Schwäbische Zeitung (Biberach)
Enttäuscht von der „Notrufsäule“
Petition gegen Bauvorhaben abgelehnt – Petent übt grundsätzliche Kritik am Petitionsausschuss
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OCHSENHAUSEN - Auf einem Areal zwischen dem Burghaldenweg und der Straße Auf der Steige in Ochsenhausen sollen drei Mehr- und zwei Einfamilienhäuser gebaut werden (SZ berichtete). Der dafür notwendige Bebauungsplan „Burghaldenweg“war im Vorfeld wegen Bedenken von Anwohnern umstritten, wurde vom Gemeinderat jedoch vor einem halben Jahr als Satzung beschlossen. Bereits Monate zuvor war in dieser Angelegenheit eine Petition beim Landtag eingereicht worden. Ohne Erfolg.
Verantwortlich für die Petition ist Roland Limbeck, ein Anwohner. Er rügte in seiner Petition unter anderem, dass es im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung zu einer Vielzahl von Rechtsverstößen seitens der Stadt gekommen sei. Die Bebauung füge sich nicht in die Umgebung ein, die Verkehrsführung und das Verkehrsaufkommen seien problematisch und es sei zu Rechtsverletzungen „von verantwortlichen Mitarbeitern des Stadtbauamts“gekommen. Außerdem gebe es Verflechtungen ins Landratsamt hinein. Seine elfseitige Petition vom Juni vergangenen Jahres fasste Limbeck unter anderem mit dem Satz zusammen: „Die Summe aller Vorgänge in unserem Fall, gepaart mit einem tiefverwurzelten Glauben in die Demokratie unseres Landes, hat mich nun bewogen, den Petitionsausschuss im Landtag Baden-Württemberg zu kontaktieren.“
Eine Aussage, die Limbeck ein Dreivierteljahr später so nicht mehr treffen würde. Aus zwei Gründen. Da wäre zum einen die Bürgersprechstunde
des Petitionsausschusses, in der Petenten ihre Anliegen im Landtag vorbringen können. Limbeck tat dies im September. Heute spricht er von einer „abschreckenden Erfahrung“. Er sei damals von den Ausschussmitgliedern Petra Krebs und Ute Leidig (beide Grüne) „massiv ins Kreuzverhör genommen“worden. Sein Eindruck: „Ich musste meine Petition regelrecht verteidigen.“
Ebenfalls nicht in guter Erinnerung hat Limbeck den Vor-Ort-Termin im November vergangenen Jahres, als eine Kommission des Petitionsausschusses nach Ochsenhausen gekommen war. Er spricht von einem „Spektakel“, das Stadtverwaltung, Landratsamt und Landtag veranstaltet hätten – zusammen mit dem Bauträger, der zwischenzeitlich ebenfalls eine Petition eingereicht hatte. „Es ist absurd, dass das Instrument der Petition von einem Unternehmen missbraucht wird“, zeigt sich Limbeck nach wie vor irritiert. Genauso davon, dass der Bauträger einen Rechtsanwalt beauftragt habe, der auch für die Stadt Ochsenhausen tätig sei. Bei dem Termin habe sich jedenfalls die „geballte Macht der Verwaltung“gegen ihn als Petenten gestellt. „Ein Schau-Prozess im Mittelalter wäre dagegen eine lahme Veranstaltung gewesen“, sagt Limbeck. Insofern habe ihn das Ergebnis seiner Petition nicht überrascht – ihr konnte nicht abgeholfen werden.
Seit ein paar Wochen liegt der Bericht (Drucksache 16/9951) des in diesem Fall zuständigen Ehinger Landtagsabgeordneten Daniel Rottmann (AfD) vor. Zu dem Aspekt, dass sich die Bebauung nicht in die Umgebung einfüge, wird darauf verwiesen, dass dieses Kriterium nach Paragraf 34
Baugesetzbuch keine Anwendung finde: „Ein Verstoß gegen diese Festsetzungen ist bei dem projektbezogenen Bebauungsplan nicht zu erwarten.“Es lägen auch keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor.
Bei den von Roland Limbeck kritisierten Themen Verkehrsführung und Verkehrsaufkommen ist der Petitionsausschuss der Auffassung, dass die vorhandene beziehungsweise vorgesehene Fahrbahnbreite der beiden Erschließungsstraßen für den zu erwartenden Verkehr ausreichend ist. Bauplanungsrechtlich sei die Erschließung nicht zu beanstanden.
Und zu dem Vorwurf der Rechtsverletzungen schreibt Daniel Rottmann, die Stadt habe mitgeteilt, dass die erhobenen Vorwürfe „jeglicher Grundlage entbehren“. Das Landratsamt verwahre sich ebenfalls gegen die Anschuldigungen, dass es „Machenschaft irgendwelcher Art“dulde. „Anhaltspunkte, dass es im Zusammenhang mit dem Bebauungsplanverfahren zu Rechtsverletzungen durch Mitarbeiter der Stadt kam, sind ebenfalls nicht ersichtlich.“
Im Ergebnis wird festgehalten, dass keine Möglichkeit gesehen werde, der Petition abzuhelfen. Die Stadt Ochsenhausen erklärt in einer Stellungnahme, dass für sie dadurch die Vorgehensweise der Verwaltung und die Rechtmäßigkeit des Verfahrens bestätigt werde. „Wir sind froh, dass das Verfahren noch in der alten Legislaturperiode abgeschlossen werden konnte.“Auch hoffe die Verwaltung, dass der Petent die Entscheidung akzeptieren könne.
Genau dies tut Roland Limbeck. „Ich werde nichts mehr unternehmen, es ist völlig sinnlos.“Er sei nicht nur enttäuscht, er würde jedem anderen abraten, eine Petition einzureichen. Auf der Homepage des Landtags werde der Petitionsausschuss als „Notrufsäule“für den Bürger bezeichnet. Limbeck kritisiert, dass er lediglich den „Notruf-Knopf “habe drücken wollen. Sein Fall sei von einem Abgeordneten in der Plenarsitzung Anfang Dezember 2020 aufgegriffen worden. Dabei sei die „ungeheuerliche Vorgehensweise“gegen ihn bestätigt worden, so Limbeck.
Der Weg von dieser Notrufsäule zum öffentlichen Pranger könne für den Petenten sehr kurz, aber dafür umso schmerzhafter sein. Hier bezieht sich Limbeck auf eine E-Mail der Stadtverwaltung kurz nach Eingang seiner Petition. In dieser sei er persönlich angegriffen, beleidigt und teilweise gar bedroht worden. Im Bericht des Petitionsausschusses heißt es dazu, dass die Stadt mit diesem Sachverhalt konfrontiert worden sei. „Der Bürgermeister hat mitgeteilt, dass weder er noch der Stadtbaumeister von der E-Mail des Mitarbeiters Kenntnis hatten.“Sie hätten sich von der Nachricht distanziert. Auch beim Vor-Ort-Termin habe sich der Bürgermeister nochmals beim Petenten entschuldigt. Was für Limbeck nichts am Gesamteindruck ändert: „Eine Mit-Mach-Demokratie sieht für mich jedenfalls gänzlich anders aus.“
Die „Gegenpetition“, so wird sie vom Petitionsausschuss im dazugehörenden Bericht genannt, wurde „im Hinblick auf das laufende Baugenehmigungsverfahren, in dem über die Genehmigungsfähigkeit entschieden wird, und aufgrund der Ablehnung der Petition, die sich gegen die Planung des Wohnbauprojekts richtet, für erledigt erklärt“.