Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Testpflicht für Schüler kommt
Land setzt zudem auf Wechselunterricht – Start direkt nach den Osterferien noch unklar
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STUTTGART - Zumindest das scheint klar: Wenn in Baden-Württemberg nach den Osterferien wieder die Schule beginnt, müssen sich Schüler auf das Coronavirus testen – sonst dürfen sie nicht in den Klassenraum. Aber wie oft dürfen sie überhaupt zur Schule, und ab wann? Was bislang feststeht, und welche Fragen noch offen sind:
Was plant das Land zum Schulstart nach Ostern?
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Derzeit erarbeitet die Landesregierung eine neue Fassung ihres Testkonzepts. Darin wird auch eine Testpflicht für Schüler verankert, erklärt Caroline Blarr, Sprecherin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Wer im Klassenzimmer lernen will, wird sich zweimal pro Woche testen müssen. Elternund Schülerbeirat des Landes hatten sich sogar für tägliche Tests ausgesprochen. Wer die Notbetreuung in Anspruch nehmen möchte, wenn er oder sie gerade keinen Präsenz-unterricht hat, muss sich auch testen. Blarr spricht von einem Rahmen, der nach Ostern bis zu den Sommerferien gelten soll: Dieser Rahmen sieht eine Kombination aus einem solchen Testregime und Wechselunterricht vor, um perspektivisch zumindest tageweise jedem Kind auch Unterricht in der Schule zu ermöglichen.
Können so direkt nach den Osterferien alle Schüler im Wechsel zurück ins Klassenzimmer?
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Vielleicht, wahrscheinlich ist das aber nicht. „Ob es damit direkt nach Ostern losgeht, ist abhängig von der pandemischen Lage“, betont Kretschmanns Sprecherin. Vielleicht gelte für die erste Woche auch zunächst Fernunterricht für alle außer für die Abschlussklassen, wenn die Zahl der Neuinfektionen weiter exponentiell steige und diese Tendenz auch absehbar so bleibe. Derzeit zeigt die Kurve nach oben – vor allem unter Kindern und Jugendlichen wächst die Zahl der Ansteckungen. Die Lage müsse zunächst stabil sein, so Blarr. „Da müssen wir ein Stück weit auf Sicht fahren.“Eine Verlängerung der Osterferien sei dies nicht. Nach dem Online-Gipfel der Landesregierung mit Lehrer-, Elternund Schülerverbänden am Montagabend hatten manche Teilnehmer darauf hingewiesen, dass auch über verlängerte Ferienzeit gesprochen worden sei. „Der Fernunterricht ist eingeübt“, sagt Blarr indes.
Was passiert mit Schülern, die sich nicht testen lassen, oder deren Eltern dies ablehnen?
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Für sie soll es dann Fernunterricht geben – und sie dürfen nicht an der Notbetreuung teilnehmen.
Gibt es Ausnahmen von der Testpflicht?
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Ja, und zwar bei Prüfungen. Schüler sollen an Klausuren und auch an Abschlussprüfungen – etwa zum Abitur oder zur Mittleren Reife – teilnehmen können, ohne vorher einen Test zu machen. Kein Schüler solle von den Prüfungen ausgeschlossen werden, erklärt Kretschmanns Sprecherin. Thomas Speck, Vorsitzender des Berufsschullehrerverbands (BLV) im Land, fordert ein Konzept für sichere Prüfungen. „Nur mehr Abstand ist zu wenig“, sagt er vor allem mit Blick auf die Abschlussprüfungen ab Mai. Luftfilter gebe es nicht. Verteile man die Prüflinge auf mehr Räume, brauche es mehr Personal – was wieder zu Problemen führe.
Gibt es Widerstand gegen eine solche Testpflicht?
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Es gibt Eltern, die sich gegen eine Maskenpflicht und nun auch gegen eine Testpflicht wehren. Aus etlichen Schulen gibt es hierzu Berichte – etwa von der Anna-von-FreybergGrundschule in Laupheim. Viele Eltern dort befürworten das Testen, weil es mehr Sicherheit für alle bringe. Andere plädieren dafür, dass die Kinder den Test bereits zu Hause durchführen können und dann gar nicht erst zur Schule gehen. Wieder andere lehnen solche Tests aber ab und argumentieren mit gesundheitlichen Schäden, bezeichnen die Maskenpflicht als diskriminierend und Schnelltests als unbrauchbar.
Monika Stein, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, spricht von einer niedrigen zweistelligen Zahl an Mails, nachdem sie sich für eine Maskenpflicht positioniert hatte. „Die Leute, die dagegen sind, sind deutlich weniger, aber unfassbar vehement“, erklärt sie. Auch bei einer Testpflicht sei Widerstand absehbar. Der BLVVorsitzende Speck nennt noch ein weiteres Problem: „Die Testbereitschaft ist mangelhaft, weil viele Azubis Angst haben, dass ein positives Ergebnis dazu führt, dass Betriebe geschlossen werden.“Diesen Druck könnte die Politik den Schülern nehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat öffentlich mit einer Testpflicht auch für Betriebe geliebäugelt. Die GEW-Vorsitzende Stein moniert, dass bei der Pandemiebekämpfung zu viel Fokus auf Schulen statt auf Betriebe gelegt werde.
Sind denn ausreichend Tests da?
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Für die ersten Wochen schon, sagt Blarr. 45 Millionen Selbsttests soll Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) besorgen. Die erste Charge im Wert von 3,5 Millionen Euro treffe dieser Tage ein, sagt Blarr. Die selbe Menge soll bis zum Schulstart ankommen. Die Landesregierung plant, weitere Tests im Volumen von neun Millionen Euro zu ordern. Allein: Die Schnelltests zur Selbstanwendung müssen auch noch an die Schulen verteilt werden. Für viele stellt sich eine weitere Frage:
Wer führt die Tests durch?
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Das wird wohl erst sicher feststehen, wenn das neue Testkonzept des Landes offiziell wird. Blarr sagt aber bereits, dass an weiterführenden Schulen die Kinder unter Aufsicht der Lehrer selbst aktiv werden sollen. An Grundschulen und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, den früheren Förderschulen, soll es für die Tests derweil Hilfe von außen geben. Von wem und wie genau, ist noch unklar.