Schwäbische Zeitung (Biberach)
Land plant Corona-Tests für Kita-Kinder
Unter den Kleinen ist die Infektionsrate drastisch gestiegen – Ringen um Finanzierung
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STUTTGART - Für die Schulen im Land gibt es bereits einen Fahrplan, wie möglichst viel Unterricht im Klassenraum trotz Corona-Pandemie stattfinden soll. Nach einer Woche Fernunterricht für fast alle nach den Osterferien sollen ab dem 19. April alle Schüler im Wechsel zur Schule gehen dürfen, sofern dies die Infektionslage zulässt. Flankiert werden soll diese Öffnung mit einer Testpflicht. Jeder an der Schule – auch die Schüler – soll sich zweimal pro Woche testen oder muss alternativ im Fernunterricht bleiben. Um eine Regelung für die Kitas im Land ringen Land und Kommunen aktuell. Was bisher bekannt ist:
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Das Landesgesundheitsamt (LGA) hat die Fakten zusammengetragen und zum 30. März einen Bericht vorgelegt. Demnach ist die Zahl infizierter Kinder und Jugendlicher seit Öffnung der Bildungseinrichtungen dieses Jahr stetig gestiegen – zunächst am deutlichsten bei den Kindern bis fünf Jahre. Die Inzidenz auf ihre Altersgruppe bezogen ist bei Grundschulkindern zwischen sechs und zehn Jahren inzwischen so hoch wie in keiner anderen. Seit Jahresbeginn zählte das LGA 80 Corona-Ausbrüche an Schulen mit insgesamt 406 Infektionen und 195 Ausbrüche an Kitas mit insgesamt 1753 Infektionen. Insgesamt haben Kinder und Jugendliche einen Anteil von 21 Prozent an allen festgestellten Infektionen. Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 lag ihr Anteil bei zwölf Prozent.
Was empfiehlt das Landesgesundheitsamt bezüglich Tests?
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Wie ist die Infektionslage?
Aufgrund der festgestellten hohen Ansteckungsraten bei Kindern rät die Behörde nicht nur zu einer Testpflicht für Erzieherinnen und andere Beschäftigte an Kitas, sondern auch für die Kinder. „Dabei empfiehlt sich entweder der Selbsttest zu Hause, der über eine Eigenbescheinigung bestätigt werden kann, oder der Test in der Einrichtung durch Erziehungsberechtigte oder Betreuungspersonal“, heißt es in dem Papier. Das Testergebnis sollte dabei nicht älter als 48 Stunden sein, lautet die Empfehlung.
Was sagen Betroffene?
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Bei Beschäftigten in Kitas und ihren Vertretern gibt es viel Unmut. Warum gibt es Pläne für Schulöffnungen, die erst am 19. April geplant sind, aber noch nicht für Kitas, die zum Teil offen sind – und zwar großteils für alle Kinder? Das fragt etwa Gereigneten hard Brand, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, bereits am Dienstag. „Es ist für mich vollkommen unverständlich, wieso die Landesregierung keinerlei Maßnahmen ergreift, um pädagogische Fachkräfte und Kinder in den Kindertagesstätten zu schützen.“Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi lädt am Donnerstagmorgen zur Pressekonferenz, um ihren Ärger und ihre Vorschläge öffentlich zu machen.
Der Verband der Kita-Fachkräfte im Land fordert zwei Tests pro Woche auch für Kita-Kinder – wohl wissend, dass nicht alle Eltern dies gutheißen. „Mit entsprechenden Rahmenbedingungen und Offenlegung der Teststrategie sowie einem Heranführen der Kinder an die Thematik, ist es unserer Meinung nach den Kindern durchaus zumutbar, zweimal die Woche mit entsprechend ge
Schnelltests getestet zu werden.“Vielerorts sei dies in Kitas bereits umgesetzt.
Was plant das Land?
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Einen konkreten Fahrplan gab es bis Redaktionsschluss noch nicht. Das Land hat sich zwar bereits am Dienstag zum Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden dazu ausgetauscht und wohl auch Kompromisse gefunden. Das Ringen um die Finanzierung scheint aber noch nicht ganz abgeschlossen – weshalb die entsprechenden Beschlüsse auch noch nicht öffentlich sind.
Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“soll es wie an Schulen auch an Kitas zwei Schnelltests pro Woche für jeden geben – für Erzieherinnen ebenso wie für die Kinder. Anfänglich sollen die Tests für die 430 000 Kita-Kinder und rund 90 000 Erzieherinnen noch nicht verpflichtend sein. Das könnte sich aber ändern, sobald ausreichend Tests da sind. Die Städte und Gemeinden sollen sich dem Vernehmen nach selbst um die Beschaffung kümmern. Das Land will offenbar die Kosten für die Testungen der Erzieherinnen übernehmen – was ohnehin bereits so geregelt ist. Für die Kinder ab drei Jahren will es 30 Prozent der Kosten für die Tests übernehmen. Den Rest sollen die Städte und Gemeinden tragen. Bei Kindern unter drei Jahren beteiligt sich das Land zu 68 Prozent an den Betriebskosten – darüber sollen die Tests für die ganz Kleinen mitfinanziert werden.
Was sagen die Träger dazu?
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Gemeindetagspräsident Steffen Jäger hält sich mit Verweis auf die noch laufenden Abstimmungen mit dem Land bedeckt. „Unser Ziel ist, den Kita-Betrieb möglichst aufrechtzuerhalten und ihn gegebenenfalls durch eine kluge Testung zusätzlich abzusichern.“Die regelmäßige Testung des Personals finde bereits großflächig statt. Einen Überblick dazu, wie viele Gemeinden schon Kinder testen, hat der Kommunalverband nicht.
Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführender Vorstand des Städtetags, weiß von etlichen Städten, die bereits Kita-Kinder auf eigene Faust testen – darunter auch Schwäbisch Gmünd. Nachdem dort 15 symptomlose Infektionen dank der Testungen aufgedeckt wurden, seien viele Eltern, die zuvor skeptisch gewesen seien, nun für die Tests, berichtet sie. „Es ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, auch in den Kitas zu testen“, sagt HeuteBluhm. „Da werden Abstände nicht eingehalten. Es dient dazu, die Infektionsketten zu brechen.“Für sie ist klar, dass der Staat die Finanzierung übernehmen müsse – auch um ein Zeichen pro Tests zu setzen. „Wir wollen aber nicht diejenigen sein, die eine Umsetzung verhindern.“
Ob sich nicht staatliche Träger wie Kirchen an den Kosten beteiligen sollen, ist noch unklar. Albrecht Fischer-Braun, Geschäftsführer beim Evangelischen Landesverband Tageseinrichtungen für Kinder in Württemberg verweist auf die jüngste Sitzung der Arbeitsgemeinschaft frühkindliche Bildung: „Es ist unsere einhellige Bitte ans Land, die Kosten für die Tests zu übernehmen.“Er plädiert für Tests zugunsten des Infektionsschutzes, eine Pflicht bezeichnet er indes als schwierig. „Je mehr Verpflichtung besteht, desto mehr Widerstände gibt es“, sagt er.