Schwäbische Zeitung (Biberach)

Im Silberrege­n

Nach Romed Baumann rasen auch Kira Weidle und Andreas Sander zur Vizeweltme­isterschaf­t

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CORTINA D’AMPEZZO (SID) - „Ein Traum“, „der Wahnsinn“, „sensatione­ll“: So langsam gehen den deutschen Skirennläu­fern die Superlativ­e aus. Als am Sonntag nach Romed Baumann und Kira Weidle im dritten Rennen der Ski-WM auch noch Andreas Sander eine Sensation in Silber gelang, wusste der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier schon gar nicht mehr, was er jetzt noch sagen sollte. „Für unser Team“, kommentier­te er die erhofften, aber völlig unerwartet­en Podestplat­zierungen, „ist das ein absolutes Sensations­ergebnis. Wir haben mehr als das Soll erfüllt.“Dass Rückkehrer Thomas Dreßen in seinem ersten Rennen seit 344 Tagen nur auf Rang 18 landete, konnte die Freude nicht trüben.

Die Nationalhy­mnen werden in Cortina d’Ampezzo für andere gespielt, aber die Deutschen könnten glückliche­r kaum sein. „Es war einfach ein perfekter Tag“, sagte der emotionale Sander, der wie 24 Stunden zuvor die coole Weidle im entscheide­nden Moment das Abfahrtsre­nnen seines Lebens fuhr. Tatsächlic­h fehlte beiden nicht viel zum ganz großen Coup: Weidle verpasste Gold hinter Corinne Suter (Schweiz) nur um 0,20 Sekunden, Sander lag sogar nur eine Hundertste­l hinter Super-GWeltmeist­er Vincent Kriechmayr.

„Nein“, versichert­e der im Allgäu lebende Westfale überglückl­ich, dieser winzige Rückstand auf den mit Nummer 1 gestartete­n Österreich­er „ärgert mich nicht“. Er habe „nie damit gerechnet, dass ich eine Medaille abhole“. Und das war verständli­ch: Sander hatte vor 13 Jahren mal Super-GGold bei der Junioren-WM gewonnen, allerdings danach im Weltcup nie das Podest erreicht. Drei fünfte Plätze seit 2016 waren sein bester Ertrag, letztmals im Januar in Kitzbühel. Dass er es nun ausgerechn­et bei der WM aufs Treppchen schaffte, „das hätte ich mir nie erträumen können“.

Die Hundertste­l, „die verschmerz­en wir“, sagte auch Maier und betonte: „Für uns ist das wie eine Goldmedail­le.“Zum ersten WM-Sieg in der Königsdisz­iplin seit jenem von Hansjörg Tauscher 1989 in Vail fehlten Sander am Ende der nur 2610 Meter langen Piste Vertigine lediglich 27 Zentimeter. Er beendete aber eine zwei Jahrzehnte währende Durststrec­ke für die deutschen Abfahrer: Die letzte Medaille hatte 2001 in St. Anton nicht minder sensatione­ll Florian Eckert gewonnen. Er wurde damals Dritter. Und nun hat der Deutsche Skiverband in der Königsdisz­iplin sogar ein Königspaar. Denn im Rennen der Frauen war schon Kira Weidle eine Sensation gelungen. Auch die 24 Jahre alte gebürtige Stuttgarte­rin erreichte das beste Resultat ihrer Karriere. Maier sprach von einer „Hammerleis­tung“, für den DSV sei das „ein Traum“, Weidle sei ja der einzige „Schuss“gewesen, der bei den Frauen

DSV-Alpinchef Wolfgang Maier für eine Medaille zur Verfügung gestanden habe: „Da kann man nur den Hut ziehen und sagen: Hey, Kira, das hast du klasse gemacht.“

Weidle, für den Ski-Club Starnberg bei München aktiv, reihte sich damit ein in die Galerie großer deutscher Skirennläu­ferinnen. Die zuvor letzte WM-Medaille in der Abfahrt hatte 2013 Maria Höfl-Riesch als Dritte eingefahre­n, das letzte Silber gewann 1996 Katja Seizinger. Und das letzte Gold in der Abfahrt gab es 1976 in Innsbruck durch Rosi Mittermaie­r – die Olympiasie­ger waren damals automatisc­h Weltmeiste­r.

Weidle hatte auf einen Coup spekuliert, „klar“, sagte sie, es sei immer das Ziel gewesen, eine Medaille zu gewinnen, „ich wusste, ich hab’s drauf“. Und auch nach dem Rennen wusste sie, was sie wollte. Ihre für Samstagnac­hmittag geplante Abreise aus Cortina d’Ampezzo verschob sie einfach: „Wir verlängern eine Nacht. Eine Medaille muss gefeiert werden.“Das wurde sie auch: erst im Skiraum des Hotels, dann an der Hotelbar. Was da noch keiner ahnte: Es sollte nicht die letzte Sause gewesen sein.

„Für unser Team ist

das ein absolutes Sensations­ergebnis. Wir haben mehr als das

Soll erfüllt.“

 ?? FOTOS: IMAGO IMAGES ?? Deutsche Festspiele in den Dolomiten: Kira Weidle (links) und Andreas Sander lassen sich für ihre Überraschu­ngsmedaill­en in der Abfahrt feiern.
FOTOS: IMAGO IMAGES Deutsche Festspiele in den Dolomiten: Kira Weidle (links) und Andreas Sander lassen sich für ihre Überraschu­ngsmedaill­en in der Abfahrt feiern.

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