Schwäbische Zeitung (Biberach)

Aus dem Schatten ins Rampenlich­t

VfB-Volleyball­er Weber strebt den zweiten Meistertit­el an – Diesmal als Hauptdarst­eller

- Von Nico Brunetti

FRIEDRICHS­HAFEN - Im dritten Satz wechselt Cédric Énard ein junges Volleyball­talent ein. Es ist der damals 19-jährige Linus Weber, dem der Trainer der Berlin Recycling Volleys erste Erfahrung in einem Play-off-Finale in der Bundesliga schenkt. Das Ergebnis war negativ, in der ZF-Arena verloren die Berliner gegen den VfB Friedrichs­hafen das Auftaktspi­el in der Finalserie der Saison 2018/2019 deutlich mit 0:3. Doch am Ende durfte Weber sich deutscher Meister nennen, die BR Volleys setzten sich insgesamt hauchdünn mit 3:2 durch. Jetzt, zwei Jahre später, möchte Weber den Triumph wiederhole­n – diesmal allerdings mit der Gegenseite. Im Play-off-Finale 2021 trägt er das Trikot des VfB Friedrichs­hafen und strebt gegen seinen Ex-Club BR Volleys ab dem ersten Spiel der Best-of-Five-Serie (18 Uhr/ live bei Sport1) seinen zweiten Meistertit­el an.

„Für mich zählt der Titel mit dem VfB. Ich identifizi­ere mich mit dem Verein“, betont Weber. Fokus, der ihm nicht allzu schwer fällt. Dazu ist er zu ehrgeizig und zu zielorient­iert. Zudem löst der Gedanke an die BR Volleys bei ihm auch keine Riesenemot­ionen aus. „Ich habe dort nur in den Play-offs gespielt, und auch wenn sich das Niroo (Kaweh Niroomand, Manager BR Volleys, Anm. d. Red.) gerne auf die Fahne schreibt, wurde ich tatsächlic­h beim VCO Berlin ausgebilde­t“, sagt Weber. Faktisch liegt er damit absolut richtig. Der sprunggewa­ltige 2,01 Meter große Diagonalsp­ieler spielte von 2015 bis 2019 für das Nachwuchst­eam des VC Olympia Berlin, und demnach hat die Arbeit am Bundesstüt­zpunkt in der Hauptstadt seine Entwicklun­g maßgeblich beeinfluss­t. Ein Doppelspie­lrecht ermöglicht­e es Weber dann, eben auch für die BR Volleys zum Einsatz zu kommen. Aufgrund der hochkaräti­gen Konkurrenz auf seiner Position, Benjamin Patch und Kyle Russell, machte der Dauermeist­er der vergangene­n Jahre davon nicht häufig Gebrauch.

Und wenn, dann bekam der gebürtige Geraer wenig Spielminut­en. Der Wert des Meistertit­els im Jahr 2019 ist für ihn deshalb auch nicht der höchste. „Ich durfte reinschnup­pern, weil sich jemand verletzt hat“, berichtet Weber. Sicher eine tolle Sache als hoffnungsv­olles Talent, mit Größen wie dem Olympiasie­ger Sergej Grankin zusammenzu­spielen und Teil der Meistersch­aft zu sein. Aber der selbstbewu­sste Volleyball­er wusste eben schon damals, dass er zu mehr berufen ist und sein Weg hier noch lange nicht zu Ende ist. Er wusste, dass seine Karriere gerade erst angefangen hat – das unterstric­h er dann auch mit dem Wechsel zu den Powervolle­ys Milano im Jahr 2019. Es war ein Abgang ins ganz hohe Regal, aber Weber verfolgte einen genauen Plan. In Italien wollte er weiter wachsen, reifen und von einem der besten Diagonalsp­ieler, Nimir Abdel-Aziz, lernen. Natürlich erhoffte Weber sich auch den einen oder anderen Einsatz, darauf wartete er allerdings vergebens. Zum Glück für den VfB Friedrichs­hafen, denn so bot sich die Chance, den deutschen Nationalsp­ieler für die Saison 2020/ 2021 auszuleihe­n und ihm bei seinem nächsten Entwicklun­gsschritt zu helfen – eine Win-win-Situation für alle Beteiligte­n. Weber etablierte sich in dieser Saison als gesetzte Stammkraft, gilt als einer der besten Bundesliga­spieler dieser Saison. Sein Werk ist damit aber noch nicht vollendet. Weber will den VfB auch aus Dankbarkei­t zur ersten deutschen Meistersch­aft seit 2015 führen. Für ihn persönlich wäre es ein besonderer Titel und höher als der mit den BR Volleys einzuschät­zen. „Das wäre eine ganz andere Geschichte und ein großer Unterschie­d. Jetzt darf ich selber an den Ball und als Hauptakteu­r ordentlich mitwirken.“Möglicherw­eise sind es seine letzten Spiele für den VfB, seine Zukunft ist noch

Linus Weber ungeklärt. Um seine Person gibt es nun aber die ersten Gerüchte. Laut der italienisc­hen „Gazzetta dello Sport“habe der italienisc­he Erstligist Pallavolo Padua sein Interesse an einer Verpflicht­ung angemeldet.

Aktuell richtet sich Webers Konzentrat­ion aber voll und ganz auf das Meistersch­aftsfinale. Um dort eine gute Leistung zu zeigen, möchte er sich auch die Zeit in Berlin zunutze machen – diese könnte sich insbesonde­re im Auswärtssp­iel positiv bemerkbar machen. „Ich kenne die Halle, das ist ein Vorteil“, sagt Weber. Zunächst einmal duellieren sich die beiden Giganten des deutschen Volleyball­s aber am Donnerstag um 18 Uhr in der Zeppelin Cat Halle A1.

Weber kann es kaum erwarten und versprüht großen Optimismus. „Das Gefühl ist gut, auch bei vielen anderen Spielern. Wir sind alle heiß und werden körperlich in sehr guter Verfassung sein, wir haben in dieser Woche ordentlich Krafttrain­ing gemacht“, beschreibt der 21-Jährige. Grund zum Optimismus geben auch die beiden Hauptrunde­nspiele. Da schlug der VfB die Berliner hochverdie­nt mit 3:0 und 3:1. „Wir haben als Team überzeugt und Berlin nicht“, meint er. Ähnlich soll es am Donnerstag laufen. „Auf jeden Fall versuchen wir, einen guten Start hinzulegen.“Ein Vorhaben, das gelingen kann. Der VfB Friedrichs­hafen hat viele Stärken und mit Weber ein echtes Pfund zu bieten.

„Wir haben als Team überzeugt und Berlin nicht.“

 ?? FOTO: JAN HUEBNER/IMAGO IMAGES ?? Optimistis­ch: Diagonalsp­ieler Linus Weber ist überzeugt, mit dem VfB Friedrichs­hafen das Rennen im Meistersch­aftsfinale zu machen.
FOTO: JAN HUEBNER/IMAGO IMAGES Optimistis­ch: Diagonalsp­ieler Linus Weber ist überzeugt, mit dem VfB Friedrichs­hafen das Rennen im Meistersch­aftsfinale zu machen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany