen Hilfen noch nicht viel gesehen hätten.