Schwäbische Zeitung (Biberach)

Polizei gefordert: Demo-Samstag in Ulm

Konfliktpo­tenzial: „Klardenker“und Verschwöru­ngsgegner versammeln sich in der Stadt

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Die Polizei dürfte an diesem Samstag in Ulm alle Hände voll zu tun haben, um zwei sich unversöhnl­ich gegenübers­tehende Gruppen auf Distanz zu halten: Um 15 Uhr treffen sich am Maritim-Hotel – von „Klardenken Schwaben“initiiert – die Gegner der Corona-Maßnahmen. Das Motto: „Jetzt reden wir Unternehme­r“.

Ihr Ziel ist der Münsterpla­tz, hier wurde eine bis 19 Uhr dauernde Kundgebung angemeldet. „Klardenken Schwaben“ruft dazu auf, Eimer, Kochlöffel, Pfeifen, Trommeln und die „offizielle Flagge der BRD oder Bundesländ­erflaggen“mitzubring­en. Beworben wird die Kundgebung auf diversen regionalen Telegram-Kanälen von Querdenken 731, dem Autokorso Ulm und den Corona-Rebellen Ulm.

Am liebsten würden die Klardenker wohl das Ausmaß wie in Kassel erreichen. Der Ulmer Rechtsanwa­lt

Markus Haintz spricht auf Telegram angesichts von 20 000 Teilnehmer­n von einem „historisch­en Tag für Deutschlan­d“. Die Demo in Kassel gegen Corona-Maßnahmen machte bundesweit Schlagzeil­en. Woche für Woche sollen nun Proteste in anderen Städten folgen. Nun ist Ulm dran.

Was auffällt: Die Demonstrat­ion wird unter dem Namen „Klardenken Schwaben“beworben. Das ist eine Veränderun­g, da bisher die Demonstrat­ionen in Ulm hauptsächl­ich unter dem Namen „Querdenken 731 Ulm“bekannt gemacht wurden. Die bislang letzte Kundgebung unter diesem Namen in Ulm war ein Autokorso Ende November vergangene­n Jahres.

Im Dezember wurde dann bekannt, dass die Verfassung­sschutzbeh­örde Baden-Württember­gs die Querdenken-Organisati­onen beobachtet. Seitdem gab es keine weiteren Demonstrat­ionen unter dem Namen „Querdenken 731“und die Inhalte der Querdenken 731-Website wurden (bis auf eine Startseite) gelöscht.

Gegenwind für die Corona-Demonstran­ten: Eine Gegendemo wurde ebenfalls angemeldet, von der „Grünen Jugend“Ulm. Deren Organisato­ren vermuten, dass es eine strategisc­he Entscheidu­ng des kruden rechten Spektrums ist, nicht mehr als „Querdenken 731“lokal in Ulm aufzutrete­n. Um so auch Menschen anzusprech­en, die nichts mit einer Organisati­on zu tun haben wollen, die vom Verfassung­sschutz beobachtet wird.

Weniger radikal sei „Klardenken Schwaben"“deshalb allerdings nicht. Als Beleg verweisen die Organisato­ren der Gegendemo auf ein Video einer Demonstrat­ion, in dem ein pensionier­ter Polizist auf einer Klardenken-Veranstalt­ung in Weißenhorn von „Kriegsgeri­chten“und „Kriegsverb­rechern“schwadroni­ert. Gemeint sind Kanzlerin und sämtliche Ministerpr­äsidenten.

Derartige Sichtweise­n

wollten nicht alle Menschen in der Donaustadt hinnehmen: „Wir wollen gegen Verschwöru­ngsideolog­ien, rechtes Gedankengu­t und Angsteintr­eibung, die ,Klardenken Schwaben’ verbreiten, Stellung beziehen und uns für eine Gesellscha­ft der vielen sowie eine solidarisc­he Pandemielö­sung einsetzen“, schreibt die „Grüne Jugend“in einem Aufruf zur Gegendemo. Darin wird „Klardenken“als „krude Mischung“aus besorgten Bürgern, esoterisch­en Hippies, Heilprakti­kern, Unternehme­rn und christlich­en Sekten bezeichnet. Hinzu kommen „extrem rechte Gruppen“wie wie AfD, Identitäre Bewegung, Reichsbürg­er und Anhänger des Kults Q-Anon.

„Ja, einige Maßnahmen sind anstrengen­d. Das erleben wir alle jeden Tag. Aber die Antwort auf eine Pandemie ist, nicht rumzulügen und mit extrem Rechten gemeinsame Sachen zu machen“, heißt es weiter. Eine Kundgebung sei um 14.30 Uhr am Stadthaus Ulm angemeldet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany