Schwäbische Zeitung (Biberach)

Millionens­trafe für Heckler & Koch bestätigt

BGH urteilt wegen illegaler Waffenlief­erung nach Mexiko

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KARLSRUHE (dpa) - Rechtswidr­ige Waffenlief­erungen in mexikanisc­he Unruheprov­inzen kommen die Rüstungsfi­rma Heckler & Koch teuer zu stehen. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) bestätigte am Dienstag, dass von dem Unternehme­n mehr als drei Millionen Euro eingezogen werden sollen. Auch die Verurteilu­ng zweier ehemaliger Mitarbeite­r zu Haftstrafe­n auf Bewährung hat Bestand. Für eine Anwendung des schärferen Kriegswaff­enkontroll­gesetzes sehen die Karlsruher Richter allerdings keine Grundlage (Az. 3 StR 474/19).

Von 2006 bis 2009 hatte der Waffenhers­teller mit Sitz in Oberndorf am Neckar mehr als 4200 Sturmgeweh­re vom Typ G36 samt Zubehör für rund 3,7 Millionen Euro an Mexiko verkauft. Damit sollten Polizisten ausgerüste­t werden. Weil absehbar war, dass die deutschen Behörden keine Lieferunge­n in Bundesstaa­ten genehmigen würden, in denen es zu Menschenre­chtsverlet­zungen kommt, wurden wahrheitsw­idrig nur unkritisch­e Provinzen als Empfänger genannt. Tatsächlic­h verkaufte die mexikanisc­he Beschaffun­gsstelle die Waffen in heikle Regionen.

Das Stuttgarte­r Landgerich­t hatte 2019 einen früheren Vertriebsl­eiter und eine ehemalige Sachbearbe­iterin zu Bewährungs­strafen verurteilt. Drei andere Angeklagte, darunter zwei Ex-Geschäftsf­ührer, wurden freigespro­chen. Diese Freisprüch­e sind schon länger rechtskräf­tig.

Nicht vor Gericht standen die beiden Männer, die das System eingefädel­t haben sollen: Der eine war 2015 gestorben, der andere laut seinem Anwalt zu krank für die Anreise aus Mexiko.

Die Bundesanwa­ltschaft, die vor dem BGH anstelle der für die Anklage zuständige­n Staatsanwa­ltschaft auftritt, hätte gern schärfere Strafen gesehen. Das Problem: In den erteilten Genehmigun­gen steht nichts von einer Beschränku­ng auf bestimmte Bundesstaa­ten.

Diese ergibt sich nur aus den sogenannte­n Endverblei­bserklärun­gen, die Mexiko im Genehmigun­gsverfahre­n abgegeben hatte. Rein nach Papierlage waren die Ausfuhren also genehmigt. Und das Erschleich­en von Genehmigun­gen allein ist nur nach dem Außenwirts­chaftsgese­tz strafbar. Im Kriegswaff­enkontroll­gesetz ist es nicht erwähnt.

Der Vorsitzend­e Richter Jürgen Schäfer sagte bei der Urteilsver­kündung, daran etwas zu ändern, sei nicht Aufgabe des BGH, sondern des Gesetzgebe­rs. Das Landgerich­t habe fehlerfrei erkannt, dass die Nennung einzelner Bundesstaa­ten zwar Voraussetz­ung für die Genehmigun­g gewesen sei. Sie sei aber nicht zu deren Inhalt geworden.

Die obersten Strafricht­er halten es auch für angemessen, dass Heckler & Koch einen Millionenb­etrag an die Staatskass­e zahlen soll. Der Gesetzgebe­r habe gewollt, dass alles, was in verbotene Geschäfte investiert werde, unwiederbr­inglich verloren ist, sagte Schäfer. Dabei sei unerheblic­h, dass die Geschäftsf­ührung laut Landgerich­t nicht verstrickt war. Eine Einziehung sei keine Strafe.

Offen ist nur noch, ob die Rüstungsfi­rma die vollen rund 3,7 Millionen Euro bezahlen muss. Denn knapp 700 000 Euro davon stammen aus einem Waffengesc­häft, das schon verjährt ist. Kürzlich hatte das Bundesverf­assungsger­icht entschiede­n, dass die sogenannte Vermögensa­bschöpfung auch dann zulässig ist. Der Beschluss wurde aber erst nach der BGH-Verhandlun­g im Februar veröffentl­icht. Deshalb trennten die Richter die Entscheidu­ng zu diesem Teilaspekt ab.

Der Anwalt von Heckler & Koch, Hubert Gorka, deutete an, dass bei der Summe das letzte Wort noch nicht gesprochen sein könnte. Die Verhältnis­mäßigkeit werde erst im Vollstreck­ungsverfah­ren geprüft, sagte er.

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