Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wohlschmec­kende Löffel und leckere Teller

Das Verbot von Einwegplas­tik in der EU soll Mensch und Umwelt schützen – Chance für neue Absatzmärk­te

- Von Katharina Höcker und dpa

Porsche plant Joint Venture für Hochleistu­ngsbatteri­ezellen

STUTTGART/TÜBINGEN (dpa) Der Sportwagen­bauer Porsche treibt seine Planungen für ein Joint Venture mit anderen Partnern zur Herstellun­g von Hochleistu­ngsbatteri­ezellen voran. Das Bundeskart­ellamt führt ein zu diesem Zweck geplantes Gemeinscha­ftsunterne­hmen derzeit auf seiner Website in einer Liste laufender Fusionskon­trollverfa­hren auf. An der Firma mit dem Namen Cellforce Group mit Sitz in Tübingen sollen demnach neben Porsche auch die Fraunhofer-Ausgründun­g Custom Cells aus Itzehoe in Schleswig-Holstein sowie der Stuttgarte­r Softwareen­twickler P3 Group beteiligt sein. Bis wann mit einer Freigabe durch das Kartellamt zu rechnen ist, blieb offen.

Bezos spricht sich für höhere Unternehme­nssteuern aus

SEATTLE/WASHINGTON (dpa) Der weltgrößte Onlinehänd­ler Amazon steht seit Langem wegen Steuerverm­eidung in der Kritik, jetzt spricht sich ausgerechn­et Konzernche­f Jeff Bezos für höhere Abgaben aus. „Wir unterstütz­en eine Anhebung des Unternehme­nssteuersa­tzes“, erklärte Bezos am Dienstag in einer im Firmenblog von Amazon veröffentl­ichten Stellungna­hme. Der Multimilli­ardär ermutigte Kongress und Regierung zu einer „richtigen, ausgewogen­en Lösung, die die Wettbewerb­sfähigkeit der USA aufrechter­hält oder erweitert“.

Leasingspe­zialist Grenke mit weniger Neugeschäf­t

BADEN-BADEN (dpa) - Der wegen seiner Bilanzieru­ng in der Kritik stehende Leasingspe­zialist Grenke hat im ersten Quartal auch wegen der Corona-Pandemie deutlich weniger Neugeschäf­t verbucht als im Vorjahr. Das Leasing-Neugeschäf­t sank im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um gut 46 Prozent auf 365,8 Millionen Euro, wie das Unternehme­n am Mittwoch in Baden-Baden mitteilte. Zum Stand der Untersuchu­ngen bezüglich der Kritik an der Bilanzieru­ng rechnet Grenke bald mit Neuigkeite­n. Aktuell laufen die Prüfungen durch die von der Finanzaufs­icht Bafin beauftragt­e Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Mazars sowie der parallelen Jahresabsc­hlussprüfu­ng durch KPMG.

HEIDENHEIM - Die Idee kam Hemant Chawla in seinem Heimatland Indien. Auf einem Festival bestellte er ein Reisgerich­t, aber der Stand hatte keine Löffel mehr. Stattdesse­n reichte ihm der Verkäufer Brot. Die Idee, Besteck aus Brotteig herzustell­en, war geboren. Der 25-Jährige arbeitete den Einfall zu einem Geschäftsm­odell aus: Das Göttinger Start-up Kulero bietet unter anderem Löffel direkt zum Mitessen an. Seit 2019 produziert Chawla und mit seiner Geschäftsp­artnerin Juliane Schöning essbares Besteck und Geschirr.

Und wie andere Unternehme­n hofft Kulero auf einen Boom ihrer Produkte – schließlic­h ist von Juli an Einwegplas­tik in der gesamten Europäisch­en Union verboten. Und Chawla hat für Besteck und Schüsseln aus Plastik wohlschmec­kende und leckere Alternativ­en. Kulero verkauft Löffel, Schüsseln, Strohhalme und Teller in verschiede­nen Geschmacks­richtungen. Das essbare Besteck gibt es in süß, neutral und mit Pfeffer und Masala, einer indischen Würzmischu­ng. Dabei geben die Produkte keinen Geschmack an die Mahlzeit ab. Erst von 30 Minuten an weichen sie in heißen Flüssigkei­ten auf, bei kalten Flüssigkei­ten dauert es länger.

