Schwäbische Zeitung (Biberach)
Trotz Impftermin wieder nach Hause geschickt
In Baden-Württemberg gibt es Astrazeneca noch nicht für alle über 60-Jährigen
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RAVENSBURG - Dürfen sich alle Über-60-Jährigen in Baden-Württemberg mit Astrazeneca impfen lassen oder nicht? Die Antwort lautet Nein. „Derzeit konzentrieren wir uns in Baden-Württemberg zunächst weiter auf die Impfungen für Menschen über 70 und 80 Jahren. Über-60-Jährige sind im Land derzeit noch nicht generell impfberechtigt, sondern nur etwa bei bestimmten Vorerkrankungen oder wegen ihres Berufs“, sagte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) am Mittwoch in Stuttgart.
Das Thema hat in den vergangenen Tagen für Verwirrung gesorgt. Am 30. März hatte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder beschlossen, dass Astrazeneca an alle Über-60-Jährigen freigegeben werden darf, nachdem die Ständige Impfkommission empfohlen hatte Astrazeneca nur Menschen zu spritzen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Baden-Württemberg entschied sich dafür, in der Altersgruppe 60-69 weiterhin nur die Priogruppen 1 und 2, und dementsprechend eben nicht alle, mit Astrazeneca zu impfen. Das hatte Luchas Ministerium so auch kommuniziert. Trotzdem entstand, auch vor dem Hintergrund der bundesweiten Meldung, bei einigen der Eindruck, dass der Impfstoff in der entsprechenden Altersgruppe für alle freigegeben wurde.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreisimpfzentrums in Biberach beispielsweise hätten einige über 60-Jährige wegschicken müssen, die fälschlicherweise, aber im Glauben berechtigt zu sein, einen Termin ausgemacht hatten, berichtet Verena Miller, Sprecherin des Landratsamts in Biberach. „Dass es zu Irritationen gekommen ist, kann ich bestätigen“, sagt auch Bernhard Flad, Leiter des Kreisimpfzentrums in Tuttlingen. „Es gab Leute, die bei mir angerufen haben, weil sie nicht sicher waren, was gilt.“Wie viele allerdings unberechtigterweise einen Termin ausgemacht haben, könne er nicht sagen, da die Terminvergabe zentral erfolgt. Dem Landratsamt Ravensburg wiederum sind keine Verwirrungen bekannt.
„Jede und jeder kann jederzeit auch bei uns nachfragen, wenn Fragen offen sind“, stellt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums klar. Doch warum ist es überhaupt möglich Termine auszumachen, obwohl noch kein Anspruch auf eine Impfung besteht? Aus dem Ministerium heißt es dazu, dass es aus Datenschutzgründen schwierig sei am Telefon persönliche Gesundheitsdaten, beispielsweise Vorerkrankungen, abzufragen. Bei Unklarheiten solle man sich an den Hausarzt wenden. Auf der Webseite des Gesundheitsministeriums
gibt es außerdem eine Übersicht, welche Gruppen gegenwärtig impfberechtigt sind.
Ab wann alle über 60-Jährigen Baden-Württemberger mit dem Impfen dran sind, ist noch unklar. Das hänge von den Liefermengen und auch von der Impfbereitschaft in den berechtigten Gruppen ab, so der Ministeriumssprecher. Im Südwesten wurde am Dienstag die zweimillionste Impfung gegen das Coronavirus verabreicht, wie das Ministerium am Mittwoch bekanntgab. 596 626 Menschen seien bereits zum zweiten Mal geimpft.
Auch in Bayern liege der Fokus weiterhin auf den Priorisierungsvorgaben der Coronavirus-Impfverordnung, teilt eine Sprecherin von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) mit. Dort, wo die über 70-Jährigen bereits geimpft wurden, kämen die 60-69-Jährigen zum Zuge. Diese Gruppe könnte zudem einen Termin erhalten, wenn dies aus organisatorischen Gründen für eine schnelle und effektive Verimpfung erforderlich ist.
Ab Mitte April soll es in den bayerischen Impfzentren keine Erstimpfungen mit Astrazeneca mehr geben, da dieser Impfstoff an die Arztpraxen verteilt wird. Gleiches gilt für Baden-Württemberg. Impfzentren erhielten dann nur noch die Astrazeneca-Menge für die zweite Impfung, heißt es aus Luchas Ministerium.