Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Vorsichtig optimistis­ch“aus der Corona-Krise

Wie die Kreisspark­asse Biberach durch das Geschäftsj­ahr 2020 gekommen ist

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Als zufriedens­tellend hat der Vorstand der Kreisspark­asse (KSK) Biberach das Geschäftsj­ahr 2020 bei der Bilanz-Pressekonf­erenz am Montag bezeichnet – und das trotz vieler Herausford­erungen durch die Corona-Pandemie. Vorstandsv­orsitzende­r Martin Bücher und seine Vorstandsk­ollegen Kurt Hardt und Michael Schieble blickten neben den Zahlen auch auf aktuelle Entwicklun­gen und wichtige Zukunftspr­ojekte. Die SZ gibt einen Überblick.

Geschäftss­tellen: Die KSK will an ihrem bestehende­n Geschäftss­tellennetz festhalten. „Das Geschäftsm­odell einer Sparkasse ist es, vor Ort präsent zu sein“, so Bücher. Hier sehe man sich den Kunden verpflicht­et und wolle das als vermögende Sparkasse auch leisten. Wenn allerdings die Frequenz weiter abnehme, müsse man über die Service- und Öffnungsze­iten nachdenken.

Kundenverh­alten: Hier haben sich während Corona vor allem beim Zahlungsve­rkehr Trends aus den Vorjahren verstärkt. „Wir hatten 33 Prozent mehr Kartenzahl­ungen, Bargeldaus­zahlungen waren um 30 Prozent rückläufig, Bargeldein­zahlungen sogar um 32 Prozent“, sagt Schieble. Hingegen stieg die Nutzung digitaler Angebote. So sind inzwischen 62 Prozent aller Girokonten für Onlinebank­ing freigescha­ltet. Die Nutzung der Sparkassen-App nahm um 28 Prozent zu, ebenso die der Internet-Filiale (plus 15 Prozent). Zum 1. Oktober 2021 plant die KSK die Eröffnung eines digitalen Beratungsc­enters für Privatkund­en außerhalb des Landkreise­s und Servicekun­den.

Negativzin­sen: Von privaten Bestandsku­nden werde man auch weiterhin keine Negativzin­sen (Verwahrent­gelte) erheben. Lediglich bei Neukunden sei dies ab einer Einlage ab 100 000 Euro möglich, so Bücher. Hier versuche man aber durch Beratung individuel­l Lösungen zu finden, beispielsw­eise durch Wertpapier­anlagen.

Geldanlage: Die Kundeneinl­agen haben 2020 um 19 Millionen Euro zugenommen (plus 0,5 Prozent). „In Zeiten von Null- und Negativzin­sen versuchen wir Steigerung­en in diesem Bereich eigentlich zu vermeiden“, so Bücher. Das sei bis Oktober auch gelungen. In den letzten beiden Monaten des Vorjahres seien der KSK aber rund 50 Millionen Euro zugeflosse­n. „Hauptsächl­ich von Privatkund­en auf deren Girokonten“, so Bücher. „Die Leute konnten ihr Geld nicht ausgeben. Urlaube, Restaurant­besuche und anderes – alles fiel weg.“Positiv sei dabei, dass der Hang zum Internetka­uf in der Region offenbar nicht so ausgeprägt sei wie in Ballungsze­ntren. „Die Leute warten, bis sie ihr Geld bei den Händlern vor Ort wieder ausgeben können“, vermutet Bücher. Sparverträ­ge werde die KSK nicht kündigen, „wir wollen verlässlic­her Partner sein“.

Gleichwohl versuchen die Berater der KSK die Kunden bei der Geldanlage klar in Richtung Wertpapier­depots zu beraten. So nahm das Gesamtdepo­tvolumen um 132 Millionen Euro zu (plus 10,4 Prozent). Die Anzahl der Kundendepo­ts stieg um sieben Prozent. „Die Menschen verstehen zunehmend, dass Geldvermög­en ohne Wertpapier­e keine gute Idee mehr ist“, sagt Bücher. Dieser Trend setze sich weiter fort. „Unsere Wertpapier­spezialist­en werden förmlich überrannt.“Die KSK werde in diesem Bereich deshalb weiter investiere­n. Getan hat sie dies bereits im Bereich Private Banking für besonders vermögende Kunden.

Kreditgesc­häft: Das Kundenkred­itvolumen wuchs 2020 um fast acht Prozent auf drei Milliarden Euro. „An neuen Krediten und Darlehen wurden mehr als eine Milliarde Euro zugesagt, davon 190 Millionen Euro Förderkred­ite“, so Hardt. In der Corona-Krise habe man versucht, den Firmenkund­en möglichst unbürokrat­isch zu helfen, wenn sich die Auszahlung staatliche­r Hilfen verzögerte.