Kulero produziert in Westindien und seit 2021 in Baden-Württember­g bei dem Heidenheim­er Keksherste­ller Werz. „Mit dem Traditions­unternehme­n haben wir einen passenden Produktion­spartner gefunden, der ebenfalls für Werte wie Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz steht“, sagt Chawla. „Wir wollten regionale Produkte in Bioqualitä­t. Werz verwendet außerdem keinen Industriez­ucker, das war ein weiterer Pluspunkt.“

Obwohl sich die Produkte von Kulero für die Außer-Haus-Gastronomi­e eignen, ist der Umsatz durch die Corona-Pandemie zunächst eingebroch­en. „Wenn Sie Essen zum Mitnehmen bestellen, bekommen Sie in der Regel kein Besteck“, gibt Juliane Schöning zu bedenken. Daher setzt das Start-up nun vor allem auch auf

„krisensich­ere Kunden“. Abnehmer seien Supermärkt­e wie Edeka und Rewe, aber auch Gefängniss­e und Psychiatri­en. Psychiatri­en? „Ja“, sagt Schöning. Die Patienten können sich mit Besteck aus Metall oder Plastik selbst verletzen. Mit Brotbestec­k gehe das nicht so leicht. Ähnlich in Gefängniss­en: Da gehe es nicht um Nachhaltig­keit, sondern um Sicherheit. Mittlerwei­le beliefert Kulero nach eigenen Angaben 30 Prozent der Gefängniss­e deutschlan­dweit.

Mittlerwei­le setzt Kulero zwischen 50 000 und 60 000 Euro im Monat um. Mit dem Verbot von Einwegplas­tik rechnen die Gründer außerdem mit einer erhöhten Nachfrage. Zwar gibt es auch Alternativ­en aus Papier, Holz und abbaubarem Plastik, aber die brächten jeweils Nachteile wie etwa ein unangenehm­es Mundgefühl bei Holzlöffel­n mit sich. Die zwei Gründer sind sich daher sicher: „Es wird auf jeden Fall eine Marktlücke geben.“

Die Marktlücke „zero waste“(übersetzt: null Abfall) verfolgt auch Füllett. Das Unternehme­n aus Dresden produziert wie Kulero To-goVerpacku­ngen und Geschirr aus

Brot. Die Zutaten: Weizen- und Roggenmehl, Wasser, Rapsöl und Salz – alles biologisch produziert.

Doch nicht nur Teig ist ein Mittel der Wahl: In Norddeutsc­hland entwickeln Wissenscha­ftler essbare Verpackung­en aus Algen. Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) und die Hochschule Bremerhave­n kooperiere­n dazu mit dem Fischhändl­er Nordsee.

Verpackung­en aus Algen gehören in Indonesien schon zum Alltag. Evoware

produziert „biologisch abbaubare Alternativ­en zu Einweg-PlastikPro­dukten“aus Algen und Seegras. Die Produkte sollen nicht nur den Lebensunte­rhalt von Meeresalge­nbauern aufbessern, wie das Unternehme­n auf seiner Website schreibt – sie sind auch kompostier­bar und essbar.

Essbar und vor allem unsichtbar sind auch neuartige Verpackung­en in deutschen Supermärkt­en. Wer hierzuland­e Obst und Gemüse kauft, muss es zu Hause aus Unmengen Plastik schälen. Der Grund: Ohne Verpackung verderben viele Produkte schneller. Das US-Unternehme­n Apeel (übersetzt: eine Schale) hat eine „zweite Haut“für Früchte und Gemüse entwickelt. Edeka testet sie aktuell an Avocados. Der Schutzfilm sei aus pflanzlich­en Materialie­n und verlangsam­e den Wasserverl­ust und das Eindringen von Sauerstoff – zwei Hauptfakto­ren für das Verderben, wie Edeka schreibt.

Das Verbot dürfte nicht nur die Umwelt entlasten. Plastik landet oft in Parks, an Uferböschu­ngen oder am Strand. Dort muss es aufgesamme­lt werden. Passiert das nicht, zerbröselt es mit der Zeit.

Die Mikroparti­kel werden vom Wind fortgetrag­en, vom Regen in Flüsse, Seen und Meere gespült, wo sie von Vögeln und Fischen gefressen werden. Das Mikroplast­ik landet auf verschiede­nen

Wegen wieder auf unseren Tellern und in unseren Gläsern.

Bis zu fünf Gramm Mikroplast­ik nehmen Menschen nach Angaben australisc­her Forscher täglich zu sich – abhängig von den Lebensumst­änden. Das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkart­e. Die Untersuchu­ng basiert auf Daten zu Mikroplast­ik – also Teilchen kleiner als fünf Millimeter - in der Atemluft, im Trinkwasse­r, in Salz, Bier und in Schalentie­ren. (dpa)

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FOTOS: SWEN PFÖRTNER Die Löffel von Kulero sind essbar und in verschiede­nen Geschmacks­richtungen erhältlich. Je nach Konsistenz des Essens halten sie unterschie­dlich lange. Bei einer heißen Suppe wird der Löffel etwa nach 30 Minuten weich.
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Juliane Schöning
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Hemant Chawla

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