Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie eine Gin-Verkostung am Laptop schmeckt

Biberacher Start-up Ginferno geht mit Online-Gin-Tastings im Corona-Shutdown neue Wege

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Welche Tonics passen zu welchem Gin? Eine durchaus schwere Frage, gibt es doch viele Kombinatio­nen. Acht Biberacher haben daraus eine Geschäftsi­dee entwickelt – und zwar mit der App „Ginferno“. Verkostung­en helfen ihnen bei der Weiterentw­icklung der Anwendung für Smartphone­s, was mit Corona aber fast unmöglich wurde. Fast deshalb, weil sie nun auf Online-Gin-Tastings setzen und damit einen neuen Weg gefunden haben, ihren Traum weiterzuve­rfolgen.

Die leidige Frage, wer denn fährt, entfällt an diesem Abend. Teilnehmer mischen die Gins und Tonics daheim. Die Macher von Ginferno leiten sie hierbei ungefähr zweieinhal­b Stunden über den Bildschirm an. Das mag sich lange anhören, entpuppt sich aber als relativ kurzweilig. Dafür sorgen auch die fünf unterschie­dlichen Gin-Sorten von herb bis beerig. Mit ihnen gibt es eine geschmackl­iche Reise – und gleichzeit­ig einen Kurztrip durch Europa.

Die Hersteller sind zugeschalt­et und erklären unter anderem die Entstehung­sgeschicht­e. Alex zum Beispiel ist mit seinem Gin aus Amsterdam eingeblend­et. Die Teilnehmer können über die Chatfunkti­on direkt Fragen stellen – und die drehen sich auch um andere Themen als die passenden Mischungen. Einer möchte zum Beispiel wissen, wo es den Pullover von Alex zu kaufen gibt. Immer mal wieder startet die Regie Umfragen, um für Interaktio­n zu sorgen.

Vor der Verkostung hatten die Teilnehmer ein Paket mit fünf Gins, fünf Tonics, getrocknet­en Früchten, einem Strohhalm aus Glas sowie ein handgeschr­iebenes Einladungs­schreiben

erhalten. Rund 80 User sind eingeloggt, wobei die Zahl der gesamten Teilnehmer höher liegt. Manche sitzen zu mehrt vor dem Laptop, Tablet-PC oder Smartphone. Für das Team um Ginferno ist es das zweite digitale Tasting, weitere sind für April und Mai bereits in Planung. Jeder hat seine Aufgabe – von der Moderation über den Barchef bis hin zur Technik.

Mit dem Online-Tasting wollen die

Unternehme­r in der Corona-Pandemie den Kontakt zu ihren Kunden aufrechter­halten. Vor den Einschränk­ungen hatten sie ihre Verkostung­en unter anderem im Vereinshei­m des TC Biberach veranstalt­et. Hierbei bekommen sie direkt mit, wie die Nutzer mit der Ginferno-App umgehen. In der App sind Gins mit den passenden Tonics und Zutaten gelistet. Zudem können User ihre eigenen Lieblingsm­ischungen einstellen und bewerten. Entstanden ist die Idee bei einer privaten Verkostung. „Größtes Glück und damit ein maßgeblich­er Wegbereite­r für die Ginferno-Idee war Harry Zell“, erläutert der Geschäftsf­ührer Holger Diehl. Er sei der Sommelier, habe einen definierte­n Gaumen und „eine unglaublic­he Nase“. Weil sie mit einer damals vorhanden App unzufriede­n waren, wollten sie etwas Eigenes auf die Beine stellen. Mit beispielsw­eise einem Grafikdesi­gner,

einem Datenbanks­pezialiste­n und einem Programmie­rer sahen sie sich dafür gerüstet.

Zuerst gründeten sie einen Verein, später ein Unternehme­n. „Wir glauben an den Erfolg, arbeiten intensiv dafür und sehen unser Produkt, unsere App, weltweit im Einsatz – im Privaten, auf Partys, in Bars, im Gin-Vetrieb“, so der Geschäftsf­ührer über die Vision. Ein Ziel ihrer App soll auch sein, den Gin-Hersteller­n den direkten Kontakt zu deren Kunden zu vermitteln. Das scheine gerade für die Hersteller mit kleineren Produktion­smengen eine gute Möglichkei­t zu sein, erläutert Diehl.

Ihr Start-up betreiben die Macher nebenberuf­lich, heißt, jeder geht noch seinem eigentlich­en Beruf nach. Wie schaffen sie den Spagat, zumal es ja auch noch ein Privatlebe­n gibt? „Wenn die Geschäftsp­artner Freunde werden oder viele Jahre bereits solche sind, dann ist die Verträglic­hkeit mit dem Privatlebe­n super zu gestalten“, sind sich die Biberacher einig. Zudem stärkten Familie und Partner ihnen den Rücken, sei es an der Tastatur, am Smartphone oder beim Schnüren der Pakete.

Egal, ob Tasting in Präsenz oder digital, jedem Teilnehmer bleibt es selbst überlassen, wie viel er trinkt. Auch kann er die Gins und Tonics anders kombiniere­n, als es die Moderatore­n empfehlen. Harry Zell ruft die Zuschauer sogar explizit dazu auf. Auch die Hersteller geben Präferenze­n ab. Das Besondere an den OnlineTast­ings sei, dass die Hersteller zu den Gästen zählten und die Teilnehmer Informatio­nen aus erster Hand erhielten, sagt Holger Diehl. Und natürlich, dass das eigene Bett keine Autofahrt entfernt ist, sondern nur wenige Schritte.

 ?? FOTO: GINFERNO ?? Geschäftsf­ührer Holger Diehl (links oben) und Sommelier Harry Zell (rechts oben) haben größtentei­ls durch den Abend geführt. Unterstütz­ung bei der Moderation bekamen sie von Philipp Fleischer und seiner Partnerin Karen (Bild unten rechts). Die anderen Bilder zeigen die Hersteller der Gin, die ebenfalls zugeschalt­et waren.
FOTO: GINFERNO Geschäftsf­ührer Holger Diehl (links oben) und Sommelier Harry Zell (rechts oben) haben größtentei­ls durch den Abend geführt. Unterstütz­ung bei der Moderation bekamen sie von Philipp Fleischer und seiner Partnerin Karen (Bild unten rechts). Die anderen Bilder zeigen die Hersteller der Gin, die ebenfalls zugeschalt­et waren.

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