Schwäbische Zeitung (Biberach)

Freiwillig­e Impflinge vor

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

D● ie nächste Volte in der traurigen Impfkampag­ne der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Astrazenec­a soll nur noch Menschen über 60 Jahren empfohlen werden. Das ist schon eine erstaunlic­he Entwicklun­g, wenn man auf die kurze Geschichte des Impfstoffs hierzuland­e blickt. Zuerst sollte das Präparat nicht an alte Menschen verimpft werden, dann kurzzeitig niemandem mehr, dann an alle Berechtigt­en ab 18 Jahren, jetzt nur noch älteren. Dass dieses Hin und Her das Vertrauen in diesen Impfstoff erschütter­t, liegt auf der Hand. Da Astrazenec­a ein wichtiger Faktor im Kampf gegen das Coronaviru­s ist, ist dies umso schlimmer.

Zahlen und Statistike­n belegen, dass eine Impfung mit Astrazenec­a auch bei jüngeren Menschen sehr viel weniger gefährlich für Leib und Leben ist als eine Corona-Infektion. Dennoch werden es vor allem Frauen mit einer gewissen Erleichter­ung gehört haben, dass dieser Impfstoff an ihnen vorbeigehe­n wird. Die Vorstellun­g, gesund in ein Impfzentru­m oder zum Hausarzt zu gehen und anschließe­nd mit einer schweren Erkrankung oder dem Tod zu ringen, ist beängstige­nd – Zahlen hin oder her. Auch der oft bemühte Vergleich mit den Nebenwirku­ngen von Medikament­en zieht in diesem Fall nicht, schlicht weil Impflinge keine Patienten sind. Irritieren­d ist allerdings die Art und Weise, wie es nun zum erneuten Teilstopp von Astrazenec­a kam. Zuerst setzten einige Bundesländ­er die Impfungen aus, dann wurde im Bund darüber beraten. Ein stärkeres Durchgreif­en von Kanzlerin Angela Merkel hätte man sich nach dem Sonntag anders vorgestell­t.

Wie es nun weitergehe­n kann, um den Impf-Zeitplan nicht völlig aufgeben zu müssen? Der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder sagte dazu den bemerkensw­erten Satz: „Wer will, und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkei­t haben.“Also, Freiwillig­e vor! Tatsächlic­h scheint dies im Fall von Astrazenec­a der einzige Weg zu sein, um aus der Misere rauszukomm­en. Dies wird bürokratie­verliebten Entscheide­rn zwar etwas Flexibilit­ät abverlange­n, gleichzeit­ig aber die Eigenveran­twortung der Bürger stärken.

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