Schwäbische Zeitung (Biberach)
Impfungen für die Impfstoffhersteller
Biontech bietet sein Vakzin Mitarbeitern und Zulieferern an, um die Produktion des Wirkstoffs abzusichern
Nach Wochenenden ist bei der Interpretation der Zahlen zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufgesucht haben. Dadurch wurden weniger Proben genommen. Zum anderen kann es sein, dass nicht alle Gesundheitsämter an allen Tagen Daten an das Robert-Koch-Institut übermittelt haben. In der Tabelle werden die zu Redaktionsschluss neuesten verfügbaren Zahlen angegeben. Dadurch kann es zu Abweichungen zu nationalen und lokalen Zahlen kommen. Die 7-Tage-Inzidenz bildet die Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ab. Quellen: Robert-Koch-Institut von Montag,
8.40 Uhr; Landesgesundheitsamt BadenWürttemberg von Montag, 16 Uhr; Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit von Montag, 8 Uhr.
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LAUPHEIM/RAVENSBURG - Impfstoff gegen das Coronavirus, in ausreichender Menge so bald wie möglich verfügbar: Das wünschen sich Millionen Menschen weltweit. Pharma-Unternehmen arbeiten mit Hochdruck und vielen Forschern daran, die Produktion der Wirkstoffe hochzufahren. Um Verzögerungen durch Covid-19-Infektionen zu vermeiden, hat der Mainzer Hersteller Biontech seinen eigenen deutschen Mitarbeitern und den Angestellten von Zuliefern in Deutschland und Österreich, die unmittelbar in den Produktionsprozess und die Verteilung eingebunden sind, die Möglichkeit eingeräumt, sich mit dem gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer entwickelten Vakzin impfen zu lassen. Auch Mitarbeiter von Rentschler Biopharma in Laupheim können Gebrauch davon machen.
„Um den Covid-19-Impfstoff weltweit möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen, werden Biontech und seine Partner ihre Produktionsstätten
weiterhin unter maximaler Auslastung betreiben. Dies bedeutet, dass entlang der Lieferkette in den Bereichen wie Entwicklung, Produktion, Freigabe, Zulieferung und Distribution des Impfstoffes für relevante Mitarbeiter in Deutschland eine freiwillige Impfung angeboten wird“, sagt Biontech-Aufsichtsratschef Helmut Jeggle der „Schwäbischen Zeitung“. Der Entscheidung ist nach Angaben Jeggles eine sorgfältige Prüfung vorausgegangen, zudem habe man das Bundesministerium für Gesundheit informiert. „Die maximale Auslastung der Produktion wäre gefährdet, wenn es zu einzelnen Covid-19-Ausbrüchen oder auch nur zu Verdachtsfällen käme. Dies könnte dazu führen, dass gesamte Teams einer Schicht ausfielen, was sich unmittelbar auf die produzierte Menge auswirken würde“, erklärt Jeggle weiter. Das gelte genauso für die „Wissenschaftler in den Laboren, die den Impfstoff weiterentwickeln und etwa auf die Wirksamkeit gegen Mutationen testen. Sie sind essenziell für die Entwicklung und Versorgung mit einem Impfstoff.“
Auch die Geschäftsführung des oberschwäbischen Biotech-Unternehmens Rentschler erklärt, dass die Impfungen die Produktion des Biontech-Wirkstoffes absichern. „Wir impfen unsere Mitarbeiter, um sicherzustellen, dass viele andere Menschen geimpft werden können“, betont Rentschler-Geschäftsführer Frank Mathias. Das Impfangebot sei unterbreitet worden in einer Phase größter operativer Anstrengungen, „in der wir alles in unserer Macht stehende tun, um möglichst viel Impfstoff innerhalb kürzester Zeit zu produzieren“. Das erfordere einen eng getakteten, perfekt abgestimmten Herstellungsprozess, verlässlichen Materialfluss, beste Ausrüstung und ein eingespieltes, erfahrenes Team von Fachkräften. Gerade erst habe Rentschler seine Kapazitäten für Biontech um 50 Prozent erhöht, um dem gestiegenen Bedarf gerecht werden zu können.
„Es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um die Lieferkette in dieser komplexen Impfstoffproduktion aufrechtzuerhalten“, erklärte Mathias der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir sind uns unserer großen Verantwortung gegenüber der gesamten Gesellschaft bewusst und können uns bei der jetzigen Auslastung keinen Ausfall in unserer Mannschaft leisten, ohne dass das direkte Konsequenzen für die Lieferquoten nach sich zöge. Wenn bei uns in der Produktion Corona ausbrechen würde, könnten wir in dieser Form nicht weiterarbeiten.“
Das Familienunternehmen Rentschler, das im Kundenauftrag Biopharmazeutika entwickelt und herstellt, leistet bei der Produktion des mRNA-basierten Biontech/PfizerImpfstoffs entscheidende Arbeitsschritte für die Sicherheit und Verträglichkeit des Vakzins. Aus dem gentechnisch gefertigten Ausgangsmaterial werden in Laupheim Verunreinigungen, die aufgrund des Prozesses vorhanden sind, mithilfe eines speziellen Verfahrens entfernt. Das Ergebnis ist hochreiner Wirkstoff. Mit dem bei Rentschler angewandten Verfahren kann die Ausbeute an mRNA, die sich aus dem ursprünglichen Herstellungsschritt gewinnen lässt, nach Angaben des Unternehmens maximiert werden.
Frank Mathias betont, dass nur Mitarbeiter das freiwillige Impfangebot bekommen haben, „die unseren Geschäftsbetrieb gewährleisten oder aktiv und direkt in den Produktionsund Distributionsprozess eingebunden sind“. Bei der Priorisierung habe man sich streng an die von Biontech vorgegebenen und mit den Behörden abgestimmten Kriterien gehalten. Insgesamt betreffe das Impfangebot etwa die Hälfte der Belegschaft am Standort Deutschland. Rentschler Biopharma beschäftigt in Deutschland rund 800 Menschen.
Das Bundesgesundheitsministeriums erklärte auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“, die Entscheidung von Biontech als Eigentümerin des Impfstoffs sei akzeptabel. „Die Impfstoffe wurden aus den Beständen der Firma und nicht aus dem der Bundesrepublik Deutschland vertraglich zustehenden Kontingent entnommen.“Die Vorgehensweise bedürfe weder einer Genehmigung noch einer Zustimmung des Ministeriums. Biontech will nach eigenen Angaben im Jahr 2021 rund zwei Milliarden Impfdosen produzieren.