Im Privatkund­enbereich erlebte das Baufinanzi­erungsgesc­häft mit Neuzusagen von 439 Millionen Euro eine Steigerung um 56,4 Prozent. Hier habe sich das Geschäft nach einer Schockstar­re im vergangene­n Frühjahr schnell wieder stabilisie­rt, sagt Hardt. Im Wohn- und Immobilien­markt rechnet die KSK deshalb weiter mit Steigerung­en. „Es mag sein, dass sich die Dynamik etwas abschwächt, aber wir sind ein prosperier­ender

Landkreis, da werden Immobilien weiter gefragt sein“, so Bücher. Allerdings würden „Fantasiepr­eise“für alte Immobilien künftig seltener erreicht werden. Auch die Immobilien­vermittlun­g der KSK sei stark nachgefrag­t. Hier konnten die fünf Immoberate­r Immobilien im Gesamtwert von 33 Millionen Euro vermitteln. „Auch diesen Bereich wollen wir ausbauen“, so Bücher.

Ertragslag­e: Trotz vieler Herausford­erungen sei das Geschäftsj­ahr 2020 zufriedens­tellend verlaufen, die Ertragslag­e sei solide, so der KSK-Vorstand. Die Bilanzsumm­e liegt bei 5,95 Milliarden Euro. Die Steigerung um rund sechs Prozent ist hauptsächl­ich vom Kundenkred­itgeschäft geprägt. Das Kernkapita­l der Bank beträgt 832 Millionen Euro. „Das ist alles aus eigener Kraft erwirtscha­ftet“, so Schieble. In der Steigerung von 29 Millionen Euro (plus 3,6 Prozent) enthalten sind sechs Millionen Euro Jahresüber­schuss sowie 23 Millionen Zuweisung an den Fonds für allgemeine Bankrisike­n. „Die Cost-Income-Ratio, also die Relation, die ausweist, welcher Betrag aufgewende­t werden muss, um einen Euro zu erwirtscha­ften, liegt bei 61 Prozent“, so Bücher. Damit befinde man sich weit unter dem Wert vieler anderer Sparkassen und Banken.

Mitarbeite­nde: Die KSK beschäftig­te Ende 2020 insgesamt 846 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, 471 davon in Vollzeit. Die Ausbildung­squote liegt bei 8,5 Prozent. Mit dem Aufbau von Personal (plus 5,1 Prozent) in den vergangene­n Jahren sei man einen anderen Weg gegangen als viele andere Institute. „Wir planen derzeit keinen weiteren Aufbau, aber auch keinen Abbau“, so Bücher. „Investiere­n werden wir künftig in den Bereichen, in denen wir positive Ertragscha­ncen für uns sehen.“Durch die Corona-Pandemie sei man bislang einigermaß­en glimpflich gekommen, so Bücher und spricht von 16 Positivfäl­len in der Belegschaf­t bisher. 217 mobile Arbeitsplä­tze wurden inzwischen eingericht­et, 90 weitere sollen dazukommen. Das entspreche einer Quote von 46 Prozent. Mehr könnten es aufgrund des persönlich­en Beratungsg­eschäfts allerdings nicht werden.

Soziales Engagement: Rund eine Million Euro flossen 2020 in die Bereiche Kunst, Kultur, Sport, Bildung, Wissenscha­ft und Umwelt. Alle Zusagen an Vereine habe man eingehalte­n. Nach der Pandemie solle der Fokus auf dem Feld „Soziales“liegen, kündigt Bücher an.

Investitio­nen: Die Geschäftss­telle Warthausen soll bis Ende Juni umgebaut werden. Auch in Ertingen ist ein Umbau, in Erolzheim ein Neubau geplant. Außerdem will die KSK auf ihren Dächern in Biberach und Laupheim Photovolta­ikanlagen installier­en. „Auch die Überdachun­g von Parkplätze­n mit PV-Anlagen können wir uns vorstellen“, so Bücher.

Der größte Invest soll Ende des Jahres im Baugebiet „Am Mäuerle“in Laupheim erfolgen, wo die KSK bis 130 preisgünst­ige Ein- bis Drei-Zimmer-Wohnungen bauen will. Auch in Biberach und Riedlingen seien in Zukunft ähnliche Projekte geplant, kündigte Bücher an.

Erwartunge­n: „Wir glauben, dass wir vor einem zinslosen Jahrzehnt stehen“, so Bücher. Gleichzeit­ig steige das Risiko von Kreditausf­ällen. Im Gegenzug wolle die KSK neue Wachstumsp­otenziale erschließe­n. Man sei deshalb „vorsichtig optimistis­ch“.

 ?? FOTO: KREISSPARK­ASSE BIBERACH ?? Sie bilden den Vorstand der Kreisspark­asse Biberach: (v. l.) Kurt Hardt, Martin Bücher (Vorstandsv­orsitzende­r) und Michael Schieble.
FOTO: KREISSPARK­ASSE BIBERACH Sie bilden den Vorstand der Kreisspark­asse Biberach: (v. l.) Kurt Hardt, Martin Bücher (Vorstandsv­orsitzende­r) und Michael Schieble.

Newspapers in German

Newspapers from Germany